BGB-Schuldrecht Allgemeiner Teil. Harm Peter Westermann
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Der in Fall 20 angesprochene Strommarkt bildet ein gutes Beispiel: Schon ein Blick auf die zahlreichen Vergleichsportale zeigt, dass die Preise in einem bestimmten Rahmen durchaus variieren können, gerade weil sich auch durch weitere Anreize wie Treuerabatte abweichende Preise ergeben können.
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Zur Leistungsbestimmung durch Urteil kommt es auch dann, wenn die Bestimmung verzögert wird (§ 315 Abs. 3 S. 2 2. HS). Das setzt nicht Verzug im technischen Sinne (§ 286) voraus, sondern nur eine faktische Verzögerung der Bestimmung. Auch in diesem Fall hat der Schuldner ein schutzwürdiges Interesse an der Leistungsbestimmung durch Urteil. Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht.
dd) § 375 HGB
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§ 375 HGB sieht eine Sonderregel unter Kaufleuten vor: Beim Spezifikationskauf kommt es zur Bestimmungspflicht des Käufers, andernfalls hat der Verkäufer ein freies Wahlrecht.
a) Grundsätze
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Die Parteien können die Bestimmung der Leistung auch einem Dritten überlassen wollen – etwa, weil ihm besondere Sachkunde und/oder Neutralität bzw Vertrauenswürdigkeit zukommt. So wäre etwa im Fall des Liederabends einer Sopranistin denkbar, die Wahl der konkreten Stücke der Gesangslehrerin der Sopranistin anzuvertrauen. § 317 greift dieses Bedürfnis der Parteien auf. Ebenso wie bei der Leistungsbestimmung durch eine der Parteien ist die Leistungsbestimmung durch den Dritten im Zweifel nach billigem Ermessen zu treffen.
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Gegenstand des Bestimmungsrechts können die Leistung und einzelne Leistungsmodalitäten (wie etwa Ort, Zeit oder Art und Weise der Leistung) sein. Die §§ 317 ff greifen auch ein, wenn Dritte zwar nicht die Leistung (oder ihre Modalitäten) bestimmen, aber bestimmte Tatsachen ermitteln und bindend feststellen sollen, die für den jeweiligen Vertrag entscheidend sind. Man nennt solche Feststellungen auch Schiedsgutachten ieS.[86] Ein Beispiel ist die Bestimmung des Kaufpreises eines Kfz zum Schätzpreis nach einem bestimmten Verfahren, mit dessen Durchführung ein Gutachter betraut wird.[87] Ein Schiedsgutachten in diesem Sinne liegt auch vor, wenn über das Vorliegen eines gewährleistungspflichtigen Mangels im Sinne des Werkvertragsrechts eine Schiedsstelle des Kraftfahrzeughandwerks entscheiden soll.[88]
Davon abzugrenzen sind Konstellationen, in denen der Dritte nur nachträglich eingeschaltet wird, um eine Aussage über die Angemessenheit einer bereits erfolgten Bestimmung zu treffen. In Fall 20 hat der Sachverständige etwa weder die Aufgabe gehabt, die Bestimmung selbst vorzunehmen, noch war er mit der Ermittlung von Informationen oder Berechnungsgrundlagen betraut. Ihm kommt hier also keine Schiedsgutachter-Position zu, vielmehr kann seiner Einschätzung nur eine Indizfunktion zukommen.
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§ 318 regelt die Bestimmung durch einen Dritten. Sie erfolgt gem. § 318 Abs. 1 durch Erklärung gegenüber einem der Vertragsschließenden. Auch steht die Anfechtung der Bestimmung wegen Irrtums, Drohung oder arglistiger Täuschung nicht etwa dem Dritten, sondern gem. § 318 Abs. 2 1. HS nur den Vertragsschließenden zu. Anfechtungsgegner ist der Vertragspartner (§ 318 Abs. 2 2. HS). Zur Anfechtungsfrist regelt § 318 Abs. 2 S. 2 in Entsprechung zu § 121, dass die Anfechtung unverzüglich erfolgen muss, nachdem der Anfechtungsberechtigte von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt hat. Für die arglistige Täuschung liegt darin eine Abweichung von § 124 Abs. 1. Die Anfechtung ist erst 30 Jahre nach der Leistungsbestimmung ausgeschlossen (§ 318 Abs. 2 S. 3). Die Ausschlussfrist ist 20 Jahre länger als im Fall des § 121 Abs. 2.
