Englisch ab Klasse 1 - Grundlage für kontinuierliches Fremdsprachenlernen. Группа авторов

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Englisch ab Klasse 1 - Grundlage für kontinuierliches Fremdsprachenlernen - Группа авторов Giessener Beiträge zur Fremdsprachendidaktik

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die Erwartung verbunden, dass den professionellen Forscher*innen von nun an die Verantwortung übertragen war, Initiativen für den Einstieg in die gemeinsame Arbeit zu ergreifen, den Arbeitsprozess zu strukturieren und zu leiten. Dabei galt es, ein ganzes Bündel Fragen im Auge zu behalten, von denen hier nur einige genannt werden: Wie könnte es gelingen, den unterschiedlichen Interessen gerecht zu werden? Welche besonderen Chancen brachte das komplexe Setting für Forschungen zum frühen Englischunterricht mit sich? Wie könnten sie genutzt werden? Welche Herausforderungen waren zu beachten und wie konnten sie gemeistert werden? Wie müssten die mit dem Auftrag verbundenen Aufgaben und Untersuchungen konkretisiert werden, damit sie unter den gegebenen Bedingungen auch bearbeitet werden konnten? Welche Schwerpunkte sollten gebildet werden? Wer würde für was im Laufe des PROJEKTS Verantwortung übernehmen? Und vor allem: Welche Rolle(n) könnten und wollten die Lehrer*innen, die die wichtigsten Aktanten des PROJEKTS waren, übernehmen? Wie das Forschungskonzept der Gruppe im Einzelnen auf diese und weitere Fragen zu antworten versuchte, wird im Teilkapitel 2.2 dargelegt. Zunächst soll das Verhältnis der professionellen Forscher*innen zu den Lehrer*innen unter Berücksichtigung verschiedener Forschungsansätze, die Anstöße für die Konkretisierung des Forschungskonzepts boten, erörtert werden.

      Das Verhältnis von Theorie und Praxis, von Forschung und Unterricht ist seit Langem Thema fremdsprachendidaktischer und erziehungswissenschaftlicher Diskurse. Nicht nur die Frage, wer unter welchen Bedingungen befähigt ist, fachdidaktisches Wissen zu generieren, sondern wie dieses Wissen zu kategorisieren und zu bezeichnen ist, spielt dabei eine zentrale Rolle (Appel 2000). Clarke hat in einem viel beachteten Beitrag vor mehr als 20 Jahren argumentiert, dass der etablierte Theorie-Praxis-Diskurs der Disziplin für Lehrer*innen dysfunktional sei. Denn diejenigen, die Forschung betreiben und Theorien über das Lehren und Lernen von Fremdsprachen entwickeln und publizieren, sind in der Regel nicht selbst Lehrer*innen und arbeiten nicht selbst in diesen Kontexten. Andererseits wird denen, die täglich lehren, nämlich Lehrkräften, bei der Theoriebildung keine Stimme zugetraut. Ihre Expertise erscheine im Vergleich zu der, die die Theoretiker für sich in Anspruch nehmen, als zweitrangig.

      […] I believe that the profession continues to cast teachers as implementers of dicta rather than as agents in the process of theory construction, curriculum planning, and policy development (Clarke 1994: 10).

      Die Funktionalität dieses Verhältnisses spiegelt sich nicht zuletzt in dem distanzierten bis ablehnenden Einstellungen von Fremdsprachenlehrer*innen gegenüber wissenschaftlichen Konzepten und gegenüber der Forschung (Borg 2006, 2009) wider.

      Verschiedene Ansätze, Lehrer*innen in der Forschung eine Stimme zu verleihen, sind seitdem in Erscheinung getreten. Baileys und Nunans Sammelband Voices from the Language Classroom (1996) kann dabei als direkte Antwort auf Clarkes kritische Anmerkungen gelesen werden. Mit dem Begriff Praxisforschung (vgl. Prengel 2010) lassen sich im deutschsprachigen Raum mehrere Ansätze bündeln. Sie unterscheiden sich in dem Grad, in dem die Lehrer*innen den Forschungsprozess mitbestimmen. Während die Lehrerforschung, wie sie von der Deutschdidaktik verstanden wird, Lehrer*innen bestenfalls als Gesprächspartner*innen der Wissenschaftler*innen konzeptualisiert, die sich von außen dem Praxisfeld nähern (Bräuer / Wieser 2015), bezeichnet derselbe Begriff in der Pädagogik Forschungsaktivitäten, die von den Praktiker*innen initiiert und vorangetrieben werden. Dieses Begriffsverständnis von Lehrer*innenforschung orientiert sich an dem angelsächsischen Konstrukt von Teacher Research (Hollenbach / Tillmann 2009, 2011) und den verschiedenen praktischen Spielarten (Borg /Sanchez 2015), denen auch die Aktionsforschung zuzuordnen ist (Altrichter / Posch 2007, Burns 2010). Je nachdem wie stark die Lehrer*innen in die Forschung involviert sind und diese (mit)bestimmen, ändert sich auch die Vorstellung zum Status der von Praktiker*innen generierten Erkenntnisse. Dies ist vor allem dann von Interesse, wenn Wissenschaftler*innen die „(relative) Außenperspektive“ gegenüber dem Praxisfeld aufgeben und sich zusammen mit Praktiker*innen auf stärker fallbezogene forschende Tätigkeit im Praxisfeld einlassen (vgl. Prengel 2010) und damit gemeinsam dazu beitragen, Unterricht zu verstehen. Angesichts der besonderen Kontextbedingungen des PROJEKS erschienen zwei methodische Ansätze als besonders vielversprechend für die Ausgestaltung des Forschungskonzepts, nämlich Exploratory Practice (Allwright 2003, Allwright / Hanks 2009, Hanks 2017) und Participatory Research Methods (Bergold / Thomas 2012).

