Kreativität und Innovation (E-Book). Manfred Pfiffner
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Wie eindrücklich zu sehen ist, bilden heute Kreativität und Innovation wichtige Faktoren für erfolgreiches Arbeiten in der (Welt-)Wirtschaft.
Howard Gardner weist dem «schöpferischen Geist» Zukunftspotenzial zu. Um einen solchen Geist zu pflegen, braucht es eine Bildung, die gekennzeichnet ist durch «exploration, challenging problems, and the tolerance, if not active encouragement, of productive mistakes» (Gardner 2007, S. 85). Der kreative Umgang mit komplexen Fragestellungen sollte also schon in der Schule geübt werden (vgl. Vollmer 2016, S. 18). An den Schulen herrscht grundsätzlich die Überzeugung vor, dass Kreativität erlernt und eingeübt werden kann. Allerdings können Lehrerinnen und Lehrer oft nicht genau erklären, was Kreativität überhaupt ist. Häufig werden im Schulalltag Impulsivität, Nonkonformismus und sogar störendes Verhalten mit Kreativität in Verbindung gebracht (vgl. Urban, zitiert in Vollmer 2016, S. 18). Nicht selten werden unerwartete Ideen nicht aufgegriffen, da die Sorge besteht, dass dadurch der Unterrichtsplan gefährdet ist und die Ordnung durcheinandergerät (vgl. Vollmer 2016, S. 18).
1.2 Kreativität
Die US-amerikanische Wissenschaftlerin Theresa Amabile gilt als Begründerin des Komponentenmodells der Kreativität. Es besagt, dass Kreativität an der Schnittstelle von Expertise beziehungsweise Fachwissen, Motivation und kreativen Fähigkeiten entsteht (siehe Abbildung 1). Die Grundlage der Kreativität bildet dabei die Expertise beziehungsweise das Vor- oder Fachwissen. Dieses muss allerdings durch kreative Fähigkeiten («creative thinking skills») ergänzt werden. Darunter versteht man zum Beispiel die Fähigkeit, Probleme zu erkennen, diese aus diversen Blickwinkeln zu betrachten oder umzukehren, bereits bestehende Pläne oder Ideen neu zu verknüpfen, neue Ergebnisse zu prüfen, verschiedene Wissensgebiete miteinander zu vereinen sowie abstrakt und assoziativ zu denken (vgl. Jacob 2018, S. 29).
Abbildung 1: Komponentenmodell der Kreativität (nach Amabile 1998)
Die Motivation gilt als wichtigste Voraussetzung für Kreativität. Ohne sie ist Kreativität zwar möglich, wird jedoch kaum umgesetzt. Die Motivation bildet somit die Grundlage für das Initiieren und Aufrechterhalten kreativer Prozesse. Sie ist maßgeblich für das verantwortlich, was Personen wirklich tun. Dabei sind diese nicht aufgrund eines externen Drucks kreativ, sondern vor allem dann, wenn sie durch die Aufgabenstellung selbst, ihr Interesse an der Materie und die damit einhergehende Herausforderung motiviert sind. Selbstredend spielt Motivation darüber hinaus eine große Rolle, wenn das Fachwissen nicht ausreicht und die Person es sich aneignen muss, um zu einer Lösung zu gelangen (ebd., S. 29f.). Kreative Fähigkeiten können nach Auffassung von Amabile (1998) erlernt werden. Sie fasst Kreativität zusammen als «a skill that might be taught, learned, practiced, and improved» (Amabile & Pillemer 2012, S. 4). Es muss aber davon ausgegangen werden, dass die meisten Menschen ihr kreatives Potenzial nicht ausschöpfen (vgl. Nickerson 1999, S. 407).
