Der Defizit-Mythos. Stephanie Kelton

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Der Defizit-Mythos - Stephanie Kelton

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US-Dollar an Studienkrediten verschuldet sind, ist eine Krise. Und die Tatsache, dass wir uns letztlich überhaupt nichts „leisten“ können werden, wenn wir den Klimawandel weiter beschleunigen und das Leben auf diesem Planeten zerstören, ist wahrscheinlich die schlimmste aller Krisen.

      Das sind echte Krisen. Das Staatsdefizit ist keine Krise.

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      DAS VERBRECHEN DES von Präsident Trump 2017 unterzeichneten Steuergesetzes besteht nicht darin, dass es das Defizit vergrößerte, sondern dass es das Defizit nutzte, um denen zu helfen, die es am wenigsten brauchten. Es hat die Ungleichheit verschärft und einigen Wenigen größere politische und wirtschaftliche Macht verschafft. Die MMT geht davon aus, dass der Aufbau einer besseren Wirtschaft nicht an das Erzielen ausreichender Erträge gekoppelt ist, damit wir das bezahlen können, was wir haben möchten. Wir können und müssen von den Reichen Steuern erheben. Doch nicht, weil wir ohne sie nicht zurechtkommen. Wir sollten Milliardäre besteuern, um die Verteilung von Reichtum und Einkommen wieder ins Gleichgewicht zu bringen und die Gesundheit unserer Demokratie zu schützen. Doch müssen wir nicht ihre Sparschweine knacken, um die Armut abzuschaffen oder die bundesweite Jobgarantie zu bekommen, für die Coretta Scott King gekämpft hat. Das nötige Werkzeug haben wir bereits. Die angebliche Abhängigkeit von den Superreichen sendet die falschen Signale und stellt sie als viel wichtiger dar, als sie es für unsere Sache tatsächlich sind. Das soll nicht heißen, dass Defizite keine Rolle spielen und wir nun alle Bedenken in den Wind schlagen und das Geld mit vollen Händen ausgeben können. Der wirtschaftliche Rahmen, für den ich plädiere, fordert von der Bundesregierung keine geringere, sondern größere finanzpolitische Verantwortung. Wir müssen einfach neu definieren, was es bedeutet, verantwortlich mit unseren Ressourcen hauszuhalten. Durch unsere falschen Vorstellungen zum Defizit bleibt in unserer Wirtschaft aktuell so viel Potenzial ungenutzt oder verfällt gänzlich.

      Die MMT befähigt uns dazu, Politik und Wirtschaft neu zu gestalten. Mittels vernünftiger Ökonomie hinterfragt sie den Status Quo im gesamten politischen Spektrum, und aus diesem Grund erweckt sie auch weltweit so großes Interesse bei Politikern, Akademikern, Zentralbankern, Finanzministern, Aktivisten und ganz gewöhnlichen Menschen. Beim Blick durch die Brille der MMT erkennen wir, dass eine andere Gesellschaft möglich ist, in der wir es uns leisten können, in Gesundheitsversorgung, Bildung und eine robuste Infrastruktur zu investieren. Statt um Knappheit geht es bei der MMT um Chancen. Wenn wir der Mythen Herr geworden sind und akzeptieren, dass Staatsdefizite unserer Wirtschaft tatsächlich guttun, können wir eine Steuerpolitik betreiben, bei der menschliche Bedürfnisse und das öffentliche Interesse an erster Stelle stehen. Wir haben nichts zu verlieren als unsere selbst auferlegten Grenzen.

      Die Vereinigten Staaten sind das reichste Land in der Geschichte der Menschheit. Doch selbst in Zeiten größter Armut während der Großen Depression schafften wir es, eine Sozialversicherung und den Mindestlohn einzuführen, ländliche Gemeinden zu elektrifizieren, staatliche Wohnungsbaudarlehen bereitzustellen und ein umfangreiches Jobprogramm zu finanzieren. Wie Dorothy und ihre Gefährten im Zauberer von Oz müssen wir die Mythen durchschauen und uns erneut gewahr werden, dass wir die ganze Zeit an der Macht waren.

      Während dieses Buch in Druck ging, schlug das Covid-19-Virus mit voller Härte zu und führte uns die Macht der MMT-Denkart lebhaft vor Augen. Ganze Industrien werden stillgelegt. Die Stellenverluste nehmen zu, und bei einem potenziellen wirtschaftlichen Zusammenbruch könnte die Arbeitslosigkeit wieder so hoch werden wie zuletzt während der Großen Depression. Der Kongress hat bereits über 1 Billion US-Dollar zur Bekämpfung der Pandemie und der sich anbahnenden Wirtschaftskrise bereitgestellt. Wir werden noch viel mehr brauchen.

