Tatort Ostsee. Harald Jacobsen
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Sophie nickte. »Aber wenn die DNA identisch ist, dann könnte man die Person zu einem Speicheltest schicken. Ich bin dir dankbar.« Sophie steckte ihm die Tüte zu.
»Ich werde mich heute Abend nach Feierabend an die Sache machen.«
»Heute Abend?« Sophie sprang entsetzt auf. »Lutz, ich brauch die Zahnbürste aber sofort wieder. Ich muss sie zurückbringen.«
Lutz stöhnte. »Eins sage ich dir, wenn du mir nicht so einen guten Tipp gegeben hättest, könntest du mich mal mit deinen Sonderwünschen.«
»Tipp?« Sophie wurde hellhörig.
Lutz schüttelte den Kopf. »Ich muss wieder los. Warte hier. Ich brauche mindestens eine Stunde.«
Sophie ließ sich wieder auf den Stuhl fallen. Also hatte sie mit ihrer Idee richtig gelegen. Scheuermilch! Die beiden Frauen waren in einer gründlich geschrubbten, aber nachlässig ausgespülten Wanne ertrunken.
31
Stefan hatte sich in sein Büro zurückgezogen. Die Pressekonferenz war ein Albtraum gewesen. Diese Horde von sensationsgeilen Karrieremenschen kotzte ihn an. In seinen Augen hatte ihre Arbeit wenig mit Journalismus zu tun. Sie wollten doch alle nur möglichst viel erfahren, um eine grauenhafte und Angst einflößende Story daraus zu machen. Für diese Meute waren Pressekonferenzen doch nichts anders als ein Brainstorming. Stefan löste seine Krawatte und starrte das Telefon an. Wieso klingelte es nicht? Warum konnten die Kollegen diesen Oliver Konrad nicht finden? Stefan stand auf und trat ans Fenster. Dieser Bursche schien tatsächlich niemanden in seine Pläne eingeweiht zu haben. Und wenn sie doch den Falschen jagten? Endlich klingelte sein Handy. Stefan riss es hektisch aus der Brusttasche. »Habt ihr ihn?«, rief er aufgeregt.
»Was? Wen? Ich bins, Sophie.«
»Was willst du? Die Pressekonferenz ist vorbei!«
»Pressekonferenz?«, fragte sie unschuldig. »Jetzt komm mal wieder runter. Ich wollte nur wissen, ob du heute Mittag zu Hause bist? Ich besorge Sushi und wenn du auch kommst, bringe ich natürlich entsprechend mehr mit.«
»Was soll der Scheiß?«
»Bitte?«
Sophies naives Getue ging ihm gehörig auf die Nerven. Für wie blöd hielt sie ihn eigentlich? »Was willst du wirklich? Du kannst dir doch denken, dass ich nicht die Zeit habe, für ein paar zickige Häppchen rohen Fisch meine Arbeit zu unterbrechen.« Stefan hörte Sophie schlucken.
»Ihr sucht Olli. Warum?«, fragte sie plötzlich ganz sachlich.
»Warum? Wie kommst du eigentlich auf die Idee?«, fragte Stefan überrascht. Dann fiel es ihm wieder ein. »Ach ja! Hatte schon ganz vergessen, dass du mit seinem Kollegen zum Essen warst. Du gehst ganz schön weit, um deine Neugier zu befriedigen. Oder wolltest du nicht nur die befriedigen?«
»Du bist geschmacklos.«
Das war er tatsächlich. Stefan schloss die Augen und schaltete einen Gang zurück. »Tut mir leid, aber du glaubst doch nicht wirklich, dass ich dir was über laufende Ermittlungen verrate? Du spinnst doch!«
»Kannst du mir nicht wenigstens sagen, ob Olli ein wichtiger Zeuge ist oder ob ihr ihn tatsächlich verdächtigt?«
»Ich leg jetzt auf!«
»Stefan! Warte! Ben und ich, wir verstehen uns ganz gut. Ich bin mir sicher, dass er sich mehr Mühe gibt, sich an Ollis Bekanntenkreis oder Ähnliches zu erinnern, wenn ich ihn drum bitte statt der Polizei.«
Stefan fragte sich, ob er sie richtig verstanden hatte. Schlug Sophie ihm ein Geschäft vor? Sie würde diesen Ben aushorchen, wenn er ihr verriet, was Ollis Problem war?
