PLATON - Gesammelte Werke. Platon
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Der jüngere Sokrates: Ja.
Fremder: Über diese beiden nun muß ich einen wunderbaren Satz aufzustellen wagen.
Der jüngere Sokrates: Was für einen?
Fremder: Daß die beiden auf gewisse Weise gar sehr mit einander in Feindschaft und Zwietracht stehn in gar vielen Dingen.
Der jüngere Sokrates: Wie meinst du das?
Fremder: Keinesweges freilich eine gewöhnliche Meinung. Denn man sagt ja daß alle Teile der Tugend unter einander freund sind.
Der jüngere Sokrates: Ja.
Fremder: Laß uns also, aber recht wohl aufmerkend, zusehn, ob dies so ganz allgemein gilt, oder ob es nicht auf alle Weise etwas darunter gibt was mit dem Verwandten im Streit liegt.
Der jüngere Sokrates: Ja, sagtest du nur wie wir es untersuchen sollen.
Fremder: In allen Dingen müssen wir wohl alles das aufsuchen was wir schön nennen, es aber in zwei entgegengesetzte Arten aufstellen.
Der jüngere Sokrates: Erkläre dich noch deutlicher.
Fremder: Schnelligkeit und Schärfe, sowohl körperlich als in der Seele und in den Bewegungen der Stimme, und sowohl in diesen selbst als in den Bildern davon und allem was die Tonkunst nachahmend und die Malerkunst in Abbildern darstellt, hievon hast du wohl selbst schon etwas gelobt oder es Andere loben gehört.
Der jüngere Sokrates: Wie sollte ich nicht?
Fremder: Erinnerst du dich auch wohl auf welche Weise sie dies bei allen dergleichen Dingen tun?
Der jüngere Sokrates: Nein.
Fremder: Wenn ich nun nur im Stande wäre, so wie ich es denke es dir auch deutlich zu machen durch die Rede.
Der jüngere Sokrates: Wie solltest du das nicht?
Fremder: Du scheinst so etwas für leicht zu halten. Laß es uns also an den einander fast entgegengesetzten Gattungen betrachten. In gar vielen Handlungen nämlich und gar oft wenn wir uns der Schnelligkeit, Kräftigkeit und Beweglichkeit des Gedankens oder des Leibes oder auch der Stimme erfreuen, benennen wir dies alles lobend mit einem und demselben Namen, nämlich der Tapferkeit.
Der jüngere Sokrates: Wie so?
Fremder: Das ist kräftig und tapfer, pflegen wir ja zu sagen, und schnell und mannhaft und derb eben so, und so oft wir die erwähnte Benennung gemeinsam allen diesen Naturen beilegen, loben wir sie damit.
Der jüngere Sokrates: Ja.
Fremder: Wie aber die ruhige Art des Werdens, loben wir die nicht ebenfalls in vielen Handlungen?
(307) Der jüngere Sokrates: Und gar sehr.
Fremder: Und sprechen wir dieses nicht, indem wir das entgegengesetzte, wie von jenem, aussagen?
Der jüngere Sokrates: Wie das?
Fremder: So oft wir als ruhig und besonnen was im Gemüt vorgeht, bewundernd anführen, und was in Handlungen als langsam und sanft, und was an der Stimme vorkommt als gedämpft und tief, und jede gemessene Bewegung und alles in schönen Künsten wobei zur rechten Zeit Langsamkeit angewendet wird, dann legen wir diesem insgesamt nicht den Namen der Tapferkeit bei, sondern den der Anständigkeit.
Der jüngere Sokrates: Vollkommen wahr.
Fremder: Wiederum aber wenn beiderlei zur Unzeit geschieht, dann wenden wir um und tadeln auch beides, indem wir ihm auch so entgegengesetzte Namen beilegen.
Der jüngere Sokrates: Wie das?
Fremder: Was sich schärfer und schneller und härter als erfordert wird beweist, das nennen wir übermütig und wahnsinnig, das schwerfälligere und weichere aber feigherzig und träge. Und gewiß werden wir fast immer daß dies letztere nebst der besonnenen Natur und die tapfere in dem entgegengesetzten als feindselige Zwietracht hegende Kräfte sich weder mit einander vermischt finden in den für sie gehörigen Handlungen, noch auch werden wir diejenigen, welche sie in der Seele haben, anders als sehr uneins unter einander finden, wenn wir ihnen nachgehn.
Der jüngere Sokrates: Wo meinst du denn?
Fremder: In allem solchen was wir jetzt anführten, und wie du ja denken kannst in noch vielem anderen. Denn sie loben jeder nach seiner Verwandtschaft einiges als das ihnen eigentümliche, und tadeln das der Andersgesinnten als ihnen fremdartig, und geraten dadurch gar sehr und über viele Dinge in Feindschaft.
Der jüngere Sokrates: Das scheinen sie wohl.
Fremder: Oft nun ist die Uneinigkeit dieser Eigenschaften nur ein Scherz, in den wichtigeren Dingen aber wird sie die verhaßteste Krankheit unter allen für die Staaten.
Der jüngere Sokrates: In was für welchen meinst du?
Fremder: Wo es auf die Anordnung des gesamten Lebens ankommt. Denn die ausgezeichnet sanften sind auch immer darauf bedacht ein stilles Leben zu führen, indem sie ganz für sich nur ihre eignen Angelegenheiten besorgen, und sowohl zu Hause mit Allen auf diese Art umgehen, als auch mit andern Staaten gleichermaßen bemüht sind immer auf irgend eine Art Frieden zu halten. Und vermöge dieser Neigung, wenn sie unzeitiger ist als sie sollte, werden sie, wenn sie nach ihrem Willen handeln können, unvermerkt selbst unkriegerisch, wie sie auch die Jünglinge gleichfalls zu solchen machen, und fallen daher jedem Angreifenden anheim, wodurch sie dann in gar wenig Jahren mit ihren Kindern und dem gesamten Staate oft aus Freien unvermerkt Knechte geworden sind.
(308) Der jüngere Sokrates: Einen bösen und schlimmen Erfolg gibst du an.
Fremder: Wie aber die mehr zur Tapferkeit sich neigenden? reizen die nicht ihren Staat immer zu irgend einem Kriege an wegen ihrer mehr als gut ist heftigen Begierde nach einem solchen Leben, und verwickeln ihn dadurch mit vielen und Mächtigen in Feindschaft, ja bringen wohl gar ihr Vaterland ins Verderben und in die Knechtschaft und Gewalt seiner Feinde?
Der jüngere Sokrates: Auch das geschieht.
Fremder: Wie sollten wir also nicht sagen, daß hierin beide Arten immer viel Feindschaft und Streit gegen einander unterhalten von der heftigsten Art?
Der jüngere Sokrates: Auf keine Weise können wir das läugnen.
Fremder: Also was wir von Anfang suchten das haben wir gefunden, daß nicht unwichtige Teile der Tugend unter einander uneins sind von Natur, und auch die welche sie besitzen eben dazu machen.
Der jüngere Sokrates: Das scheinen