PLATON - Gesammelte Werke. Platon

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PLATON - Gesammelte Werke - Platon

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mittelbar zu erlangenden richtigen Vorstellung, und der allemal und in allen Dingen nur unmittelbaren Erkenntnis.

      Dies bahnt ferner den Weg zu dem letzten Versuch, welcher hier angestellt wird, um die Erkenntnis zu begreifen, nämlich von der Annahme aus, sie sei die mit der Erklärung verbundene richtige Vorstellung. Auch hier besetzt abermals bei weitem den meisten Raum eine genau betrachtet nur beiläufige Untersuchung über ein angenommenes durchaus aber nicht haltbares entgegengesetztes Verhalten des Einfachen und des Zusammengesetzten zu der Erkenntnis in dem aufgestellten Sinne, und sodann wird wiederum der Satz selbst nach den beiden Bedeutungen der Erklärung, welche Platon vorzüglich unterscheidet, sehr leicht abgefertigt, indem sogar die Widerlegung der letzten auch für die erste gilt.

      Wunderbar kunstvoll ist, wenn man diese einzelnen Hauptglieder gegen einander hält, die gleichförmig durchgeführte Bauart des Ganzen und der einzelnen Teile. Wie verengt erscheint, um gleich bei dem letzten anzufangen, am Ende, verglichen mit dem Anfange, das Gebiet, in welchem die Erkenntnis noch gesucht, wenn gleich auch nicht gefunden wird; und wie nahe ist zuletzt, was abgesehen von den Ideen bloß vom sinnlichen Eindruck ausgeht, bis zu einer täuschenden Ähnlichkeit mit der Erkenntnis gebracht, bis zu welcher es doch niemals sich erheben kann. Es darf gesagt werden, daß diese drei Übergänge von der bloßen Wahrnehmung, wie sie hier dargestellt wird, zur richtigen Vorstellung überhaupt, und von dieser zu derjenigen, welche ausführlich und deutlich genug ist, um eine Erklärung zu gestatten, uns eine Stufenfolge bilden von der schlichtesten und so zu sagen rohesten bis zur verfeinertsten Ansicht des gemeinen Bewußtseins, so daß es überall mit seinen Ansprüchen auf Erkenntnis abgewiesen, und zuletzt eine Frage aufgestellt wird, welche offenbar auf die Notwendigkeit eines entgegengesetzten Prinzips hindeutet, überall aber auch das Gebiet, wo jenes niedere Bewußtsein wahr ist, ihm angewiesen und das Richtige zugestanden und bestimmt wird, was selbst die Formeln enthalten, in denen jene unstatthaften Ansprüche ausgedrückt werden. Denn man darf keinesweges glauben, was in den verschiedenen Teilen des Gespräches gewonnen wird, durch Ausführung von Einwürfen, welche Sokrates hernach selbst wieder fallen, oder gar durch den Theaitetos widerlegen läßt, oder durch Untersuchungen, die in Beziehung auf den unmittelbar vorliegenden Gegenstand nur beiläufig sind, und abgebrochen werden, daß dieses auch alles gänzlich fallen solle und nichts sein. Vielmehr ist dies Alles gar wohl zu verwahren und zu gebrauchen, worauf aber besser für jedes Einzelne an seiner Stelle in den Anmerkungen kann hingedeutet werden. Grade so nun ist jeder von den einzelnen Teilen auch gebaut. Der Protagoreische Satz zum Beispiel wird bei jedem neuen Ansatz des Gespräches feiner ausgearbeitet, und zuletzt stellt sich ihm die Frage entgegen von den Meinungen über das Zukünftige in der Gegenwart. Eben so wird teils die Vorstellung selbst immer merklicher von der Wahrnehmung abgelöset, zumal in Beziehung auf die Zahlenlehre, wobei nur ja jeder Leser an den Platonischen Satz denken muß, dessen sich seine Schüler gewiß erinnerten, daß nämlich der Größenlehre überhaupt die reine Erkenntnis abgehe, und der Rang der höchsten Wissenschaft ihr nicht zukomme. Teils auch wird der Begriff der falschen Vorstellung aus der rohen Gestalt, in der er gewöhnlich sophistisch abgehandelt wurde, durch den vermittelnden der Verwechselung ausgeschält. Zuletzt aber zerfällt die ganze Erklärung der Erkenntnis durch die Frage, wie wohl selbst diejenige richtige Vorstellung Erkenntnis sein könne, welche am allgemeinsten und authentisch als richtig anerkannt wird. Dasselbe geschieht zuletzt dem Begriff der Erklärung, der recht aus der tiefsten Eigentümlichkeit der hellenischen Sprache aufgefaßt, und in seinen verschiedenen Abstufungen dargestellt wird, für den eigentlichen Zweck des Gesprächs aber doch weggeworfen wird durch die Frage, wie doch die Vorstellung des Eigentümlichen der Vorstellung überhaupt fehlen oder die Erkenntnis desselben die Erkenntnis überhaupt erklären könne. Ja wie auf diese Art jede einzelne ausführlich und ernsthaft geführte Untersuchung am Ende sehr plötzlich ordentlich verlacht wird: so kann man sagen, das letzte Ende verlacht eben so plötzlich den Gegenstand des ganzen Gespräches, in wiefern doch auf Erklärung der Erkenntnis die Frage gerichtet war, wenn gleich nach der Verschiedenheit der Zeiten und des Alters dieses Verlachen nicht so triumphierend angekündigt wird als im »Protagoras«; eine Vergleichung, welche wohl leicht Jedem einfällt, da in der Tat die Frage von der Erklärbarkeit der Erkenntnis theoretisch ganz dieselbe ist, wie praktisch die von der Lehrbarkeit der Tugend.

