30 dreiste Lügen über Geld. Peter Koenig

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30 dreiste Lügen über Geld - Peter Koenig

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viele Menschen, die diesen Weg schon gegangen sind, bestätigen können.

      Der Grund für diese vielleicht traurige Feststellung ist der: Solange wir keine Gesellschaft haben, in der die Wirtschaft grundsätzlich auf Werten basiert, das heißt alle Aktivitäten im Zusammenhang mit Unternehmensführung, Investition und Konsum auf Faktoren beruhen, welche die Würde von Mensch und Umwelt achten – und zwar auch die unsichtbaren Aspekte, die einem Projekt eine bestimmte Bedeutung verleihen und Investitionen an Zeit, Energie, Aufmerksamkeit und, ja, Geld erfordern –, so lange werden sich diese Werte auch kaum in den Preisen der Waren widerspiegeln. So ist die gegenwärtige Situation. Im Gegensatz zu dem, was uns die klassische Wirtschaftstheorie glauben machen will, haben wir eine Marktwirtschaft, die alles andere als »perfekt« ist. Der Markt liefert nicht die umfassenden Daten, die zur Qualitätsbewertung notwendig sind, Daten, für die wir vielleicht bezahlen würden, wenn wir wüßten, wo sie zu finden sind. Statt dessen fördert er eine Verbrauchermentalität, wo jeder alles so billig wie möglich bekommen will. Durch die Zinseszinsen auf Geschäftskredite (mit denen wir uns später noch eingehender befassen werden) führt die Preispolitik heute außerdem zu beträchtlichen Verzerrungen im System. Die Folge ist, daß Preise und Werte keinerlei feste Beziehung zueinander haben. Um es mit Oscar Wildes Worten zu sagen, die heute noch genauso zutreffend sind wie damals, als er sie formulierte: »Heute kennt man von allem den Preis, von nichts den Wert.«

      Wenn Sie sich als Unternehmer nun fragen, wie mit dieser Situation umzugehen ist, dann sollten Sie als erstes eine ganz klare Entscheidung treffen: Entweder Sie konzentrieren sich voll und ganz darauf, Geld zu scheffeln – oder darauf, auf Werten basierende Produkte und Dienstleistungen anzubieten. Vielleicht kennen Sie ja Beispiele für die letztgenannte Geschäftsstrategie, auch wenn diese nicht ganz leicht zu finden sind? Diese beiden möglichen Vorgehensweisen sind ganz verschieden, haben jedoch eins gemein: Bei beiden geht es darum, sich voll und ganz auf ein einziges Ziel zu konzentrieren. Die meisten Wirtschaftsunternehmen mischen jedoch beide Strategien zu einem unfruchtbaren Chaos: Sie konzentrieren sich halbherzig darauf, Geld zu verdienen, und versuchen gleichzeitig irgendwie, Mitarbeiter und Kunden mittels Firmenkultur und Werten zu motivieren, oder sie versuchen ganz ehrlich, gewisse Werte zur Grundlage ihrer Unternehmenspolitik zu machen, fühlen sich dann aber gezwungen, im Interesse ihrer finanziellen Ergebnisse Kompromisse einzugehen. Dies ist keine zynische Sicht der Dinge, wie es zuerst scheinen mag, sondern eine schonungslose, wenn auch traurige Einschätzung der objektiven Tatsachen.

      Es ist unmöglich, sich langfristig auf zwei (oder mehr) übergeordnete Ziele gleichzeitig zu konzentrieren und ihnen gleiche Priorität zu geben. Früher oder später kommt es zu einem Konflikt zwischen beiden, so daß eine Entscheidung getroffen werden muß. Gegenwärtig entscheidet man sich da – aufgrund eben der »Lügen«, die dieses Buch aufdecken will – meist unbewußt dafür, den finanziellen Ergebnissen eine höhere Priorität einzuräumen als den Werten. Zwar darf man damit rechnen, daß Preise und Werte sich einander allmählich nähern und Qualität sich irgendwann in Preisen und Werten widerspiegelt, je mehr sich ein Bewußtsein für diese Situation entwickelt, doch ist dies gegenwärtig noch »Zukunftsmusik«!

