Fremdsprachendidaktik als Wissenschaft und Ausbildungsdisziplin. Группа авторов

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Fremdsprachendidaktik als Wissenschaft und Ausbildungsdisziplin - Группа авторов Giessener Beiträge zur Fremdsprachendidaktik

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Handlungsziel haben. Die jeweilige Grammatikstruktur ist im schmalen Rahmen des Einzelsatzes angesiedelt, der weder in Textstrukturen eingebunden noch situativ oder kontextuell verankert ist.

      Metasprachliche Anweisungen / Sprachmanipulatives Handeln

      Die Mehrzahl der Grammatikübungen besteht aus einer unterschiedlich großen Anzahl an zu bildenden oder umzuformenden Sätzen und einer vorgeschalteten, oft metasprachlichen Formulierung, die den Arbeitsauftrag mit einem Operator im Imperativ festlegt («Mettez à la forme négative et à la forme interrogative.», ebd.).

      Fast immer wird durch die blau unterlegte Überschrift der Übung expliziert, um welches Grammatikphänomen es sich handelt. Nur selten wird durch die Überschrift ein Thema oder eine Situation evoziert. Unter allen Grammatikübungen verweisen nur vier Übungen auf einen Handlungsrahmen. Zwar steht auch in diesen Übungen die Grammatik im Zentrum (Imperativ; betontes Personalpronomen; Uhrzeit und Verbkonjugation; Zeitenbildung), doch wird sie in eine weitgehend kohärente Textstruktur eingebettet vermittelt. «La journée de Marcel» formuliert die zeitliche Abfolge dessen, was die fiktive Lehrbuchperson angeblich tut.

      Traditionnelles Lernkonzept / Kognitivierung und Habitualisierung

      In Etudes Françaises sind der Erwerb grammatikalischen (Einstiegs-)Wissens und die Einübungsphase weitgehend voneinander getrennt. In den Übungen wird konsequent auf die korrespondierende Stelle im grammatischen Beiheft verwiesen. Dort werden, gerafft gesagt, die einzelnen Grammatikphänomene dargestellt und metasprachlich mit Fachterminologie erklärt. Der gewählte Ansatz ist kognitiv, was zum damaligen Zeitpunkt üblich war.

      Dass Etudes Françaises, ein im Geist der 1960er Jahre konzipiertes Lehrwerk, den damals herrschenden fachdidaktischen Einflüssen unterlag, lässt sich an Übungstypen wie « Série» (ebd., u. a. S. 83, 84, …) und Pattern-Übungen («Faire des phrases/Nous faisons des phrases»; ebd., S. 30, 33, …) ableiten. Unter den 146 Grammatikübungen kommen diese beiden Typen nur 12-mal vor. Sie sind jedoch ein Beleg dafür, dass einem an behavioristischen Vorstellungen orientierten Lernbegriff und somit habitualisierenden Üben zumindest eine Teilwirkung zugesprochen wird. Solche Übungen zielten auf einen hohen Output sprachlicher Strukturen ab. Dies konnten Drillübungen im Einzelsatz sein (z. B. ebd., S. 96) oder Satzbautafeln zum ‹Einschleifen› basaler Strukturen.

      Der Erwerb grammatischen Wissens war, so sei festgestellt, ein Mix aus Herangehensweisen, der die Schüler/innen in die Lage versetzen sollte, einzelne Grammatikbausteine aneinanderzureihen, und weniger, sie anwenden zu können.

      Inwieweit die systematischen Beziehungen zwischen Form, Bedeutung und Anwendung wie sie Nunan (1998, S. 102) für den Aufbau sprachstrukturellen Wissens und Könnens formuliert in den Lehrwerken ab den 1980er Jahren umgesetzt wurden, sei im folgenden Abschnitt thematisiert. Der Übersichtlichkeit halber wird eine Einteilung vorgeschlagen, bei der für die 1980er bis 2000er Jahre von (neo-)kommunikativer Ära und ab der 2010er Generation von Phase der Aufgabenorientierung gesprochen werden soll.

      3.2 In Lehrwerken der (neo-)kommunikativen Phase

      Die zentralen Impulse für die Ausformung des (neo-)kommunikativen Ansatzes (siehe Reinfried, 2001; Schumann, 2017; Legutke, 32019) waren die Anleihen an den Erkenntnissen der Sprechakttheorie wie auch der emanzipatorisch ausgerichteten Theorie des kommunikativen Handelns von Habermas (1971). Auf der konkreten Ebene des Lehrwerks sollte sich diese in der Vermittlung eines möglichst umfassenden Repertoires an in Redemitteln sich konkretisierenden Sprechakten widerspiegeln. Inwieweit dieses zentrale Merkmal des kommunikativen Ansatzes in den Lehrwerksgenerationen dieses Zeitraums, in Echanges, stellvertretend für die 1980er Jahre, in Découvertes, stellvertretend für die 1990er Jahre und im Découvertes der 2000er Jahre, seinen Niederschlag in Form von kondensierter Grammatik gefunden hat, soll nachfolgend skizziert werden.