      Das Staatsdefizit, das vor der Bedrohung durch das Virus auf gut 1 Billion US-Dollar geschätzt wurde, wird in den kommenden Monaten voraussichtlich auf über 3 Billionen US-Dollar ansteigen. Wenn uns die Geschichte etwas gelehrt hat, dann entsteht aus der Angst vor steigenden Haushaltsdefiziten der Zwang zur Senkung der steuerlichen Anreize, um die Defizite niederzuringen. Das wäre eine einzige Katastrophe. Aktuell und in den kommenden Monaten sind höhere Defizitausgaben steuerpolitisch der beste Weg, die Krise zu bewältigen.

      Das nächste Jahr wird für uns alle unglaublich schwer werden. Wir werden in verstärkter Angst leben, bis das Virus gebannt und eine Impfung allgemein verfügbar ist. Viele von uns werden sozial und wirtschaftlich Not leiden. Wir haben bereits genügend Sorgen, um uns noch zusätzlich Befürchtungen zur Haushaltslage der Nation aufzubürden. Jetzt ist der richtige Zeitpunk, einige wichtige Lektionen zu lernen: Wo kommt das Geld her und warum kann die Bundesregierung – und nur die Bundesregierung – einschreiten und die Wirtschaft retten.

      1

      DENKEN SIE NICHT AN EINEN HAUSHALT

      Familien im ganzen Land schnallen die Gürtel enger und treffen schwere Entscheidungen. Die Bundesregierung sollte es genauso machen.

       PRÄSIDENT OBAMA, REDE ZUR LAGE DER NATION, 2010

       MYTHOS NR. 1: Die Bundesregierung muss wie ein Haushalt budgetieren.

       REALITÄT: Im Gegensatz zu einem Haushalt emittiert die Bundesregierung das Geld, das sie ausgibt.

      Wie viele von Ihnen bin ich mit der Fernsehsendung Die Sesamstraße aufgewachsen. Sie brachte kleinen Kindern unter anderem bei, Objekte nach Ähnlichkeiten und Unterschieden zu sortieren. „Eins von diesen Dingen ist anders als die anderen“, erklang das Lied, bevor es losging. Auf dem Bildschirm erschienen matrixförmig angeordnet vier Bilder: eine Banane, eine Orange, eine Ananas und ein Sandwich. „Das Sandwich! Das Sandwich!“, brüllten meine Schwester und ich dann den Fernseher an. Ich bin zwar kein Kind mehr, aber noch immer brülle ich jedes Mal den Fernseher an, wenn jemand vom Budget der Bundesregierung spricht, als würde es sich in nichts von dem eines Haushalts unterscheiden.

      Wenn Sie jemals die Forderung gehört haben, dass Washington seinen Haushalt in Ordnung bringen muss, dann haben Sie eine Version des Haushalts-Mythos gehört. Er beruht auf dem fehlerhaften Gedanken, dass wir Uncle Sams Budget durch dieselbe Brille sehen müssen, durch die wir unser eigenes Familienbudget betrachten. Von allen Mythen, die wir auf den folgenden Seiten behandeln werden, ist dieser hier zweifellos der schädlichste.

      Unter Politikern, die sich beim Kontakt zu ihren Wählern für gewöhnlich der simpelsten Rhetorik bedienen, ist er ein Favorit. Und was könnte einfacher sein, als die Finanzen der Regierung so darzustellen, wie sie uns anderen bereits vertraut sind – wie unsere eigenen. Wir alle wissen, wie wichtig es ist, unsere persönlichen Ausgaben nach unserem Gesamteinkommen zu richten. Wenn also jemand daherkommt und auf eine uns vertraute Art über Staatsfinanzen spricht, dann spricht uns das aus der Seele. Es fühlt sich heimelig an, so, als säße man gemeinsam um den Küchentisch.

      Wir haben es alle miterlebt. Auf Wahlplakaten und Versammlungen in ganz Amerika stellen uns Politiker den Kleinunternehmer oder die schwer arbeitende Kellnerin als leuchtende Vorbilder für verantwortungsvolle Haushaltsführung hin. Mitfühlend sprechen sie von den Bemühungen der Durchschnittsamerikaner und davon, dass wir alle wissen, wie es ist, um den Küchentisch zu sitzen und die Haushaltsabrechnung zu machen. Um im Publikum Empörung auszulösen, lenken sie dann das Gespräch auf die Bundesregierung und erzählen uns, dass Uncle Sams Bücher fast nie stimmen, weil verantwortungslose Ausgaben in Washington, D.C. zur Lebensart geworden sind.

      Solche Geschichten sprechen uns an, weil uns die Sprache so vertraut ist. Wir wissen, dass wir nach unseren Verhältnissen leben und unsere Finanzen so verwalten müssen, dass wir nicht mehr ausgeben, als wir einnehmen. Wir wissen, dass wir für die Zukunft etwas auf die hohe Kante legen und beim

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