Narrenschwämme. Jochen Gartz

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Narrenschwämme - Jochen Gartz

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in der geschriebenen Geschichte, nämlich 1957, wieder als Fruchtkörper in das öffentliche Bewusstsein getreten. Valentina und Gordon Wasson wurden zu den Heroen der neo-mykophilen Bewegung.

      Zurück in die Alte Welt: So wunderbar wie die Offenbarungen der psychedelischen Pilze, so wunderbar war die Erkenntnis, dass unsere einheimischen, gewöhnlich als ungenießbar geltenden „Narrenschwämme“ mit den mexikanischen Zauberpilzen, dem Fleisch der aztekischen Götter, nahe verwandt sind. Die Seelen der mexikanischen und deutschen Zauberpilze sind aus demselben Stoff gemacht, dem Psilocybin.

       Neue Narren braucht das Land

      Es ist der ganz große Verdienst von Jochen Gartz, sich dieser Narrenschwämme angenommen zu haben, sie wissenschaftlich untersucht und getestet zu haben. Bei einer Forschung wie dieser, die dem vorliegenden Buch zugrunde liegt, bedarf es eines unerschrockenen, mutigen und tapferen Bewusstseins, frei von Voreingenommenheit und Mykophobie. Ich bin überzeugt davon, dass das forscherische Bewusstsein, vom Geist des Pilzes durchtränkt, zu weitaus tieferen und wertvolleren wissenschaftlichen Erkenntnissen gelangt als der distanzierte Lehnstuhlprofessor, der sich an unseren Steuergeldern sattfrisst.

      Ich habe Jochen Gartz kurz nach dem Fall der Mauer beim 3. Symposium des Europäischen Collegiums für Bewusstseinsstudien (ECBS) in Freiburg kennengelernt. Es war für mich der erste Kontakt zu einem Wissenschaftler aus der damaligen DDR. Jochens enthusiastischer Vortrag wurde eine echte Bewusstseinserweiterung und Grenzüberschreitung. Die Pilze sprachen durch ihn – frei von jeglicher Ideologie – ganz anarchisch, wie diese Wunderwesen nun mal sind. Die neuen Narren brauchen dieses Buch als Begleiter in das Wunderland der Narrenschwämme.

       Christian Rätsch

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      Abb. 2 Anthropomorphen beim Pilztanz. Felszeichnung aus Tassili (Sahara, Algerien). Einzelnen dieser Zeichnungen wird ein Alter von weit über 12 000 Jahren zugeschrieben.

       Vorwort

       zur ergänzten Neuausgabe 2021

      Im Rahmen der Neuausgabe eines so unetbehrlichen Werks wie dem vorliegenden ist es wichtig, zumindest die essentiellsten Ergänzungen vorzunehmen; immerhin ist der Band bereits im Jahr 1999 erschienen. Ein Buch, das u.a. eine konzise Übersicht über die in europäischen Gefilden vorkommenden Psilocybin produzierenden Arten liefern soll, muss daher vollständig sein – schon weil der potenzielle Leser einen gewissen Anspruch darauf hat.

      Leider konnte Jochen Gartz die Revision des Werks nicht mehr selbst umsetzen, er erlag am 15. Oktober 2020 einer erst kurz zuvor diagnostizierten Erkrankung. Daher haben wir entschieden, der Vollständigkeit halber eine Monographie des 2014 von Jochen Gartz und Georg Wiedemann entdeckten Pilzes Psilocybe germanica einzufügen und den Rest des Buches im Original zu belassen. Der neu entdeckte Pilz ist höchst interessant, vor allem die Tatsache, dass er bis zur Entdeckung durch die Mykologen vollständig unbekannt gewesen war. Psilocbe germanica teilt, obwohl er ein Holzzersetzer ist, das biochemische Profil mit dem Spitzkegeligen Kahlkopf Psilocybe semilanceata, was ebenfalls beachtenswert ist.

      Georg Wiedemann war so freundlich, Fotos der Art für die Neuausgabe dieses Buches zur Verfügung zu stellen.

      Markus Berger, Oktober 2021

       Einleitung

      Mehrere Jahre nach der interdisziplinären Erforschung der kultischen Verwendung von mexikanischen Pilzarten durch R. G. Wasson, R. Heim und A. Hofmann, die im Bericht über die Isolierung, Strukturaufklärung und Synthese der Wirkstoffe Psilocybin und Psilocin aus dem Jahre 1958 gipfelte, gelang auch der Nachweis dieser Substanzklasse in einer europäischen Pilzart. Der Spitzkegelige Kahlkopf (Psilocybe semilanceata) erwies sich als erste Spezies einer Kette von Neuentdeckungen psychotroper Pilze, die zunehmend aus anderen Gattungen beschrieben wurden.

      Ich hatte das Glück, im Rahmen meiner analytischen Arbeit der Bestimmung von Naturstoffen bei der Erforschung der Alkaloide diverser Arten mitzuwirken und glaube, dass es an der Zeit ist, die neuen Erkenntnisse aus Mykologie, Taxonomie und Naturstoffchemie zusammenfassend darzustellen.

      Die Geschichte der Erforschung der mexikanischen Arten ist bereits durch Wasson und seine Nachfolger allseitig beleuchtet worden, so dass auf eine Wiederholung in diesem Rahmen verzichtet werden konnte. Dagegen werden Aspekte der neueren Anwendung der Pilze sowie ihre Wachstumsbedingungen näher behandelt.

      Anliegen des Buches ist es, Impulse für die weitere Erforschung dieser Pilze und der daraus gewonnenen Wirkstoffe in Grundlagenforschung und Medizin zu geben.

      Dem an einer weiteren Durchdringung des Stoffes interessierten Laien oder Fachwissenschaftler wird das umfangreiche Literaturverzeichnis helfen, in das sehr komplexe Wissensgebiet noch tiefer einzudringen.

       Jochen Gartz

      Abb. 3 Darstellung der Psilocybe semilanceata durch Sowerby (London 1803).

      Abb. 4 Text zu obenstehender Abbildung.

      Abb. 5 Psilocybe semilanceata in Deutschland und angrenzenden Gebieten (nach Krieglsteiner).

      Abb. 6 und 7 Beschreibung der Psilocybe semilanceata aus dem letzten Jahrhundert (6 oben), die dann anno 1962 als „wertlos“ klassiert wird (7 unten).

       1. Narrenschwämme oder Fleisch der Götter

       Gedanken zur Geschichte und Erforschung von Zauberpilzen

       „Zu gering ist kein Ding, selbst kein Pfifferling.“

      Altes Sprichwort

      Es ist erstaunlich, dass bedeutend mehr bewusstseinsverändernde Naturprodukte den Völkern auf dem amerikanischen Kontinent bekannt waren, als es sich für die frühen Kulturen Europas und Asiens nachweisen lässt. Die Existenz von bedeutend weniger Pflanzen mit halluzinogener Wirkung in Europa lässt sich botanisch nicht begründen. Auch die immer umfangreicher werdende Zahl europäischer Pilzarten mit Psilocybin als Inhaltsstoff, die erst in den letzten Jahren entdeckt wurden, beweist das Vorkommen einer psychotropen Mykoflora bei uns, die der anderer Länder vergleichbar ist.

      Da nicht anzunehmen ist, dass die Menschen der Frühzeit in Europa sich

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