      Ein letztes Wort zu diesem Thema: Selbst wenn die finanziellen Ergebnisse von Firmen, die bestmögliche Produkte und Dienstleistungen anbieten, völlig unvorhersehbar sind – ihre Nachhaltigkeit ist es nicht. Ein solche Firma überlebt garantiert! Lesen Sie weiter, wenn Sie verstehen wollen, warum …

      Lüge Nr. 6

      Mit Geld sichert man sich seine Existenz

      Kneifen Sie sich mal … ja genau, kneifen Sie sich!

      Mit Geld sichert man sich seine Existenz

      Haben Sie es gemerkt? Sie existieren, ob Sie nun Geld haben oder nicht.

      Mit der Geburt wird Ihnen Leben geschenkt, und dieses Leben sorgt perfekt für Sie und Ihre Bedürfnisse – mit all den damit verbundenen Sicherheiten und Unsicherheiten.

      Was die Frage nach der Sicherheit anbetrifft: Lesen Sie weiter …

      Lüge Nr. 7

      Geld bedeutet Sicherheit

      Die Beziehung zwischen Geld und Sicherheit scheint so selbstverständlich – und sicher – zu sein wie die Luft zum Atmen. Im Englischen nennt man bestimmte Wertpapiere und Effekten sogar »Securities«, Sicherheiten, und im Deutschen spricht man von »finanzieller Absicherung«. Dies ist bestimmt keine Lüge.

      Geld bedeutet Sicherheit

      Dies ist bestimmt eine Lüge. Kein noch so großer Geldbetrag kann ein Gefühl von Sicherheit verleihen … höchstens für einige wenige Minuten.

      Erinnern Sie sich daran, wie es bei den Themen Macht und Glücklichsein funktioniert – oder eher nicht funktioniert. Dort ist ein ähnlicher Mechanismus am Werk. Die Illusion besteht darin, zu glauben, Wohlstand bzw. ein gewisser Betrag an Geld gewährleiste Sicherheit. Einen konkreten Betrag haben Sie dabei meist nicht vor Augen, doch wenn Sie ehrlich sind, müssen Sie zugeben, daß Sie immer ein quälendes Gefühl begleitet, Sie sollten eigentlich etwas mehr Geld zur Seite legen, als Sie es bisher getan haben.

      Es begann mit Ihrem ersten Bankkonto. Der Kontostand fing an zu steigen, was Ihnen zu dieser Zeit ein Gefühl von Sicherheit gab, so daß Sie ein zweites Konto eröffneten, dann ein drittes und schließlich immer mehr. Sie erwarben Wertpapiere, Immobilien und vielleicht auch Kunstwerke und Schmuck. Das »finanzielle Polster« wurde immer dicker – genauso wie die Versicherungen zum Schutz gegen Verlust zahlreicher wurden und deren Organisation und Verwaltung aufwendiger –, bis Sie schließlich, ohne sich dessen bewußt zu sein, mehr Zeit und Energie darauf verwendeten, sich und Ihr Vermögen gegen Verlust zu schützen, als Ihr schönes Leben zu genießen. Diese Schutzmaßnahmen kosten auch immer mehr Geld, so daß Sie logischerweise immer mehr verdienen müssen. Wenn Sie wirklich erfolgreich sind, brauchen Sie nun vielleicht einen kugelsicheren Wagen und eine elektronisch überwachte, von hohen Mauern umgebene Villa – ein Privileg, das ironischerweise meist nur Großkriminellen vergönnt ist. Wer weiß, vielleicht sind Ihre Unternehmungen inzwischen selbst etwas zweifelhaft, ja sogar leicht kriminell …

      Wenn Sie nun in Südamerika leben und es bis in die oberste Liga geschafft haben, lesen Sie dies hier vielleicht in Ihrem Privathubschrauber, auf den Sie nicht mehr verzichten können, da es zu gefährlich geworden ist, Freunde mit dem Wagen zu besuchen. Unmerklich haben Sie sich einen Käfig gebaut, in dem Sie jetzt leben, ohne dies jemals beabsichtigt zu haben.

      Die Ironie des Irrglaubens, Geld bedeute Sicherheit, ist die: Je mehr Sie diese Lüge für bare Münze nehmen – auch wenn Ihre Lebensumstände vielleicht nicht so extrem sind wie hier dargestellt –, desto mehr leben Sie vermutlich in einem selbstgebauten Hochsicherheitsgefängnis. Dies ist natürlich kein Ausdruck von Sicherheit, sondern vielmehr des Gegenteils davon – Unsicherheit.

      Sich dieser Lüge bewußt zu werden, ist der erste Schritt zur Befreiung.

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