      Folgende Merkmale lassen sich aus der Analyse dieser Lehrwerke ableiten:

      Dialogische Einbettung grammatikalischer Phänomene

      Auffällig ist, dass im ersten ‹kommunikativen› Lehrwerk die Grammatik überwiegend in einen dialogischen Handlungsrahmen eingebettet ist. Dies scheint ein Indiz dafür zu sein, dass mit kommunikativer Kompetenz implizit das Sprechen verbunden wurde. In der Regel orientieren sich die Übungen thematisch an den Lektionsinhalten. Der Erwerb struktursprachlicher Kompetenz bzw. grammatikalischer Grundmuster erfolgt meist im Rahmen von Kurzdialogen, deren Basisstruktur identisch bleibt. Die Variation erfolgt a) durch den Austausch von Lexik und b) durch Perspektivwechsel, so dass eine hohe Übungsfrequenz erreicht und mehrere Facetten des Grammatikphänomens geübt werden können. So ist etwa die Übung «Tu as quel âge?» (Grunwald et al., 1981, S. 23) einerseits auf die Übernahme einer fiktiven Rolle ausgerichtet, bei der die Ich/Du-Perspektive im Vordergrund steht und die 1. und 2. Pers. Singular des Verbs avoir geübt wird. Im zweiten Schritt wird die 3. Pers. Singular fokussiert und der Blick auf beschreibendes Sprechen gelegt. Abschließend erfolgt die Übertragung des Gelernten auf das Umfeld der Lernenden (3. Pers. Plural; im Sinne von: «[Mes parents], ils ont 40 et 42 ans»).

      (Ansatzweise) Funktionalisierung von Grammatik

      Ein weiteres Merkmal, an dem sich der Paradigmenwechsel zum kommunikativen Unterricht abzeichnet, ist die Tendenz, Grammatik aus dem Blickwinkel von Sprechabsichten zu sehen und die Funktion von Grammatik, weniger aber deren Form zu fokussieren.

      In Echanges (Grunwald et al., 1981; Göller et al., 1985) war zwar von Sprechabsichten im Inhaltsverzeichnis bereits die Rede, im Übungsteil der Französischbücher waren sie aber nur indirekt in den Übungsdialogen, nicht aber konkret in Form von Redemitteln präsent. Redemittel werden im Übungsteil erst ab den 1990er und 2000er Jahren zum Lerngegenstand. In diesen Lehrwerken wird der Aufbau von Redemitteln und damit einer lexiko-funktional verankerten Grammatik aktiv durch Übungen unterstützt («On dit», z. B. Beutter et al., 1994, 1995; Bruckmayer et al., 2004). Dieser Ansatz wird allerdings nicht konsequent durchdekliniert. Redemittel sind in den Lehrwerken der 1990er und 2000er Jahre auf der Satzebene angesiedelte lexiko-grammatische Einheiten, die als Gesamtheit vermittelt werden, ohne dass die enthaltene Grammatikstruktur im Rahmen des Übungsprozesses über einen reflektierenden Zugang erschlossen und somit verallgemeinerbar wird. Es werden beispielsweise bei der Redeabsicht «Demander son chemin/Expliquer le chemin » (Beutter et al., 1994, S. 64) die Ordinalzahlen nur als lexikalisches und nicht als grammatikalisches Phänomen thematisiert.

      Ein zentrales, theoretisches Anliegen des kommunikativen Ansatzes war die – idealisierte – Vorstellung eines/einer kommunikativ souveränen, emanzipierten Sprechers/Sprecherin. Diese Facette des Ansatzes findet sich in der Konzeption der in den 1990er und 2000er Jahren entstandenen Lehrwerke nicht wieder. Soziolinguistische und situativ-pragmatische Informationen werden nicht zum Lerngegenstand, so dass anwendungsbezogenes Zusatzwissen über den Kontextwert der Redemittel den Schüler/innen in den untersuchten Lehrwerken vorenthalten bleibt. «A Paris » und « J’habite à Paris » als mögliche Antworten auf die Frage danach, wo jemand wohnt, stehen unkommentiert, quasi auswechselbar, in einer Übung nebeneinander (vgl. Beutter et al., 1994, S. 24). Potentiell vorhandene, diaphasische Unterschiede innerhalb von Redemittellisten, obwohl ein wichtiger Aspekt von sprachlicher Bildung im Sinne der Habermas’schen Kommunikativen Kompetenz, werden ausgeblendet (z. B. Beutter et al., 1995, S. 31).

      Eine eins-zu-eins Zuordnung von Redeabsicht und einem spezifischen grammatikalischen Phänomen wird es selten geben. Es lassen sich jedoch situationsspezifische Grammatik-Redemittel-Verbindungen finden, wenn die Passung zum Kontext gegeben ist.

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