Lebendige Seelsorge 3/2021. Verlag Echter
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Das oft postulierte Ideal der Armut bedeutet nicht, dass die Kirche allen finanziellen Möglichkeiten entsagen soll.
EINE ARME KIRCHE MUSS NICHT FINANZIELL ARM SEIN
Das oft postulierte Ideal der Armut bedeutet nicht, dass die Kirche allen finanziellen Möglichkeiten entsagen soll. Schließlich übt sie eine spezifische Sendung aus, die nur erfüllt werden kann, wenn sie sich auf die kontextuellen Rahmenbedingungen einlässt, zu denen auch die Geldwirtschaft gehört. Eine Kirche, die arm ist, verpasst die Gelegenheit, Ungerechtigkeiten auszugleichen und sich den Menschen zuzuwenden, die zum Überleben selbst auf Geld angewiesen sind. Wenn Jesus im Neuen Testament seinen Jüngern aufträgt, allem Besitz zu entsagen, dann geschieht dies immer aus dem Motiv der Nachfolge heraus und nicht, weil der Besitz selbst verwerflich ist. Das wird er nur dann, wenn sich der Mensch an ihn klammert, habgierig und selbstgenügsam wird. Armut meint in diesem Sinne viel mehr die Haltung, mit der mit Besitz und Geld umgegangen werden soll. Der Umgang mit Vermögen hat immer differenziert und selbstkritisch gegenüber der eigenen Sendung zu sein. Das ‚Ob‘ und ‚Wie viel‘ ist immer zusammen mit dem ‚Wozu‘ zu denken und auch in den jeweiligen kulturellen Kontext zu übertragen.
Die Kirche ist entsprechend dann arm, wenn sie der Macht des Geldes entsagt und dieses immer nur im Kontext ihrer Sendung einsetzt.
Die Kirche ist entsprechend dann arm, wenn sie der Macht des Geldes entsagt und dieses immer nur im Kontext ihrer Sendung einsetzt. Das mag für eine finanziell ärmere Kirche aus praktischen Notwendigkeiten heraus leichter sein. Eine reiche Kirche läuft hingegen Gefahr, in Bequemlichkeit und mitunter auch Selbstgenügsamkeit zu verharren, die den Blick für die vielfältigen Möglichkeiten des Reichtums einschränken. Der Rückschluss jedoch, dass die Ausrichtung des Vermögens auf die Sendung in einer armen Kirche per se besser gelingt als in einer reichen, ist nicht haltbar.
DIE RÜCKBESINNUNG AUF DIE KIRCHLICHE SENDUNG KANN GELINGEN
Die Zweckbestimmung des gesamten kirchlichen Vermögens muss sich auch im Handeln aller Entscheidungsträger:innen widerspiegeln. Auf Ebene der Diözese kommt dem Bischof die Gewalt über das Vermögen zu. Verwaltet wird es in der Praxis aber vor allem durch den vom Bischof angewiesenen Diözesanökonom (vgl. c. 494 § 3 CIC). Sowohl Priesterrat als auch Konsultorenkollegium (in Deutschland das Domkapitel), Diözesanvermögensverwaltungsrat und Kirchensteuerrat müssen bei gewissen Entscheidungen gehört werden oder haben sogar Zustimmungsrechte. Wird eine entsprechende Genehmigung nicht eingeholt oder nicht erteilt, ist ein Rechtsakt ungültig.
Wer letztlich über den Haushalt entscheidet und wie transparent diese Entscheidungen ablaufen, ist je nach Bistum sehr unterschiedlich.
Durch die verschiedenen Kontrollmechanismen soll sichergestellt werden, dass Geldgeschäfte nicht nur ethischen Kriterien genügen, sondern auch im Sinne der Sendung der Kirche erfolgen. Wer letztlich über den Haushalt entscheidet und wie transparent diese Entscheidungen ablaufen, ist je nach Bistum sehr unterschiedlich. Somit ist auch nur schwer nachvollziehbar, ob die gebotene Zweckbindung ausreichend reflektiert wird. Eine Überprüfung der gebotenen Sorgfaltspflicht (vgl. c. 1284 § 2 CIC) erscheint von außen kaum möglich.
Es ist keine leichte Aufgabe, die Werke des Apostolats und der Caritas zu definieren und ein kirchliches Kerngeschäft abzugrenzen, für das Vermögen verwendet werden kann.