»Wenn du was weißt und es mir nicht sagst, steck ich dich in den Knast.«
»Bis jetzt weiß ich ja gar nichts. Aber ich könnte mich natürlich bemühen, etwas herauszufinden.«
Stefan zündete sich eine Zigarette an. »Ich kann dir nichts sagen! Und das weißt du auch.« Ach, zum Teufel! Stefan klopfte die Asche ab. »Gut! Stell dir einfach vor, jemand hatte ein Verhältnis mit einem Mordopfer und erwähnt das in seiner Aussage mit keinem Wort.«
»Sondern taucht ab.« Sophie schnalzte mit der Zunge. »Ich verstehe. So rein theoretisch wäre das nicht sehr clever, wenn derjenige nichts mit dem Tod seiner Freundin zu tun hätte. Aber es beweist auch nichts.«
»So, und nun ist die Plauderstunde beendet.«
Stefan ließ den Hörer auf die Gabel krachen und fluchte. Hatte er zu viel gesagt? Wahrscheinlich hatte Sophie sich die Zusammenhänge schon gedacht. Herumschnüffeln würde sie sowieso. Er konnte nur hoffen, dass sie wirklich zuerst mit ihm reden würde, falls sie von diesem Ben etwas erfahren sollte, und nicht auf die Idee kam, selbst nach Olli zu suchen.
Ben stand in der Bucht und gab einem Touristen aus Bremen Einzelunterricht. Der Typ machte sich wirklich gut. In kürzester Zeit hatte er den Bogen raus und den Kite vollkommen unter Kontrolle.
»Nicht schlecht!«, lobte Ben.
»Ich war vor zwei Jahren schon mal ziemlich weit, aber dann musste ich pausieren«, erklärte sein Schüler. »Bandscheibenvorfall.«
Ben verzog das Gesicht. »Aua! Was ist? Soll ich ein Board holen?«
»Wenn du meinst! Ich würde es schon gerne versuchen.«
Ben stiefelte an Land. Seine Gedanken drehten sich schon den ganzen Morgen nur um Sophie. Nicht mal den Namen seines Schülers hatte er sich merken können. Er musste Sophie unbedingt heute noch sehen. Er wollte wissen, woran er bei ihr war. Ob sie die Nacht bereute? Statt zum Schuppen zu gehen und das Brett zu holen, steuerte er die Hütte an und wühlte sein Handy aus der Tasche. Gut, dass sie am Morgen noch daran gedacht hatten ihre Nummern auszutauschen. Es klingelte gerade einmal. Dann hörte er ihre Stimme.
»Willst du mir plötzlich doch noch was sagen?«
Sie klang schrecklich sachlich. Ben lief es kalt den Rücken runter. »Was?«
»Ben? Sorry, ich dachte, es wäre jemand anderes«, erklärte Sophie freundlicher.
»Was ist denn los?«
»Hör mal, nur weil wir die Nacht zusammen verbracht haben, musst du nicht alles wissen.«
Ben schnappte nach Luft.
»Entschuldige! Du bist gerade der Dumme, der meinen ganzen Frust zu spüren kriegt.«
Ben wurde ruhiger. Es war alles in Ordnung. »Ist schon gut«, erklärte er erleichtert. »Ich wollte dich auch nicht stören, sondern eigentlich nur zum Abendessen einladen.«
»Sehr gern. Wann und wo dinieren wir?«
»Um halb acht auf der Terrasse vor meinem Anwesen.« Ihr wunderbares Lachen schallte durch den Hörer direkt in sein Ohr.
»Ich komme sehr gern! Sag mal, hast du überlegt, wo Olli stecken könnte?«
»Jein.