PLATON - Gesammelte Werke. Platon
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Kratylos: Es hilft wohl nicht, glaube ich, weiter zu streiten, Sokrates. Denn mir gefällt es nun nicht, zu sagen es sei etwas zwar ein Wort, es sei aber nicht recht abgefaßt.
Sokrates: Gefällt dir etwa das nicht, daß das Wort eine Darstellung des Gegenstandes sein soll?
Kratylos: Dieses, o ja.
Sokrates: Aber daß einige Wörter aus früheren zusammengesetzt, andere aber Stammworte sind, scheint dir das nicht richtig gesagt zu sein?
Kratylos: O ja.
Sokrates: Aber wenn die Stammwörter Darstellungen von etwas sein sollen, weißt du eine andere bessere Art wie sie Darstellungen sein können, als wenn man sie möglichst so macht, wie dasjenige, was sie ausdrücken sollen? Oder gefällt dir die Art besser, welche Hermogenes vorträgt, und viele Andere, daß die Wörter Verabredungen sind, und nur darstellen für die Verabredenden, denen die Dinge vorher bekannt sind, und daß also die Richtigkeit der Wörter nur hierin liege, im Vertrage, und es gar keinen Unterschied mache, ob Jemand sie so festsetze, wie sie jetzt bestehen, oder auch ganz entgegengesetzt, was wir jetzt klein nennen, groß nenne, und was wir groß klein? Welche von beiden Weisen gefällt dir?
(434) Kratylos: Bei weitem und ohne Frage ist es vorzüglicher, Sokrates, durch ein Ähnliches darzustellen, was Jemand darstellen will, als durch das erste beste.
Sokrates: Wohl gesprochen. Wenn also nun das Wort dem Gegenstande ähnlich sein soll: so müssen notwendig auch von Natur den Gegenständen die Buchstaben ähnlich sein, aus denen man die Stammwörter zusammensetzen muß. Ich meine es so. Könnte wohl Jemand, wovon wir auch schon sprachen, ein Gemälde irgend einem Dinge ähnlich ausarbeiten, wenn nicht schon von Natur die Färbemittel, aus denen das Gemälde zusammengesetzt wird, jenen Dingen ähnlich wären, welche die Malerei nachahmt? Oder wäre das unmöglich?
Kratylos: Unmöglich!
Sokrates: Eben so demnach würden auch die Wörter nie irgend einem Dinge ähnlich werden, wenn nicht zuvor jenes, woraus die Wörter müssen zusammengesetzt werden, eine gewisse Ähnlichkeit hatte mit dem, dessen Nachbildungen die Wörter sind. Zusammengesetzt aber müssen sie werden aus Buchstaben?
Kratylos: Ja.
Sokrates: Nimm du also nun auch Teil an dem, was ich vorher mit Hermogenes ausführte. Dünkt dich, daß wir Recht haben zu sagen, das R gehöre sich für den Strom und die Bewegung und das Reiten? oder nicht Recht?
Kratylos: Recht dünkt mich.
Sokrates: Das T aber für das feste und haltende und was wir damals mehr anführten?
Kratylos: Ja.
Sokrates: Weißt du auch wohl, daß wo wir war sagen, andere Gegenden sagen was?
Kratylos: Freilich.
Sokrates: Sind nun r und s beide einem und demselben ähnlich, und stellt das Wort dasselbe dar für jene, denen es sich mit dem s, und für uns, denen es sich mit dem r endiget? oder stellt es für den einen Teil nicht dar?
Kratylos: Es stellt gewiß allen beiden dar.
Sokrates: Etwa in wiefern r und s ähnlich sind, oder in wiefern nicht?
Kratylos: In wie fern sie ähnlich sind.
Sokrates: Sind sie das denn aber ganz und gar?
Kratylos: Vielleicht um die Zeitbewegung darzustellen.
Sokrates: Ist es auch so mit dem t in Reiten? Drückt das nicht das Gegenteil der Bewegung aus?