Auf der Ebene der Pfarrei kommt in Deutschland nicht dem Pfarrer, sondern dem Vermögensverwaltungsrat – die Bezeichnungen variieren – das Verfügungsrecht über das Vermögen zu. Er trifft bindende Entscheidungen. Auch hier müssen sämtliche Akte der Vermögensverwaltung zugunsten der Zweckbindung reflektiert werden. Dabei reicht es nicht aus, dies bei anstehenden Entscheidungen zu tun, auch die (im Hintergrund) laufenden Kosten müssen im Blick behalten werden. Es ist notwendig, dass sich die Gremien einen Überblick über das gesamte Vermögen, alle Kosten und Ausgaben verschaffen. Auch ist eine grundsätzliche Vergewisserung, welchen Wert das Geld für die Sendung der Kirche vor Ort hat, für eine gelingende Vermögensverwaltung unabdingbar. Nur wenn Schwerpunkte im Sinne der Sendung getroffen werden, kann Geld seinem Zweck entsprechend verwendet werden.
Eine solche Schwerpunktsetzung muss dabei als fortlaufender Prozess verstanden werden. Bedarfe ändern sich, pastorale Innovationen müssen immer möglich sein und auch mitunter herausfordernde Abschiede von Liebgewonnenem dürfen nicht gescheut werden. Dann erst kann kirchliches Handeln vor Ort nicht nur im Sinne des Vermögensrechts gelingen, sondern zugunsten des kirchlichen Auftrags auch authentisch sein.
ABWÄGUNGEN ERFORDERN (DE-)MUT
Es ist keine leichte Aufgabe, die Werke des Apostolats und der Caritas zu definieren und ein kirchliches Kerngeschäft abzugrenzen, für das Vermögen verwendet werden kann. Um das Vermögen an den Zwecken auszurichten, bedarf es solcher Grenzen, die jedoch immer einer gewissen Dynamik unterworfen sein müssen, damit Kirche in der Welt wirken kann. Denn auch neue den örtlichen und zeitlichen Gegebenheiten entsprechende Ideen zur Umsetzung des Apostolats müssen möglich bleiben, ganz im Sinne einer ecclesia semper reformanda.
Wie schwierig die Antwort auf die Frage nach dem Zweck sein kann, ist daran zu erkennen, dass zum Vermögen nicht nur das freie Verwaltungsvermögen gehört, das unmittelbar kirchlichen Zwecken dient, sondern eben auch solches, das dem Erzielen von Erträgen dient und nur mittelbar den kirchlichen Zwecken. Oft ist es das Stammvermögen, das den Anschein erweckt, es bestehe aus reinem Selbstzweck. Es handelt sich hierbei um die bleibende wirtschaftliche Grundausstattung, die eine langfristige Verwirklichung der kirchlichen Zwecke ermöglicht. Das Stammvermögen bzw. dessen Wert ist deshalb grundsätzlich zu erhalten. Da zum Stammvermögen vornehmlich Immobilien gehören und der Umgang mit diesen immer wieder Thema in kirchlichen Debatten ist, lässt sich an ihnen zeigen, wie auch das Stammvermögen einer Prüfung auf die kirchlichen Zwecke hin unterzogen werden kann. Auch wenn das Stammvermögen rechtlich besonders geschützt ist, ist eine Umschichtung zum Beispiel durch den Verkauf einer Immobilie unter gewissen Voraussetzungen möglich. Besonders angesichts der sinkenden Mitgliederzahlen und der verstärkten Fusion von Pfarreien, müssen Entscheidungen getroffen werden, welche Immobilien tatsächlich noch im Dienst der Sendung der Kirche stehen oder ob die dort (noch) stattfindende Sendung nicht auch gleichwertig an einem anderen Ort durchgeführt werden kann. Auch eine ökumenische Nutzung bietet sich immer öfter an. Eine Entscheidung über den Wert einer Immobilie ist umso drängender, wenn ihr Unterhalt hoch ist und das Geld an anderer Stelle unmittelbarer für Apostolat und Caritas gebraucht wird. Zugleich verdeutlichen solche Abwägungen, dass es bei der Zweckdienlichkeit nicht bloß um die kurzfristige Erfüllung der Sendung gehen darf, sondern dass auch langfristige Perspektiven einbezogen werden müssen.
Neben der Instandhaltung von Immobilien schlagen die hohen Personalkosten in vielen Bistumshaushalten zu Buche. Besonders in den Bistumsverwaltungen