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Was die Beschreibung des Verhältnisses von Bundesrepublik Deutschland und DDR angeht, wurden verschiedene juristische Modelle entwickelt (Identitätslehren [Kongruenztheorie, Kernstaatstheorie, Schrumpfstaatstheorie]; Teilordnungslehre/Dachstaatstheorie). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hatte die Errichtung der beiden deutschen Staaten nicht zur Dismembration und damit zum Untergang des Völkerrechtssubjekts Deutsches Reich geführt. Vielmehr hatten sich auf dem Territorium des fortexistierenden gesamtdeutschen Staates zwei neue Staaten gebildet, die im Verhältnis zueinander indes nicht als Ausland anzusehen waren. Die Beziehungen zur DDR wurden vielmehr als „Inter-se-Beziehungen“ charakterisiert. Während die DDR jegliche Kontinuität zum vormaligen Deutschen Reich ablehnte, war die Bundesrepublik ihrem Selbstverständnis nach mit dem Völkerrechtssubjekt Deutsches Reich identisch, angesichts der grds. auf das Bundesgebiet beschränkten Gebietshoheit jedoch nur teilidentisch (BVerfGE 36, 1 [16]; 77, 137 [154 f.]).
Die territoriale Souveränität Gesamtdeutschlands und die Gebietshoheit der Bundesrepublik Deutschland fielen daher über viele Jahrzehnte auseinander. Das hinderte die bundesdeutsche Rechtsordnung allerdings nicht daran, je nach betroffenem Rechtsgebiet unter „Inland“ (auch) das Gebiet des Deutschen Reichs in seinen Grenzen vom 31.12.1937 zu verstehen. Dieses Verständnis dominierte beispielsweise zunächst im Strafrecht (BGHSt 5, 364 f.; 8, 168 [170 f.]), wurde dort später aber aufgegeben (BGHSt 30, 1 [4]). Im Staatsangehörigkeitsrecht dominierte der nämliche Inlandsbegriff bis zur Wiedervereinigung (§ 25 Abs. 1 RuStAG a. F.).
G › Gegenmaßnahmen (Repressalien) (Burkhard Schöbener)
Gegenmaßnahmen (Repressalien) (Burkhard Schöbener)
II. Zulässigkeit und Ausgestaltung
III. Grenzen (Repressalienverbot)
Lit:
K. Doehring, Die Selbstdurchsetzung völkerrechtlicher Verpflichtungen, ZaöRV 47 (1987), 44; W. Friedler, Gegenmaßnahmen, BDGVR 37 (1997), 9; J.A. Frowein, Die Verpflichtung erga omnes im Völkerrecht und ihre Durchsetzung, FS für H. Mosler, 1983, 241; J. Hebenstreit, Repressalien im humanitären Völkerrecht, 2004; C. Hillgruber, The Right of Third States to Take Countermeasures, in: Tomuschat/Thouvenin (Ed.), The Fundamental Rules of the International Legal Order, 2006, 265.
I. Begriff
Die Durchsetzung des Völkerrechts erfolgt in der Regel dezentral, da es in den zwischenstaatlichen Beziehungen an einer obligatorischen zentralen Gerichtsbarkeit fehlt. So wird die Zuständigkeit des → IGH nur begründet, wenn und soweit sich die beteiligten → Staaten dessen Jurisdiktionsgewalt unterwerfen (Art. 36 IGH-Statut). Die Rechtsdurchsetzung ist deshalb – soweit auch eine → friedliche Streitbeilegung durch Inanspruchnahme diplomatischer Verfahren erfolglos bleibt – eine Angelegenheit der betroffenen Staaten selbst, die entsprechende Maßnahmen ergreifen, um gegen das völkerrechtswidrige Verhalten anderer Staaten vorzugehen (sog. Selbsthilfe). Früher als Repressalie bezeichnet, wird heute überwiegend der Begriff Gegenmaßnahme (countermeasure) verwendet für einen eigentlich völkerrechtswidrigen Akt, der jedoch als Reaktion auf das vorangegangene völkerrechtswidrige Verhalten eines anderen Staates ausnahmsweise gerechtfertigt ist. Dabei sind jedoch besondere Zulässigkeitsvoraussetzungen (unten II.) ebenso zu beachten wie die völkerrechtlichen Grenzen (unten III.) solcher Gegenmaßnahmen.
II. Zulässigkeit und Ausgestaltung
In den von der International Law Commission (ILC) ausgearbeiteten und von der → UN-Generalversammlung 2001 in einer rechtlich unverbindlichen Resolution zur Kenntnis genommenen Draft Articles on Responsibility of States for Internationally Wrongful Acts (GV-Res. 56/83) sind in den Art. 49 ff. die Voraussetzungen aufgeführt, bei deren Vorliegen die Ergreifung von Gegenmaßnahmen gerechtfertigt ist. Die Inhalte der Resolution sind zwar bislang noch nicht verbindlich in einem → völkerrechtlichen Vertrag geregelt worden. Sie entsprechen aber im Wesentlichen den rechtlichen Maßgaben des → Völkergewohnheitsrechts.
1. Rechtliche Maßgaben (allg.)
Grundvoraussetzung für eine rechtmäßige Gegenmaßnahme ist ein vorangegangenes völkerrechtswidriges Verhalten des Staates, an den die Gegenmaßnahme gerichtet ist. Dieses völkerrechtliche Delikt kann sich grundsätzlich aus jedem Teilbereich des Völkerrechts ergeben. Sofern zwischen den Streitparteien eine Verpflichtung zur Durchführung eines Streitschlichtungsverfahrens besteht, ist ein solches Verfahren zunächst in Gang zu setzen. Ferner ist der das Völkerrecht verletzende Staat aufzufordern, sein völkerrechtswidriges Verhalten zu beenden, ihm sind Verhandlungen anzubieten und er ist über den Entschluss