30 dreiste Lügen über Geld. Peter Koenig

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30 dreiste Lügen über Geld - Peter Koenig

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Forschung. Sie werden einige der weit verbreiteten Irrtümer über Geld und Finanzsystem offenbaren, von denen viele Menschen insgeheim überzeugt sind. Ich möchte ausdrücklich betonen, daß ich in diesem Buch kein Urteil abgebe über den Inhalt dieser Lügen. Ich sehe sie nicht als »schlecht« an. Es ist wichtig, sie zu thematisieren, weil die darin enthaltenen falschen Auffassungen Ihnen vielleicht die Möglichkeit verbauen, einige der Dinge, die Ihnen besonders am Herzen liegen, zu verwirklichen.

      Wie dieses Buch zu lesen ist

      Wie ein Kind durch Beobachtung des Waschmittelkaufs und logische, wenn auch fehlerhafte Schlußfolgerungen daraus z. B. zu der Überzeugung gelangt, mit Geld könne man alles kaufen, eignen wir uns viele dieser Irrtümer und falschen Auffassungen vermutlich sehr früh im Leben an und stellen sie danach nie mehr in Frage. Gemeinsam bilden sie ein zusammenhängendes, stabiles, ineinander verkettetes »Netz«. Jedes Erkennen eines Irrtums führt zu einem kleinen Aha-Erlebnis und zu einer inneren Befreiung. Das Netz lockert und entwirrt sich dann, und Freiheit und Entspannung stellen sich ein.

      Der Text ist in Dialogform abgefaßt und enthält einen vollständigen Prozeß, der von Anfang bis Ende gelesen werden sollte. Um den vollen Gehalt der Aussage zu erfassen, empfehle ich Ihnen dringend, sich an diese Reihenfolge zu halten, jedoch in Ihrem eigenen Tempo. Die einzelnen Kapitel sind bewußt kurz gehalten, damit Sie dazwischen nachdenken und alles aufnehmen können. Einige Buchseiten sind leer, so daß Sie dort Notizen machen können.

      Verfaßt wurde dieses Buch im November 2001 im süditalienischen Polignano an der Adria, 33 Kilometer südlich der alten Stadt Bari. Während ich hier in der Abenddämmerung in meinen Laptop tippe und über das dunstig graue Meer blicke, noch ohne ganz genau zu wissen, was diese Seiten füllen wird, fühle ich mich geehrt und voll froher Erwartung bei dem Gedanken, mit Ihnen zusammen auf diese abenteuerliche Reise zu gehen.

      Einleitung

      Der Verfasser eines Buchs beginnt gewöhnlich mit der Einleitung. Bei jedem guten Buch über Geld ist das erste Thema, mit dem man sich befassen muß, die Frage, was Geld überhaupt ist.

      Da dies jedoch ein ungewöhnliches Buch ist, möchte ich, daß Sie die Einleitung selbst schreiben. Notieren Sie kurz auf der folgenden Seite – oder einem separaten Stück Papier, das Sie mit der Post an sich selbst schicken und dann in dieses Buch kleben –, was Geld für Sie bedeutet. Dies wird nur wenige Minuten in Anspruch nehmen und ist die einzige praktische Übung in diesem Buch (das verspreche ich Ihnen). Listen Sie ganz einfach etwa zehn Punkte auf, die Ihnen spontan zu der Frage einfallen, was Geld für Sie bedeutet, ohne dies alles zu bewerten oder zu beurteilen.

      Geld ist …

      Lüge Nr. 1

      Die Lüge vom arbeitenden Geld

      Beginnen wir mit einer einfachen Lüge, vielleicht nicht der wichtigsten, doch einer Lüge, die zeigt, wie schnell man zu vollkommen falschen Schlußfolgerungen kommt, wenn man nicht genügend nachdenkt oder Fragen stellt.

      Die Lüge vom arbeitenden Geld

      Versuchen Sie einmal, folgende Frage zu beantworten:

      Auf der Bank zahlen Sie 100 Euro auf Ihr Sparbuch ein, wo diese pro Jahr mit 2 % verzinst werden. Die Bank wiederum verleiht diese 100 Euro an einen anderen Kunden zu einem Zinssatz von 5 %. Nach Ablauf eines Jahres erhält die Bank 5 Euro Zinsen von diesem Kunden, gibt Ihnen davon 2 Euro und behält 3 Euro für sich. Die (nicht an Sie weitergegebenen) Kosten für diese Transaktionen belaufen sich auf 1 Euro.

      Sie haben mit Ihrem Geld also 2 % verdient.

      Frage: Welche Rendite hat die Bank mit dem Geld erwirtschaftet?

