Lebendige Seelsorge 3/2021. Verlag Echter
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Das Problem ist nicht die Kirchensteuer, sondern ihr Image
Die Replik von Anna Ott auf David Gutmann und Fabian Peters
Die Ergebnisse der Projektion 2060 fordern heraus. Einerseits müssen sie als wirkliche Erkenntnisse verinnerlicht werden, andererseits gilt es, diese auch in die Praxis zu übersetzen und Konsequenzen zu ziehen. Besonders drei Vorverständnisse, so David Gutmann und Fabian Peters, prägen die Diskussion um den Zusammenhang von Kirchenmitgliedschaft und Kirchensteuer, die die Reform der Kirchenfinanzierung in Deutschland erschweren. Darauf aufbauend möchte ich einige der genannten Punkte konkretisieren, die es bei einer Diskussion über die Zukunft der Kirchensteuer zu beachten gilt.
Obwohl zwischen der Zahlung von Kirchensteuern und der Wahrscheinlichkeit für einen Kirchenaustritt ein belegbarer Zusammenhang besteht, folgt ein solcher zumeist auf eine individuelle Entfremdungsgeschichte. Die Kirchensteuer ist zumeist nicht Ursache, sondern Auslöser eines Austritts. Kirchenaustritte damit zu verhindern, dass die Kirchensteuer (für junge Leute) abgeschafft oder gesenkt wird, erscheint dementsprechend nicht als geeigneter Ansatzpunkt. Vielmehr sollte den vorgenommenen Kosten-Nutzen-Abwägungen proaktiv begegnet werden, nicht, indem die Kosten gesenkt, sondern der Nutzen erhöht wird. Besonders junge Menschen zwischen Schulabschluss und Familiengründung fallen oft in ein pastorales Loch. In der klassischen Seelsorge sind Singles und unverheiratete Paare – außerhalb der Hochschulpastoral – kaum vorgesehen. Und selbst wenn ohne eine (gewichtige) Kirchensteuer Austritte verhindert werden, die formale Mitgliedschaft spielt für viele kaum mehr eine Rolle, wie David Gutmann und Fabian Peters zu Recht bemerken. Eine sinkende Austrittsquote bedeutet entsprechend nicht, dass die kirchliche Bindung der Mitglieder steigt. Diese ist nur durch die Ermöglichung individueller Beziehungsgeschichten zu erreichen.
Die Kirchensteuer erlaubt den Kirchen, vielfältige soziale und caritative Aufgaben zu übernehmen, die nicht nur der Allgemeinheit zugutekommen, sondern dem Sozialstaat dienen. Zwar würde eine Abschaffung der Kirchensteuer aufgrund der geringeren Sonderausgaben erhebliche Steuermehreinnahmen für den Staat bedeuten, mit denen diese Aufgaben zumindest teilweise finanziell ermöglicht werden können. David Gutmann und Fabian Peters halten jedoch nicht nur fest, dass die Summen nicht ausreichend wären, sondern dass auch die kirchliche Infrastruktur, die nur teilweise durch die Kirchensteuer gedeckt ist, hierfür unerlässlich ist. Denn es werden nicht nur materielle Ressourcen wie Gebäude benötigt. Vor allem bietet die christliche Botschaft einen Deutungshorizont, in dem Nächstenliebe gelebt wird. David Gutmann und Fabian Peters merken richtig an, dass dieser das viele – vor allem ehrenamtliche – kirchliche Engagement begründet, dem sich kein finanzieller Gegenwert zuschreiben lässt. Allein anhand der Kosten lässt sich der Wert einer Dienstleistung für die Gesellschaft entsprechend nicht ermitteln. Selbstverständlich müssen sich die Kirchen dabei immer wieder fragen, welche der bislang übernommenen Aufgaben tatsächlich ihrer Botschaft dienen und ob nicht andere Aufgaben dringlicher sind. Das Beantworten der Frage, was sich Kirche leisten kann und will, ermöglicht zusätzlich, das von David Gutmann und Fabian Peters angesprochene Wahrnehmungsdefizit anzugehen. Je transparenter in der Kirche mit Geld umgegangen wird, desto authentischer muss gewirtschaftet werden. Diesen Ansatz weiter zu verfolgen, stellt ein großes Potenzial dafür dar, die Stärken des Systems der Kirchensteuer in der Öffentlichkeit zu betonen.
Die Kirchensteuer mag dazu verleiten, sich auf dem einfach verdienten Geld auszuruhen und ihren eigentlichen Zweck, nämlich die Finanzierung der kirchlichen Sendung, aus dem Blick zu verlieren. Ein Wechsel zu einer spendenbasierten Kirchenfinanzierung erscheint deshalb aufgrund der stärkeren Mitgliederorientierung und dem notwendigen Fokus auf innovative und kreative Ansätze verlockend. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Kirchensteuer per se kein geeignetes Instrument für eine gelingende Finanzierung sein kann. David Gutmann und Fabian Peters schlagen hierfür neue Kriterien für die Verteilung von Kirchensteuermitteln vor, die sich stärker daran orientieren sollen, wie sich kirchliches Leben an der Basis entwickelt. Sie erhoffen sich davon auch ohne einen Systemwechsel, der eine erhebliche Unterfinanzierung bewirken würde, eine Vitalisierung des kirchlichen Lebens vor Ort. Hierbei dürften jedoch die übergeordneten pastoralen Aufgaben, wie etwa die Gefängnisseelsorge, nicht vergessen werden. Diese könnten ähnlich wie bei einem Wechsel zu einem spendenfinanzierten System schneller aus dem Blick geraten, da der direkte Bezug der meisten Gläubigen zu solchen Einrichtungen fehlt. Zusätzliche Herausforderung einer solchen Neuformulierung von Kriterien ist sicherlich auch die schwierige Messbarkeit des Erfolgs kirchlichen Wirkens.
In der Zusammenschau der beiden Beiträge lässt sich ein gemeinsames Fazit festhalten: Letztlich kommt es weniger darauf an, wie sich eine Kirche finanziert, sondern was sie aus ihren Finanzen macht. Zentral ist, wie mit Geld und der mit Finanzmitteln verbundenen Macht umgegangen wird. Sich an ein Finanzierungssystem zu klammern hilft ebenso wenig, wie vorschnell eine umfassende Reform desselben zu fordern. Vielmehr sollten sich die Kirchen immer wieder bewusst machen und auch nach außen transparent kommunizieren, welche Möglichkeiten und auch welchen Nutzen eine finanziell gut gestellte Kirche für die Gesamtgesellschaft hat.
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