Der Talisman. Posse mit Gesang in drei Akten. Johann Nestroy
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Der Talisman. Posse mit Gesang in drei Akten - Johann Nestroy страница 6
Und merkt sie’s nit heut, so merkt sie’s in vierzehn Tag,
Er tut desperat, fahrt mit ’n Kopf geg’n die Wand,
Aber dass er’s nit g’spürt, macht er’s so mit der Hand!
Und ’s Madel gibt nach, dass er sich nur nix tut –
Ja, die Männer hab’n ’s gut, hab’n ’s gut, hab’n ’s gut!
2.
Wenn uns einer kränkt, das is weiter kein Jammer,
Was können wir tun? Nix als wana in der Kammer!
Kränken wir einen Mann, tut’s ihn nit stark ergreifen,
Er setzt sich ins Wirtshaus und stopft si sei Pfeifen.
Wir glaub’n, er verzweifelt, derweil isst er ein’ Kas,
Trinkt ein’ Heurigen und macht mit der Kellnerin G’spaß,
Schaut im Hamgehn einer andern glei hübsch untern Hut –
Ja, die Männer hab’n ’s gut, hab’n ’s gut, hab’n ’s gut!
3.
Hat a Madel die zweite oder dritte Amour,
Is ihr Ruf schon verschandelt, und nachher is zur.
In dem Punkt is a Mann gegen uns rein a Köni,
Wann er fünfzig Madeln anschmiert, verschlagt ihm das weni,
Auf so ein’ Halodri hab’n d’ Madln erst Schneid,
Und g’schieht es aus Lieb nit, so g’schieht es aus Neid,
Dass man sich um ein’ solchen erst recht reißen tut –
Ja, die Männer hab’n ’s gut, hab’n ’s gut, hab’n ’s gut.
(Geht ab.)
Verwandlung
Zimmer in der Wohnung der Gärtnerin, mit Mitteltür, rechts eine Seitentür, links ein Fenster.
[29]Sechzehnte Szene
Flora zur Mitte auftretend.
FLORA. Das Unkraut Gall und Verdruss wachst mir jetzt schon zu dick auf mein’ Geschäftsacker, ich kann’s nicht mehr allein ausjäten. Mein seliger Mann hat kurz vorher, als er selig worden ist, g’sagt, ich soll Wittib bleiben – wie kann ein seliger Mann so eine unglückselige Idee haben? Die Knecht haben keine Furcht, kein’ Respekt, ich muss ihnen einen Herrn geben, dessen Frau ich bin. Mein Seliger wird den Kopf beuteln in die Wolken! Wann er mir etwan gar als Geist erscheinet, wann’s auf einmal so klopfet bei der Nacht – (es wird an die Tür geklopft; ängstlich aufschreiend) ah! (Hält sich wankend am Tische.)
Siebzehnte Szene
Flora. Titus mit schwarzer Haartour zur Mitte hereinstürzend.
TITUS. Is ein Unglück g’schehn? Oder kirren Sie vielleicht jedes Mal so statt ’m Hereinsagen?
FLORA (sich mühsam fassend). Nein, bin ich erschrocken!
TITUS (für sich). Seltenes Geschöpf, sie erschrickt, wenn einer anklopft! Sonst ist den Frauenzimmern nur das schrecklich, wann keiner mehr anklopft.
FLORA. Der Herr wird sich drüber wundern, dass ich so schwache Nerven hab?
TITUS. Wundern über das Allgemeine? O nein! Die [30]Nerven von Spinnengeweb’, d’ Herzen von Wachs und d’ Köpferl von Eisen, das is ja der Grundriss der weiblichen Struktur.
FLORA (beiseite). Recht ein angenehmer Mensch – und die rabenschwarzen Haar’! – Ich muss aber doch (laut und in etwas strengem Ton), wer is der Herr und was will der Herr?
TITUS. Ich bitt, die Ehr is meinerseits! Ich bin Ihr untertänigster Knecht und empfehl mich.
FLORA (nickt ihm erstaunt ein kurzes Adieu zu, weil sie glaubt, er will fort; als er stehenbleibt, sagt sie nach einer Pause). Na? Diese Red sagt man, wenn man fortgehn will.
TITUS. Ich aber sag sie, weil ich dableiben will. Sie brauchen ein’ Knecht, und als solchen empfehl ich mich.
FLORA. Was? Der Herr is ein Knecht?
TITUS. Zur Gärtnerei verwendbar.
FLORA. Als Gehilfe?
TITUS. Ob Sie mich Gehilfe nennen oder Gärtner oder – das is alles eins; selbst – ich setz nur den Fall – wenn es mir als Gärtner gelingen sollte, Gefühle in Ihr Herz zu pflanzen – ich setz nur den Fall –, und Sie mich zum unbeschränkten Besitzer dieser Plantage ernennen sollten – ich setz nur den Fall –, selbst dann würde ich immer nur Ihr Knecht sein.
FLORA (beiseite). Artig is der Mensch – aber – (laut) Seine Reden sind etwas kühn, etwas vorlaut!
TITUS. Bitt untertänig, wenn man sagt: »Ich setz nur den Fall«, da darf man alles sagen.
FLORA. Er ist also –
TITUS. Ein exotisches Gewächs: Nicht auf diesem Boden [31]gepflanzt, durch die Umstände ausgerissen und durch den Zufall in das freundliche Gartengeschirr Ihres Hauses versetzt, und hier, von der Sonne Ihrer Huld beschienen, hofft die zarte Pflanze, Nahrung zu finden.
FLORA. Da fragt es sich vor allem, ob Er die Gärtnerei versteht?
TITUS. Ich habe Menschenkenntnis, folglich auch Pflanzenkenntnis.
FLORA. Wie geht denn das zusammen?
TITUS. Sehr gut! Wer Menschen kennt, der kennt auch die Vegetabilien, weil nur sehr wenig Menschen leben – und viele, unzählige aber nur vegetieren. Wer in der Fruh aufsteht, in die Kanzlei geht, nacher essen geht, nacher präferanzeln geht und nacher schlafen geht, der vegetiert; wer in der Fruh ins G’wölb geht und nacher auf die Maut geht und nacher essen geht und nacher wieder ins G’wölb geht, der vegetiert; wer in der Fruh aufsteht, nacher a Roll durchgeht, nacher in die Prob geht, nacher essen geht, nacher ins Kaffeehaus geht, nacher Komödie spiel’n geht, und wenn das alle Tag so fortgeht, der vegetiert. Zum Leben gehört sich, billig berechnet, eine Million, und das is nicht genug; auch ein geistiger Aufschwung g’hört dazu, und das find’t man höchst selten beisammen! Wenigstens, was ich von die Millionär weiß, so führen fast alle aus millionärrischer Gewinnvermehrungspassion ein so fades, trockenes Geschäftsleben, was kaum den blühenden Namen »Vegetation« verdient.
FLORA (beiseite). Der Mensch muss die höhere Gärtnerei studiert haben! (Laut.) So dunkel Sein Kopf auswendig is, so hell scheint er inwendig zu sein.
[32]TITUS. Sind Ihnen vielleicht die schwarzen Haar’ zuwider?
FLORA.