1.3 Innovation
Den eigentlichen Unterschied zwischen Kreativität und Innovation beschreiben die US-amerikanischen Wissenschaftlerinnen Zhou und Shalley wie folgt: «Während der Schwerpunkt bei Kreativität auf der Erzeugung von sowohl neuen als auch nützlichen Ideen von Einzelpersonen und Teams liegt, meint Innovation vorrangig die Implementierung von neuen Ideen oder Praktiken innerhalb einer Einheit oder Organisation» (Zhou & Shalley 2013, S. 3). Innovation wird in Organisationen also durch Kreativität ermöglicht (vgl. Schuler & Görlich 2007). Dabei ist die Kreativität als ideengenerierender Teilprozess von Innovation oder als «Teilbereich innovativen Verhaltens» (Streicher, Frey, Traut-Mattausch & Maier 2011, S. 247) zu verstehen. Wie (überlebens-)wichtig Innovation für Unternehmen ist, zeigen die Resultate einer weltweiten Umfrage der renommierten Unternehmensberatung Boston Consulting Group (2006) bei 1070 Managerinnen und Managern sämtlicher großer Industriezweige. So gehört das Thema Innovation für knapp 75 Prozent aller Befragten zu den drei höchsten Prioritäten ihrer Unternehmensstrategie. Etwas weniger als die Hälfte positionieren Innovation sogar auf dem ersten Platz. Die fortgeschrittene Globalisierung verstärkt diesen Trend aufgrund des steigenden Wettbewerbsdrucks sowie der kürzer werdenden Produktlebenszyklen (vgl. Zysno & Bosse 2009, S. 3). Forschungsresultate zeigen, dass die Kreativität von Unternehmungen eine positive Auswirkung auf die Effektivität eingeführter Innovationen hat. Diese Auswirkungen hängen von der Dynamik der unternehmerischen Umwelt ab (Gielnik 2013, S. 84). Zudem begünstigt die ökonomische Kreativität die Implementierung von Innovationen (Williams & McGuire 2010).
Kreativität und Innovation sind eng mit den anderen drei K aus den 4K verbunden. Innovation weist dabei eine soziale Komponente auf. Sie erfordert Anpassungsfähigkeit, zwischenmenschliche Fähigkeiten, Führungs- und auch Teamarbeit. In der globalisierten und digitalisierten Welt ist gerade die Fähigkeit zur Innovation zunehmend mit der Fähigkeit gekoppelt, sich mit anderen zusammenzutun, sich auszutauschen und zusammenzuarbeiten (vgl. NEA 2013, S. 25).
2 Utopie und Kreativität als Antrieb für Veränderungen in der Gesellschaft
Der 2015 von der Hip-Hop-Formation K.I.Z veröffentlichte Song «Hurra, die Welt geht unter» besingt die Utopie eines glücklicheren Lebens, das aus den Trümmern der alten Gesellschaftsordnung hervorgeht (Leser & Schwarz 2016). Utopien geben Anreize für kreative Veränderungen.
Der Ursprung des Begriffs «Utopie» geht auf den Roman «Utopia» des englischen Humanisten und Staatsmannes Thomas More (1478–1535) zurück. In seinem 1516 in der flämischen Universitätsstadt Leuven gedruckten Werk liegt eine europäische Denktradition begründet, die auch heute noch aktuell ist. Als Utopie wird gemeinhin ein gesellschaftlicher Idealzustand verstanden, der gemäß seinen Anhängern und Anhängerinnen nicht nur wünschenswert, sondern auch erreichbar ist. Darin offenbart sich ein tiefes Missverständnis, denn Morus verfolgte in seinem Roman einen anderen Ansatz. Es ging ihm nicht darum, eine realistische Idealgesellschaft zu entwickeln, sondern auf die Schwächen der damaligen sozialen und politischen Systeme aufmerksam zu machen. Die Utopie war ein Mittel zur Spiegelung der gegenwärtigen Verhältnisse und ein Maßstab, an dem sich Staaten und Gesellschaften messen konnten. Die geschilderte Idealgesellschaft hingegen betrachtete er als unerreichbar (vgl. Zech 2019, S. 25f.). Unter den Autoren, die Morus nachfolgten, herrschte dahingehend Einigkeit, dass der utopische Staat in Wirklichkeit nicht existiert, sondern als vorbildhaftes, aber unerreichtes Modell zu verstehen ist (vgl. ebd., S. 27).
Das von Thomas Morus begründete Genre des utopischen Romans besteht auch heute noch. Die deutsche Polittheoretikerin und Sprachforscherin Ina-Maria Maahs (2019, S. 148ff.) hat in einer Studie nach 1990 erschienene literarische Werke untersucht, in welchen Utopien beschrieben werden. Obwohl die Utopien variieren, konnte Maas bei allen Werken dieselbe Grundstruktur festhalten: Die gegenwärtige Gesellschaft wird kritisiert und in der Folge eine mögliche utopische Alternative entworfen (vgl. ebd., S. 221). Die nachfolgende Abbildung zeigt die Zeitkritik und ihre jeweilige utopische Alternative auf.
Zeitkritik | Utopische Alternativen |
Verantwortungsloser Umgang mit der Umwelt | Verstärkung der Selbstversorgung und einer umweltfreundlichen Lebensweise |
Verschwendung materieller Ressourcen | Abschaffung oder Umgestaltung des aktuellen Geldsystems |
Hierarchien und Machtkumulationen, die Ausbeutung und große soziale Ungleichheit begünstigen |
Formen des Zusammenlebens, die einen Ausgleich zwischen Individuum
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