Beweisantragsrecht. Winfried Hassemer

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Beweisantragsrecht - Winfried Hassemer Praxis der Strafverteidigung

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regelmäßig eine Einschränkung dieses Rechts gefordert wird. Einen gewissen Erfolg haben diese Bestrebungen mit der Neuregelung des § 244 Abs. 6 S. 2 bis 4 StPO erlangt, der in der Neuauflage selbstverständlich gebührend behandelt wird. Ungeachtet dessen ist der Leitgedanke des Beweisantragsrechts, der erstmals durch die Rechtsprechung des Reichsgerichts dogmatisch etabliert wurde, bis heute unverändert geblieben. Das sogenannte Verbot der Beweisantizipation ermöglicht es dem Beschuldigten bzw. seinem Verteidiger, Beweiserhebungen unabhängig von vorweggenommenen Beweiswertungen des Gerichtes zu erzwingen. Dieses Recht ist von unschätzbarer Bedeutung. Es trägt zur Verwirklichung der Subjektstellung des Beschuldigten bei, weil es ihn dazu befähigt, selbstständig auf die Beweiserhebung zu seinen Gunsten Einfluss zu nehmen.

      Es gehört zu den großen Verdiensten des vorliegenden Buches, dass es gleichermaßen die grundsätzliche als auch die praktische Bedeutung des Beweisantragsrechts in all seinen Verästelungen verdeutlicht und dem Leser damit eine souveräne Beherrschung dieses prozessualen Instruments vermittelt. Das Beweisantragsrecht ist, wie gesagt, ein starkes, aber auch ein kompliziertes prozessuales Recht. Seine erfolgreiche Anwendung erfordert schon in formaler Hinsicht eine präzise Kenntnis der hierzu ergangenen Rechtsprechung. Aber auch in materieller Hinsicht ist eine genaue Kenntnis der Rechtsprechung zu den gesetzlichen Ablehnungsgründen erforderlich. Der vorliegende Band lässt insoweit nichts zu wünschen übrig.

      Den Autoren Rechtsanwalt Jürgen Pauly und Rechtsanwalt Professor Dr. Rainer Hamm sei herzlich dafür gedankt, dass die das von Letzterem und dem seit der letzten Auflage leider verstorbenen Hochschullehrer und Bundesverfassungsrichter Professor Dr. Dr. h.c. mult. Winfried Hassemer begründete Werk fortgeführt und auf den neuesten Stand gebracht haben. Jeder Rechtsanwender und jede Rechtsanwenderin wird aus der Lektüre und dem rechten Gebrauch dieses Buchs großen Gewinn ziehen und zur Verwirklichung des Rechtsstaats beitragen.

      Im Februar 2019

      Passau

       Werner Beulke

      Berlin

       Alexander Ignor

      Vorwort der Autoren

      Seit dem Erscheinen der erfreulich gut aufgenommenen 2. Auflage vor 12 Jahren hat sich vieles verändert. Der Tod unseres geschätzten Mitautors Winfried Hassemer am 9.1.2014 hat uns auch für die Neuauflage dieses Werkes hart getroffen. Insbesondere der erste Teil mit den theoretischen Grundlagen des Beweisantragsrechts trägt unverkennbar seine Handschrift, sodass wir uns hier nur zu sehr behutsamen Änderungen entschließen konnten. Das wurde auch dadurch erleichtert, dass gerade diese Ausführungen als zeitlos und gegenüber jeglichen „Modernisierungen“ des Strafverfahrensrechts immun gelten können. Gewünscht hätten wir uns, dass sich sowohl die Gesetzgebung als auch die Rechtsprechung mehr an eben diesen fundamentalen Erkenntnissen und Prinzipien der Erkenntnistheorie, der Hermeneutik und des dialogischen Charakters der Wahrheitsfindung orientieren. Stattdessen mussten wir weitere Entformalisierungen des Beweisantragsrechts verarbeiten. Das gilt sowohl für die im Zuge des allgemeinen Bedeutungsverlusts verfahrensrechtlicher Garantien von der Rechtsprechung vollzogene Aufweichung des abschließenden Katalogs der Zurückweisungsgründe für Beweisanträge (z.B. bei der Verschleppungsabsicht) als auch für die neuesten Eingriffe des Gesetzgebers (insbesondere die Änderung in § 244 Abs. 6 StPO).