      Dieselbe Gleichförmigkeit findet sich noch in einer andern Hinsicht. Wie nämlich fast bei jeder Behandlung einer einzelnen Frage in diesem Gespräch eine Abschweifung vorkommt, in welcher grade auf das Wahre und Rechte, welches in der Abhandlung selbst nirgends hervortritt, deutlich hingewiesen wird: so ist auch in das Ganze selbst eine große Abschweifung gesetzt, welche diese Andeutungen in Masse enthält, für die unmittelbare Fortschreitung des Gesprächs aber eine höchst willkürliche Unterbrechung zu sein scheint, nicht ungezwungener herbeigeführt und nicht besser in Maß und Zügel gehalten, als jene wohl mit Recht so sehr getadelte im »Phaidros«, die ganze Stelle nämlich vor der letzten Widerlegung des Protagoreischen Satzes, wo der Unterschied zwischen den Zöglingen der Philosophie und denen der Rhetorik und ähnlicher Künste gezeichnet wird, und das Göttliche, Wahre und Gute in seiner eigentümlichen, der Beschränktheit auf das Persönliche ganz entgegengesetzten Natur hervortritt. Und zwar absichtlich scheint diese Abschweifung bald an den Anfang gestellt, damit wenigstens der aufmerksame Leser einen hellen Punkt habe, vermittelst dessen er sich in den verschlungenen Irrgängen des Gesprächs zurechtfinden könnte.

      Durch diesen schließt sich nun auch der »Theaitetos« unmittelbar und fast einzig unter den früheren Gesprächen als Fortsetzung wiewohl von dem entgegengesetzten Punkte aus an den »Parmenides« an, wie denn überall andere Beziehungen auf frühere Werke in dem, was zum Wesentlichen des Gesprächs gehört, nicht vorkommen. Diese aber sind merkwürdig. Schon die Art, wie nicht nur die Eleatische Lehre der Ionischen, sondern auch Parmenides den übrigen Eleatikern entgegengestellt wird, läßt sich kaum anders verstehen, als daß eben diese übrigen, zumal der besonders genannte Melissos, dem Platon eben so sehr von der Wahrheit abzuweichen schienen als die Ionier, denen er doch auch in Vergleich mit denen, welche alles mit Händen greifen wollen, eine wahrhaft philosophische Tendenz zuschreibt. Wenn nämlich die Ionier, wie er sich ausdrückt, auch das Unbewegliche bewegten: so wollten vielleicht die Eleatiker meistenteils auch das Unaufhaltsame in Ruhe bringen, und nur Parmenides schien durch seinen Gegensatz zwischen dem einzusehenden und dem erscheinenden, von dem uns leider nur rohe Umrisse und einzelne Spuren geblieben sind, den rechten Weg betreten oder wenigstens geahndet zu haben, wiewohl auch gegen seine Lehre Platon Ausstellungen machen wird in einem folgenden Gespräch. Auch in dem, was Platon hier von ihm sagt, entdeckt man leicht das Vorhaben, bei einer künftigen Gelegenheit die Parmenideische Lehre gründlicher zu behandeln, kurz eine Ankündigung dessen, was er hernach im »Sophistes« geleistet hat. Zugleich aber liegt darin fast ein stillschweigendes Preisgeben des Zenon, der von den übrigen, die Sokrates nicht eben großer Achtung würdiget, keinesweges ausgenommen wird, und ein Wink, wie wenig Jemand wagen dürfe, den Parmenides zum Gegenstand seines Spottes zu machen, und wie schwer es wäre, zu dem wahren Inhalt seiner Lehre durchzudringen. Beides bezieht sich offenbar genug auf das gleichnamige Gespräch, und auf mancherlei aus diesen Andeutungen ziemlich leicht zu erratende Mißgriffe in dem Verständnis desselben. So kommen auch ohne besondere Erwähnung desselben anderwärts mehrere von den im »Parmenides« durchgeführten Gegensätzen wieder vor, zum Teil mit Erläuterungen begleitet über das, was dort in möglichster Kürze kahl hingestellt worden. So daß sich auf alle Weise auch hierdurch die Stellung des »Theaitetos« zwischen dem »Parmenides« und »Sophistes« rechtfertigt. Außer diesen kommen nur noch, wie sie im Ganzen liegen, so auch im Einzelnen mehrere Beziehungen auf den »Gorgias« vor, unter denen auch einzeln betrachtet die, welche ihn voraussetzen, bei weitem die Oberhand haben über die, welche das Ansehn haben, als müsse der »Theaitetos« vor den »Gorgias« gestellt werden.

      In zweierlei sind übrigens beide Gegenstücke einander noch besonders ähnlich. Einmal, daß in beiden beiläufig mancherlei ganz gleichartiges vorkommt. So werden auch im »Theaitetos« große Stellen aus der »Verteidigung des Sokrates« wiedergebracht und gleichsam kommentiert; denn auch auf eine eigne Weise, die doch fast verbürgt, daß er irgend eine kleine Blöße in dieser Hinsicht irgendwo muß gegeben haben, läßt er sich darüber aus, wie höchst natürlich und sehr zu verzeihen einem Philosophen die

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