b) Maßstab (§ 319: offenbare Unbilligkeit)
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§ 319 sieht für das billige Ermessen bei der Leistungsbestimmung durch Dritte einen anderen Maßstab vor als bei der Leistungsbestimmung durch die Vertragsparteien: Die Bestimmung ist gem. § 319 Abs. 1 erst dann unverbindlich, wenn sie „offenbar unbillig“ ist. Das ist weniger streng als der Maßstab der bloßen „Billigkeit“ nach § 315 Abs. 3 S. 1. Das lässt sich damit erklären, dass dem Dritten üblicher Weise besondere Neutralität und Sachkunde zukommen wird und die Gefahr unbilliger Entscheidungen bei Dritten normaler Weise auch weniger groß ist als bei der Leistungsbestimmung durch die Vertragsschließenden. Offenbar unbillig ist die Leistungsbestimmung nach der Rspr. des BGH, wenn sie in grober Weise gegen Treu und Glauben verstößt und sich dies bei unbefangener sachkundiger Prüfung sofort aufdrängt.[89]
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Die Mechanismen bei „offenbarer Unbilligkeit“ oder Verzögerung der Leistungsbestimmung entsprechen im Wesentlichen denen des § 315 Abs. 3: Bei Verzögerung oder offenbarer Unbilligkeit erfolgt die Leistungsbestimmung durch Urteil. Gleiches gilt, wenn der Dritte die Bestimmung nicht treffen kann oder will (vgl § 315 Abs. 3 S. 2 2. HS). Wenn der Dritte jedoch die Bestimmung nach freiem Belieben treffen soll (also nicht nach billigem Ermessen), ist der Vertrag gem. § 319 Abs. 2 unwirksam, wenn der Dritte die Bestimmung nicht treffen kann oder will, oder wenn er sie verzögert. Das lässt sich damit erklären, dass es bei einer Bestimmung nach freiem Belieben den Parteien regelmäßig gerade darauf ankommt, dass die Bestimmung von dem benannten Dritten erfolgt. Dieser darf lediglich nicht willkürlich handeln oder die Grenzen der §§ 134, 138 überschreiten.[90] Das ist bei einer Bestimmung nach billigem Ermessen anders, bei der es eher um eine inhaltlich billige Bestimmung als um die Person des Bestimmenden geht.
c) Mehrere Dritte
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§ 317 Abs. 2 regelt den Fall, dass mehrere Dritte die Leistungsbestimmung übernehmen. Für die Leistungsbestimmung müssen dann gem. § 317 Abs. 2 1. HS im Zweifel alle Dritte bei der Leistungsbestimmung übereinstimmen. Die Parteien können aber auch anderes vereinbaren, etwa, dass bei fehlender Übereinstimmung die Entscheidung eines der Dritten maßgeblich sein soll oder auch, dass die Bestimmung der Mehrheit der Dritten gelten soll. Wenn es um Summen geht – etwa die Höhe eines Entgelts – ist dagegen gem. § 317 Abs. 2 2. HS im Zweifel die Durchschnittssumme maßgeblich. Das erleichtert in der Praxis die Bestimmung.
4. Lösung Fall 20
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Die B-AG könnte aus dem Stromlieferungsvertrag gemäß § 311 Abs. 1 zur Zahlung des erhöhten Strompreises verpflichtet sein.
I. Aus dem Vertrag ergibt sich, dass die A-AG zur Bestimmung des Strompreises bei etwaigem Änderungsbedarf nach gewissen Zeiträumen