      Exploratory Practice ist eine Spielart von fremdsprachendidaktischer Praxisforschung, die auf Unzufriedenheit von Praktiker*innen mit etablierten Formen von Forschung reagiert, indem sie sich für die Integration von Forschung in pädagogisches Handeln einsetzt. Die alltäglichen Praktiken der Lehrer*innen werden dabei als Werkzeuge forschenden Handelns angesehen, mit deren Hilfe es gelingen kann, Unterricht zu verstehen. Allwright und Hanks sprechen von potentially exploitable pedagogic activities (Allwright / Hanks 2009: 157). Das Konzept ruht auf sieben Prinzipien, die hier nur kurz skizziert werden, da wir auf sie im nächsten Teilkapitel zurückkommen werden: Prinzip 1 quality of life for langugae teachers and learners ist das zentrale Anliegen dieser Art Forschung. Was auch immer die Praxisforscher*innen unternehmen, es muss der Qualität des Lebens im Klassenzimmer dienen. Working for understanding(s) (Prinzip 2) betont die forschende Haltung, die Praktiker*innen gegenüber dem eigenen Unterricht einnehmen. Es geht nicht primär darum, Probleme zu lösen, sondern zunächst und vorwiegend darum, die pädagogische Praxis zu verstehen. Prinzip 3, 4 und 5 everybody needs to be involved in the work for understanding, the work needs to serve to bring people together und the work needs to be conducted in a spirit of mutual understanding betonen die Kollegialität des Vorgehens und damit die Chance gemeinsamer Entwicklung, die sowohl kooperierende Wissenschaftler*innen als auch die Lernenden einschließt. Prinzip 6 hebt die Notwendigkeit kontinuierlicher Arbeit hervor. Prinzip 7 formuliert abschließend und mit großem Nachdruck, dass die Forschungsarbeit voll und ganz in die alltägliche Praxis integriert sein muss, mit dem Ziel, die Belastung der Beteiligten zu minimieren und damit Bedingungen für Nachhaltigkeit zu schaffen (Allwright / Hanks 2009: 149-154).

      Während die Vertreter*innen der Exploratory Practice den komplexen und spannungsgeladenen Beziehungen von Wissenschaftler*innen und Praktiker*innen keine besondere Aufmerksamkeit widmen und folglich die Frage nach der Etablierung einer Gemeinschaft der Forschenden weitgehend ausblenden, nimmt die Schaffung eines geschützten Raums (safe space) in der Methodenkonzeption von Bergold / Thomas (2012) eine Schlüsselstellung ein. Gemeint ist ein von allen Beteiligten zu schaffender und im Prozess immer wieder neu zu gestaltender Raum, in dem sich die verschiedenen Aktant*innen ohne Ängste des Gesichtsverlustes auf Augenhöhe begegnen, in dem sie geschützt ihre Sicht der Dinge darstellen, ihre Erfahrungen kommentieren und ihr besonderes Wissen einbringen können. Es geht folglich um einen Raum, in dem alle Beteiligten von und miteinander lernen. Solche Räume sind vor allem dann gefragt, wenn sich Wissenschaftler*innen in Handlungsfelder begeben, in denen ihnen qua Status eine Außenseiterposition zukommt.

      For applied linguists, however, especially for those who locate their work in the professional and workplace context, these relationships are challenging, and often confounded by their very outsider status in relation to the communities and the sites with whom and in which they seek to work (Sarangi / Candlin 2003: 274).

      Erste und vordringliche Aufgabe für die Beteiligten des PROJEKTS war es, einen solchen Beziehungsraum zu schaffen, dessen Genese und Bestimmungsparameter im nächsten Abschnitt dargestellt werden.

      2.2 Parameter für die Entwicklung einer Gemeinschaft der Forschenden (community of inquiry)

      Wie schon gesagt, übernahmen mit der Formalisierung des PROJEKTS die Wissenschaftler*innen die Verantwortung, dieses in Gang zu bringen. Dazu gehörten die Konstituierung eines Leitungsgremiums und die Erarbeitung eines Aktionsplans. Dem Leitungsteam gehörte von Anfang an eine Lehrkraft der PROJEKT-Schulen an, die für ihre Koordinations- und Leitungsarbeit mit einer halben Stelle vom Unterricht freigestellt wurde. Unter Berücksichtigung der besonderen Kontextbedingungen

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