      Sie werden jetzt vielleicht sagen: 3 %, denn das klingt ja auch ganz logisch. Dies wäre jedoch die falsche Antwort. Die richtige Rechnung sieht folgendermaßen aus:

      Das heißt, mit einem Einsatz von 1 € erwirtschaftet die Bank 2 € = 200 %. Das ist natürlich ganz erheblich mehr als 3 %! Manche finden es vielleicht skandalös, daß die Bank 200 % verdient, Sie als Kunde aber nur 2 %. Sie können es jedoch drehen und wenden, wie Sie wollen, der Mathematik entkommen Sie nicht …

      Anmerkung: Der Umfang der Gewinne und Renditen einer Bank bzw. sämtlicher Banken ganz allgemein ist aus folgenden Gründen undurchsichtig:

      1 Die Fachleute sind sich selbst nicht einig, ob eine Bank Spareinlagen wirklich wie oben beschrieben verleiht, oder ob sie nicht vielmehr Geld verleiht, das sie quasi aus dem Nichts erschaffen hat – im letzteren Fall sind die Renditen sogar noch höher. Wenn die Kosten für das Schöpfen und Verleihen von Geld gegen Null tendieren, sind die Kapitalerträge, rein rechnerisch, fast unendlich groß.

      2 Geschäftsberichte und Bilanzen einer Bank weisen Erträge aus verschiedenen Arten von Bankgebühren auf wie auch Zinserträge, von denen die zu zahlenden Zinsen für Darlehen und Spareinlagen abzuziehen sind. In diesen Berichten steht jedoch nichts über Gewinne und Verluste der Bank aus Spekulationsgeschäften, denn diese erscheinen in den Bilanzen gar nicht. Dabei kann es sich um ganz erhebliche Summen handeln, welche die finanzielle Lage der Bank wesentlich stärker beeinflussen als Erträge aus anderen Geschäften. Diese nicht über die Bücher gehenden Transaktionen verschaffen der Bank eine beträchtliche Flexibilität, wenn es darum geht, Geschäftsberichte und -abschlüsse auf das gewünschte wirtschaftliche und politische Erscheinungsbild hin zu bearbeiten.

      Wir werden uns hier nicht weiter mit dieser komplexen Materie befassen, und ich möchte damit auch nicht sagen, daß die Banken unverschämt hohe Profite erwirtschaften. Es geht nur darum, daß die weitverbreitete Annahme, der Umfang von Bankprofiten lasse sich grob dadurch abschätzen, daß man die Sparzinsen von den Kreditzinsen abziehe, ein schwerwiegender Irrtum ist.

      Lüge Nr. 2

      Geld ist Macht

      »Geld ist Macht.« Ich erwarte nicht, daß es mir mit Logik allein gelingen wird, Sie davon zu überzeugen, daß es sich bei dieser Redewendung um einen Irrtum handelt. Ich möchte Sie vielmehr zum Zweifeln anregen. Den Rest müssen Sie selbst erledigen, indem Sie Ihre eigenen Erfahrungen kritisch überprüfen und sich auf Ihr tieferes, intuitives »Wissen« verlassen. Überlegen Sie einmal, wie sich die Zeiten, in denen Sie viel bzw. wenig Geld besaßen, zu den Augenblicken verhalten, in denen Sie Ihre ganze Kreativität, Lebenskraft und Inspiration fühlen konnten – sowie zu jenen Zeiten, wo Sie das Gefühl hatten, keine Kraft mehr zu haben.

      Geld ist Macht

      Durch das Fenster meines Hotels in Polignano, auf einem Felsen hoch über dem Meer, blicke ich auf ein kleines Ruderboot. Zwei alte Fischer sitzen sich gegenüber, der weiße Plastikeimer zwischen ihnen im Boot nimmt die gefangenen Fische auf. Sie verwenden keine Angelrute, sondern nur die Leine, die Angelschnur, die sie geduldig in den Händen halten, während das Boot in den Wellen auf und ab hüpft. Nun beschließen sie, zweihundert Meter weiterzurudern. Beide halten ein Ruder in der linken Hand, das sie in perfektem Gleichklang bewegen – der eine sein Ruder nach hinten, der andere nach vorn. Sie sind Meister ihrer Kunst, die Bewegung ist von vollendeter Eleganz und bietet ein Bild von ganz außergewöhnlicher Harmonie.

      Ich wende mich wieder dem Zimmer zu und schalte den Fernseher ein, wo Präsident Bush auf CNN gerade das Gesicht verzieht.

      Wer regiert die Welt? Was hat Macht mit Geld zu tun? Ich befinde mich hier im teuersten Hotel von Polignano. George W. Bush verdient bestimmt viel mehr Geld als ich, aber gewiß auch weniger

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