Sprachenlernen und Kognition. Jörg-Matthias Roche
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Auszug aus der Textgrammatik von Weinrich (Weinrich 2005: 184)
Dieser kurze Auszug aus der Textgrammatik illustriert einige Besonderheiten textlinguistischer Ansätze. Zum einen findet Sprache nicht in Silben, Funktionswörtern (wie Artikeln), Wörtern oder Sätzen, sondern immer in Texten statt. Auch wenn diese kurz sind. Hierzu gehört, dass es in der Sprache keine namenlosen Sätze gibt, sondern Sprecher bestimmte Rollen übernehmen: hier deutlich gemacht durch die Sprecherrolle, die Adressatenrolle und die Referenzrolle. In der Tabelle werden dazu die wichtigsten formellen Merkmale zugeordnet. Interessant ist ferner, dass sich diese Textgrammatik im pragmalinguistischen Sinne folgerichtig als Signalgrammatik versteht. Sprecher und Adressat geben sich über sprachliche Symbole Signale zum Austausch ihrer unterschiedlichen Wissensbestände. So wird das Partizip Perfekt zu einer Anweisung an den Adressaten, nach bekannter Information im Vorwissen zu suchen (Rück-Partizip). Wann immer dieses Partizip auftaucht, verweist es also auf vorbekannte oder vorgenannte Information. Auch dieser textlinguistische Ansatz ist in vielerlei Hinsicht ein Vorläufer der kognitiven Grammatik und mit ihr im Unterricht kompatibel. Auch hier stehen die Transparenz, die Funktionalität und die Einfachheit/Plausibilität und Erfahrbarkeit im Vordergrund.
Experiment
Sie sind nun Versuchsleiter und wollen unterschiedliche Lernkonzepte der Zeit- und Raumdarstellung an Ihren Lernern erproben. Formansätze kennen Sie vermutlich schon. Probieren Sie also mal funktionale und textlinguistische Verfahren. Wie gehen Sie vor, was stellen Sie fest?
2.2.4 Zusammenfassung
Anhand der Ausführungen in dieser Einheit können Sie Folgendes erkennen:
Den sprachlichen Formen unterliegen tatsächlich klare Konzepte elementarer Raum- und Zeitdomänen.
In den Zeitkonzepten finden sich die meisten Raumkonzepte wieder.
Die Konzepte basieren auf sprachenübergreifenden Bildschemata (oben – unten, früh – spät, Dauer …), weisen aber sprachtypische Profilierungen und Perspektivierungen auf, etwa die Nicht-Abgeschlossenheit, Wiederholbarkeit und andere.
Aus Erwerbsstudien ergeben sich bestimmte natürliche Reihenfolgepräferenzen unabhängig von den Ausgangssprachen der Lerner.
Eine große Rolle im Erwerb spielt die Salienz und Relevanz der Strukturen in der Zielsprache.
Formale Aspekte der Beschreibung grammatischer Strukturen halten im Wesentlichen nur die Merkmale der Oberfläche fest, zum Beispiel ob in Adverbialen Artikel oder Präpositionen erscheinen und wie sich starke und schwache Verben verhalten können. Für das Lernen einer fremden Sprache steht der Nutzen solcher Beschreibungen nicht wirklich fest.
Eine kontrastive Betrachtung metaphorischer Konzepte von Raum und Zeit hilft, Transparenz zu schaffen und Nachhaltigkeit zu sichern. Form-Funktionsaspekte lassen sich durch Darstellungen der Funktionen und – in den Anfangsphasen – auch durch Chunkingverfahren vermitteln (siehe Kapitel 3).
2.2.5 Aufgaben zur Wissenskontrolle
1 Warum sind Raum und Zeit essentielle oder gar existentielle Kategorien unserer Wahrnehmung?
2 Welche Rolle spielt die individuelle Perspektive eines Sprechers?
3 Wie wirken sich linguakulturelle Weltsichten in Bezug auf die Raum- und Zeitwahrnehmung und ihre sprachliche Realisierung aus?
4 Erläutern Sie die Grundkategorien des Temporalitätsmodells von Reichenbach.
5 Wie spezifiziert Kleins Modell das Grundmodell nach Reichenbach?
6 Was ist unter der deiktischen Dimension zu verstehen?
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