      In einem auffälligen Kontrast dazu steht die stetig wachsende Zahl von literarischen Darstellungen des Beweisantragsrechts in neuen StPO-Kommentaren und Monographien. Sie vollständig zu berücksichtigen, ist kaum mehr möglich. Nicht zu übersehen sind daneben auch die Folgen der fortschreitenden Digitalisierung. Sie zeigen sich praktisch u.a. in den neuen Vorschriften über die elektronische Akte, daneben aber auch in vielfältigen kleinen Veränderungen der Abläufe eines Strafverfahrens, die längst noch nicht alle prozessrechtlich eingeordnet sind. Eine Konsequenz dieser Entwicklung ist dabei, dass die Texte gerichtlicher Entscheidungen inzwischen wesentlich leichter verfügbar sind als bei Erscheinen der 1. und der 2. Auflage dieses Buches. Über Internet und Datenbanken kann die vollständige Fassung aktueller Urteile und Beschlüsse innerhalb kürzester Zeit abgerufen werden. Um den raschen Zugriff (auch) auf diese Quellen zu erleichtern, haben wir in den Fußnoten die Zitierweise bei Entscheidungen ab dem Jahr 2000 angepasst (Angabe des Entscheidungsdatums und des Aktenzeichens).

      In der Neuauflage sind Literatur und Rechtsprechung bis zum November 2018 berücksichtigt. Bei der gesamten Überarbeitung des Werkes haben wir uns von dem Ziel leiten lassen, gerade die Entwicklungen darzustellen, die für die anwaltliche Tätigkeit in den verschiedenen Stadien eines Strafverfahrens von Bedeutung sind. Schon weil durch das Buch auch Wissen aus der Praxis weitergegeben werden soll, sind wir an einem fachlichen Austausch mit Kolleginnen und Kollegen immer interessiert. Kritik und Anregungen sind willkommen (E-Mail-Adresse: [email protected]).

      Frankfurt im Dezember 2018

       Rainer Hamm

       Jürgen Pauly

      Inhaltsverzeichnis

       I. Das Beweisantragsrecht – ein Fremdkörper im Strafverfahren?

       II. Die Etablierung des Beweisantragsrechts in der Geschichte der StPO

       III. Die Unverzichtbarkeit des Beweisantragsrechts

      Teil 1 Theoretische Grundlagen › I. Das Beweisantragsrecht – ein Fremdkörper im Strafverfahren?

      1

      Das Recht, Beweisanträge zu stellen (§ 244 Abs. 3–6, § 245 Abs. 2 StPO), scheint ein Fremdkörper in der Verfahrenskonstruktion der Strafprozessordnung zu sein: Es bringt ein Verhandlungselement in ein Verfahren, das eigentlich auf dem Grundsatz der Inquisition aufgebaut ist. Das Beweisantragsrecht ist ein prominenter Beleg dafür, dass wir ein gemischtes Strafverfahren haben.

      § 244 Abs. 2 StPO, der die Pflicht zur Amtsaufklärung formuliert, steht in einem seltsamen Gegensatz zu den weiteren Absätzen dieser Norm. Wenn das Gericht wirklich, wie das Gesetz es befiehlt, die Beweisaufnahme „auf alle Tatsachen und Beweismittel“ erstreckt, „die für die Entscheidung von Bedeutung sind“, so scheint eine Erweiterung der Beweisaufnahme über diesen Rahmen hinaus sinnlos zu sein. § 244 Abs. 2 StPO umfasst schon nach seinem Wortlaut schlechthin alle nur denkbaren Gegenstände und Beweismittel, die als Grundlage eines Strafurteils in Betracht kommen können.

      2

      Diese Vorschriften führen jenes Verhandlungselement in das Verfahren ein, welches in die Konstruktion eines Strafprozesses wie des unsrigen nicht gut zu passen scheint.

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