Kratylos: Vielleicht ist das auch nicht richtig in dem Worte, und wie du auch oft, als du vorher mit dem Hermogenes sprachest, Buchstaben herausnahmst und hineinsetztest wo es nötig war, und das dünkte mich ganz richtig, so sollte man auch dort vielleicht statt des t ein r setzen.
Sokrates: Wohl gesprochen. Aber wie weiter? so wie wir jetzt sprechen, verstehen wir etwa so einander nicht, wenn einer reiten sagt, und verstehst du mich auch jetzt nicht, was ich meine?
Kratylos: Ich verstehe es wohl, weil ich es gewohnt bin, Liebster.
Sokrates: Und wenn du Gewohnheit sagst, glaubst du etwas anderes zu sagen als Verabredung? Oder meinst du unter Gewohnheit etwas anderes, als daß ich wenn ich dieses Wort ausspreche jenes denke, und daß du erkennest daß ich jenes denke? Meinst du nicht das?
Kratylos: Ja.
Sokrates: Wenn du es nun indem ich es ausspreche erkennest, so wird es dir ja durch mich kund gemacht?
Kratylos: Ja.
(435) Sokrates: Und zwar durch das dem Unähnliche, was ich mir denke und aussprechen will, wenn doch das t dem was du reiten nennst unähnlich ist. Wenn sich aber dies so verhält, wie kann es anders sein, als daß du es mit dir selbst so verabredet hast, und so wird dir doch Verabredung der Grund der Richtigkeit der Wörter, da ja die unähnlichen Buchstaben nicht weniger als die ähnlichen kund machen, sobald sie Gewohnheit und Verabredung für sich haben. Und wenn denn auch ja Gewohnheit nicht Verabredung ist: so ist es deshalb doch nicht richtig zu sagen, daß in der Ähnlichkeit die Darstellung liege, sondern in der Gewohnheit müßte man sagen, denn diese wie es scheint stellt dar, durch Ähnliches wie durch Unähnliches. Wenn wir dieses nun eingestehen, Kratylos, denn ich will dein Stillschweigen als ein Geständnis annehmen: so würden ja notwendig auch Verabredung und Gewohnheit etwas beitragen zur Kundwerdung der Gedanken, indem wir sprechen. Denn, Bester, wenn du nur an die Zahlen gehn willst, woher willst du wohl den einzelnen Zahlen lauter ähnliche Namen beizulegen haben, wenn du nicht auch deiner Übereinkunft und Verabredung etwas einräumen willst bei Bestimmung der Richtigkeit der Worte. Denn mir ist es auch gar recht, daß nach Möglichkeit die Namen den Dingen sollen ähnlich sein; allein wenn nur nicht in der Tat, wie Hermogenes vorher sagte, dieser Strich, der Ähnlichkeit nach, gar zu dürftig ist, und es notwendig wird, jenes gemeinere, die Verabredung, mit zu Hülfe zu nehmen bei der Richtigkeit der Worte. Denn auf das bestmögliche werden sie wohl gebildet sein, wenn jedes ganz oder größtenteils aus ähnlichen Buchstaben besteht, denn das sind doch die gehörigen, und aufs schlechteste, wenn das Gegenteil eintritt. Das aber sage mir noch hiernächst, was für ein Vermögen die Wörter eigentlich haben, und was wir sagen sollen, daß sie uns schönes ausrichten?
Kratylos: Mich dünkt, daß sie lehren, Sokrates, und daß man ohne Einschränkung sagen kann, wer die Wörter verstehe, der verstehe auch die Dinge.
Sokrates: Vielleicht meinst du das wohl so, Kratylos, daß wenn einer ein Wort recht versteht wie es eigentlich ist, und es ist eben wie das Ding, er dann auch das Ding verstehen wird, da es ja dem Worte ähnlich ist, und doch eine und dieselbe Kunst für alles gilt was einander ähnlich ist. In dieser Beziehung, dünkt mich, könntest du sagen, daß, wer die Wörter versteht, auch die Dinge verstehn werde.
Kratylos: Ganz vollkommen richtig.
Sokrates: