BGB-Schuldrecht Allgemeiner Teil. Harm Peter Westermann

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BGB-Schuldrecht Allgemeiner Teil - Harm Peter Westermann Schwerpunkte Pflichtfach

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können K und V etwa vereinbaren, dass K für das Fahrrad dem V 100 Euro schuldet, dass sie alternativ aber auch durch Lieferung von 150 Eiern ihrer eigenen Hühner erfüllen darf. Hauptanwendungsfall für eine vertraglich vereinbarte Ersetzungsbefugnis ist freilich die Inzahlunggabe des alten PKW beim Autokauf: Hier ist oft ausdrücklich oder konkludent vereinbart, dass der Käufer zwar den vollen Kaufpreis schuldet, er aber einen Teil des Kaufpreises durch Übergabe und Übereignung des alten PKW leisten darf.[74] Ein Beispiel für eine gesetzlich begründete Ersetzungsbefugnis bietet § 244 Abs. 1 für den Fall der „unechten“ Fremdwährungsschuld: Die Schuld ist in diesem Fall zwar von Anfang an auf Zahlung in der fremden Währung beschränkt. Allerdings räumt das Gesetz in § 244 Abs. 1 dem Schuldner die Befugnis ein, seine Schuld auch durch eine andere Leistung – nämlich durch Zahlung in Euro – zu erfüllen.[75] Auch § 251 Abs. 2 S. 1 ist ein Beispiel für eine gesetzlich geregelte Ersetzungsbefugnis des Schuldners. § 249 Abs. 2 dagegen ist ein Beispiel für eine gesetzlich geregelte Ersetzungsbefugnis des Gläubigers.

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      Die Ausübung der Ersetzungsbefugnis hat Bindungswirkung, so dass der Ersetzungsbefugte die Ausübung der Ersetzungsbefugnis nicht wieder einseitig zurücknehmen kann. Das liegt daran, dass der andere Teil in seinem Vertrauen geschützt werden muss, das der Schuldner durch die Ausübung gesetzt hat.

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      Wenn die geschuldete Leistung unmöglich ist (oder wird), entfällt die Leistungspflicht des Schuldners nach der allgemeinen Regel des § 275. Darin liegt der entscheidende Unterschied zur Wahlschuld. § 265 ist bei der Ersetzungsbefugnis gerade nicht (auch nicht analog) anwendbar. Wird dagegen die andere Leistung unmöglich, fällt nicht etwa die Leistungspflicht des Schuldners weg, sondern vielmehr nur seine Ersetzungsbefugnis.

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      V könnte gegen K einen Anspruch auf Kaufpreiszahlung aus § 433 Abs. 2 haben.

      I. Der Anspruch ist entstanden: V und K haben einen Kaufvertrag geschlossen, indem sie vereinbarten, dass K sich eines der drei Fahrräder aussuchen und zu einem Preis von 50 Euro erwerben soll. Auf den ersten Blick scheint es, als würde ein Element der essentialia negotii fehlen, nämlich die Bestimmung des Kaufgegenstands. Indes liegt eine Wahlschuld vor, bei der die schuldrechtliche Bindung zunächst alle Einzelleistungen betrifft. Nach Ausübung des Wahlrechts gilt aber nur die gewählte Leistung als von Anfang an allein geschuldet (§ 263 Abs. 2).

      II. Der Anspruch könnte gem. § 326 Abs. 1 S. 1 erloschen sein. Zwischen V und K besteht ein gegenseitiger Vertrag in Form eines Kaufvertrags. Die Leistungspflicht des V muss nach § 275 Abs. 1 ausgeschlossen sein. Das ist der Fall, wenn die Erbringung der Leistung für den Schuldner oder für jedermann unmöglich ist. V schuldete Übergabe und Übereignung eines der drei Fahrräder. V hat ein Fahrrad bereits anderweitig veräußert und übereignet. Wenn der Käufer des Rades unter keinen Umständen zur Herausgabe dieses Fahrrads bereit ist, liegt subjektive Unmöglichkeit vor. Diese führt aber gem. § 275 Abs. 1 grundsätzlich nur zur Beschränkung auf die anderen beiden Fahrräder. Allerdings tritt Unmöglichkeit gem. § 275 Abs. 2 ein, wenn die Leistung infolge eines Umstandes unmöglich wird, den der nicht wahlberechtigte Teil zu vertreten hat. Wahlberechtigt ist gemäß § 262 im Zweifel der Schuldner, also V. Vorrangig ist jedoch die Parteivereinbarung: K und V haben das Wahlrecht K zugesprochen. V ist der nicht wahlberechtigte Teil. Er hat durch die Veräußerung des Fahrrads den zur Unmöglichkeit führenden Umstand zu vertreten. Der Anspruch auf die Leistung ist daher gem. § 275 Abs. 1 ausgeschlossen. Der Kaufpreiszahlungsanspruch entfällt somit gem. § 326 Abs. 1 S. 1.

      III. V hat gegen K keinen Anspruch auf Kaufpreiszahlung aus § 433 Abs. 2.

      Teil II Der Inhalt von Schuldverhältnissen§ 5 Schuldarten › IV. Leistungsbestimmung durch eine Partei oder einen Dritten (§§ 315 ff)

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      Fall 20:

      Die A-AG ist ein großer Stromkonzern und schließt mit der B-AG, die größere Mengen Strom für die Herstellung von Waren benötigt, einen individuell auf die B-AG angepassten Stromlieferungsvertrag. In dem Vertrag ist vorgesehen, dass der zu zahlende Preis für den Strom pro kw/h jährlich durch die A-AG neu bestimmt werden kann, da die A-AG bereits an anderen Stellen Zugeständnisse gemacht hat. Nachdem der Vertrag bereits fünf Jahre gelaufen ist, erhöht die A-AG zu Beginn des nächsten Kalenderjahres den Strompreis um wenige Cent pro kw/h und teilt dies der B-AG auch schriftlich mit. Die B-AG ist damit nicht einverstanden und möchte weiterhin den bisherigen Preis zahlen. Ein Sachverständiger stellt fest, dass die Erhöhung vor dem Hintergrund weltweiter Spannungen und damit verbundener erhöhter Bezugskosten im Grunde genommen angemessen ist. Ist die B-AG verpflichtet, den erhöhten Strompreis zu zahlen? Lösung Rn 239, 242, 246 und 255

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      Ohne Einigung über die wesentlichen Elemente des konkreten Rechtsgeschäfts (essentialia negotii) kommt, so lehrt die Allgemeine Rechtsgeschäftslehre, kein wirksamer Vertrag zustande. Zu den essentialia negotii gehört bei entgeltlichen Verträgen regelmäßig der Preis – etwa der Kaufpreis oder die Vergütung für ein Werk (§ 631) oder für Dienste (§ 611). Nicht immer möchten sich die Parteien aber auf die Höhe des Entgelts von vornherein festlegen: Wenn ich Ihnen mein Fahrrad verkaufe, können wir vereinbaren, dass ich (oder auch Sie) den Kaufpreis erst später bestimmen. Die §§ 315-319 verhindern in so gelagerten Fällen die Unwirksamkeit von Verträgen, bei denen eine Einigung über die essentialia negotii noch nicht vorliegt oder auch Dissens über

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