Besteuerung von Unternehmen II. Wolfram Scheffler

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      Bei Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften wird eine Saldogröße passiviert. Der Anspruch und die Verpflichtung selbst gehen – wie generell bei schwebenden Geschäften – nicht in die Bilanz ein. Lediglich der Verpflichtungsüberhang wird als Rückstellung für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften auf der Passivseite bilanziert. In dieser Vorgehensweise wird kein Verstoß gegen das Saldierungsverbot (§ 246 Abs. 2 S. 1 HGB) gesehen, da sich das Saldierungsverbot nur auf Erträge und Aufwendungen bezieht, die nach den Periodisierungsgrundsätzen (bereits) zu erfassen sind.

      Beispiel für ein Beschaffungsgeschäft:

      Die AB-OHG erwirbt bei einem Großhändler Rohstoffe. In dem am 10.12.01 abgeschlossenen Kaufvertrag wird mit dem Lieferanten ein Kaufpreis von 200 000 € und als Liefertermin der 15.1.02 vereinbart. Am Abschlussstichtag (31.12.01) könnten die gleichen Rohstoffe zu 190 000 € eingekauft werden.

      Der Wertverlust ist erst im Zeitpunkt der Auslieferung am Markt bestätigt, dh am 15.1.02. Die Vermögensminderung ist allerdings bereits im abgelaufenen Wirtschaftsjahr entstanden. Die AB-OHG hat bei Lieferung 200 000 € zu bezahlen, obwohl am Abschlussstichtag erkennbar ist, dass die eingekauften Rohstoffe nur einen Wert von 190 000 € haben. Die eigene Leistung übersteigt die zu erwartende Gegenleistung um 10 000 €. Der drohende Verlust aus dem schwebenden Beschaffungsgeschäft ist durch Passivierung einer Rückstellung bereits im Jahr 01 gewinnmindernd zu erfassen. Der Eingang der Rohstoffe wirkt sich auf den Gewinn des Jahres 02 nicht aus.

10.12.01: keine Buchung (Grundsatz des Nichtausweises schwebender Geschäfte)
31.12.01: Aufwand 10 000 € an Rückstellung 10 000 €

      Aufwandsantizipation nach dem Imparitätsprinzip dem Grunde nach (Verpflichtungsüberhang) im Jahr des Vertragsabschlusses

15.1.02: Rohstoffe 190 000 €
Rückstellung 10 000 € an Bank 200 000 €

      Da der Wertverlust bereits im Vorjahr durch die Bildung einer Rückstellung für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften erfasst wurde, ist der Vorgang im Jahr der Erfüllung des Vertrags erfolgsneutral.

      Beispiel für ein Absatzgeschäft:

      Der Wert der eigenen Leistung (= Aufwendungen zur Herstellung der Wohnung von 320 000 €) liegt voraussichtlich um 20 000 € über der Gegenleistung des Kunden (= Festpreis von 300 000 €). Diese Unterdeckung gilt nach dem Imparitätsprinzip dem Grunde nach als Aufwand des Jahres 01, der zur Passivierung einer Rückstellung für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften und damit zu einer entsprechenden Gewinnminderung führt. Fasst man alle Buchungen zusammen, ändert sich im Jahr 02 der Erfolg der Bau-KG nicht. Den Aufwendungen für die Erstellung des Gebäudes von 320 000 € stehen Erträge in gleicher Höhe gegenüber: Umsatzerlöse von 300 000 € sowie Ertrag aus der Auflösung der Rückstellung für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften von 20 000 €.

12.12.01: keine Buchung (Grundsatz des Nichtausweises schwebender Geschäfte)
31.12.01: Aufwand 20 000 € an Rückstellung 20 000 €

      Aufwandsantizipation nach dem Imparitätsprinzip dem Grunde nach (Verpflichtungsüberhang) im Jahr des Vertragsabschlusses

Januar bis Juni 02 (Bauphase):
diverse Aufwendungen an diverse Bestände
(Material, Löhne, …) 320 000 € (Bank, Rohstoffe, …) 320 000 €
Fertigerzeugnisse 320 000 € an Bestandserhöhungen
(Ertragskonto) 320 000 €

30.6.02 (Fertigstellung und Übergabe):
Forderungen aus Lieferungen und Leistungen 300 000 € an Umsatzerlöse 300 000 €
Bestandsminderungen
(Aufwandskonto) 320 000 € an Fertigerzeugnisse 320 000 €
Rückstellung 20 000 € an sonstiger betrieblicher Ertrag 20 000 €

      Da der Wertverlust durch die Bildung einer Rückstellung für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften bereits im Vorjahr erfasst wurde, ist der Vorgang im Jahr der Erfüllung des Vertrags erfolgsneutral.

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      Die aus schwebenden Geschäften drohenden Verluste müssen in der Handelsbilanz durch die Bildung einer Rückstellung berücksichtigt werden (Ansatzpflicht, § 249 Abs. 1 S. 1 HGB). In der Steuerbilanz besteht jedoch für Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften ein Passivierungsverbot (§ 5 Abs. 4a S. 1 EStG). Durch diese Durchbrechung des Maßgeblichkeitsprinzips (Fall 2b: zwei voneinander abweichende verbindliche Normen) fallen die handelsrechtliche und steuerrechtliche Gewinnermittlung in einem konzeptionellen Punkt auseinander. Für die Verletzung der handelsrechtlichen GoB in der Steuerbilanz hat der Gesetzgeber keinen der für die steuerliche Gewinnermittlung bedeutsamen Grundsätze angeführt. Vielmehr dient die Aufhebung des Imparitätsprinzips dem

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