Meteorologie. Hans Häckel
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Das erste internationale Klimanetz, das auch den Niederschlag in seinem Beobachtungsprogramm enthält, wurde 1780 von Kurfürst Karl Theodor von Bayern und der Pfalz ins Leben gerufen. Es 383 umfasste 39 Stationen und reichte von Massachusetts (USA) bis zum Ural und von Grönland und Südskandinavien bis nach Italien.
1Atmosphäre
Die Meteorologie gehört zu den Wissenschaften, die sich mit der Atmosphäre der Erde beschäftigen. Es ist daher angebracht, sich zunächst einige grundsätzliche Gedanken über eine solche Gashülle zu machen und wenigstens in Umrissen ihren Entstehungsweg und ihre Geschichte zu skizzieren.
1.1Allgemeines über Atmosphären
Betrachtet man die Himmelskörper in unserem Sonnensystem, so fällt auf, dass Atmosphären keineswegs eine Selbstverständlichkeit sind. So hat beispielsweise gleich unser nächster Nachbar im Raum, der Mond, keine Atmosphäre.
Es drängt sich daher die Frage auf, woher es kommt, dass die Erde von Luft umgeben ist, der Mond dagegen nicht. Die Antwort darauf gibt uns die Physik in der kinetischen Gastheorie. Danach bewegen sich die Teilchen eines Gases im Mittel umso schneller, je höher ihre Temperatur ist. Weiter sagt diese Theorie, dass bei gleicher Temperatur die schweren Teilchen langsamer und die leichten Teilchen schneller fliegen.
Aus Nachbarwissenschaften
Nach der molekularkinetischen Theorie ist die Temperatur ein Ausdruck für die Intensität der Molekularbewegung. Die mittlere Molekulargeschwindigkeit beträgt bei:
0 °C | 100 °C | ||
H2: | 1840 | 2153 m/s | |
O2: | 460 | 539 m/s | |
CO2: | 393 | 450 m/s |
Da die Bewegungsrichtung der Moleküle in einem Gas den Regeln der Statistik folgt, muss jede Richtung vorkommen. Auf eine Atmosphäre bezogen bedeutet das, dass sich zu jedem Zeitpunkt ein Teil der Moleküle von der Oberfläche des Himmelskörpers weg nach oben bewegt. Haben sie dabei eine Geschwindigkeit, die ausreicht, seine Anziehungskraft zu überwinden, so können sie ihm entfliehen und in den Weltraum hinaus verschwinden. Im realen Fall ist ein solcher Vorgang natürlich viel komplizierter als hier dargestellt, jedoch ist das Ergebnis das gleiche. Ob um einen Himmelskörper eine dauerhafte Atmosphäre existieren kann, hängt also zunächst davon ab, ob er in der Lage ist, mit seiner Schwerkraft die Gasmoleküle genügend fest an sich zu ziehen oder nicht.
Die erste Voraussetzung für eine Atmosphäre ist also zwangsläufig eine ausreichende Größe des Himmelskörpers. Ist er zu klein und damit seine Anziehungskraft zu schwach, dann diffundieren die Gase weg, und es kann sich keine Atmosphäre halten.
Die zweite Voraussetzung ist, dass die Temperatur an der Oberfläche des Himmelskörpers nicht zu hoch ist. Wenn es dort sehr heiß ist, haben die Gasteilchen eher die Chance, eine Geschwindigkeit zu erreichen, die ihnen das Entfliehen ermöglicht, als wenn es kühl ist. Der Temperaturgrenzwert ist natürlich bei jedem Himmelskörper anders. Bei einem großen mit stärkerer Gravitation liegt er höher als bei einem kleinen.
Drittens muss das unterschiedliche Verhalten der verschiedenen Gase berücksichtigt werden. Da die Moleküle mit den kleinen Molekulargewichten schneller sind als die mit den großen, gelingt es ihnen eher, den Fesseln der Gravitation zu entkommen, als den anderen. Wasserstoff und Helium werden also leichter wegdiffundieren als Stickstoff, Sauerstoff und Kohlendioxid.
Vergleicht man die Himmelskörper unseres Planetensystems unter diesen drei Gesichtspunkten, so kommt man zu folgendem Gesamtbild: Der Mond ist wesentlich kleiner als die Erde. Seine Schwerkraft beträgt nur 17 % der Erdschwere. Gleichzeitig erhitzt er sich auf der sonnenbeschienenen Seite bis über 130 °C. Zum Vergleich: Auf der Erdoberfläche werden 40 °C nur unter extremen Bedingungen überschritten. Der Mond hat deshalb keine Möglichkeit, eine Atmosphäre festzuhalten.
15 Die Erde dagegen kann die schwereren Gase bereits an sich binden, die leichten aber entfliehen auch ihrer Schwerkraft. Erst die großen Planeten wie etwa Jupiter und Saturn vermögen auch so leichte Gase wie Wasserstoff und Helium in größeren Mengen in ihrer Atmosphäre zu halten.
Die Betrachtungen über Atmosphären von Himmelskörpern in unserem Sonnensystem wurden bewusst sehr stark vereinfacht. Tatsächlich handelt es sich dabei um komplizierte und längst nicht vollständig geklärte physikalische Probleme.
1.2Geschichte der Erdatmosphäre
Es wäre ein großer Irrtum zu glauben, die Erdatmosphäre sei irgendwann einmal entstanden und dann bis heute unverändert erhalten geblieben. Sie hat vielmehr eine bewegte Geschichte hinter sich, in der sich ihre chemische Zusammensetzung mehrfach von Grund auf geändert hat. Abbildung 1.1 zeigt schematisiert die chemischen Veränderungen im Verlauf der Atmosphärengeschichte.
Abb. 1.1 Geschichte der Erdatmosphäre.
Präsentation
Wer sich die Geschichte der Erdatmosphäre gerne in Form einer Power-Point-Präsentation anschauen möchte, findet dazu Gelegenheit über den Link.
https://elibrary.utb.de/doi/suppl/10.36198/9783838555041
Die Bildung der ersten Atmosphäre ist eng verknüpft mit der Entstehung des Erdkörpers und des Sonnensystems. Vor etwa 4,6 Mrd. Jahren rotierte im Weltall eine riesige, kugelförmige, sich aber allmählich verflachende Wolke aus kos 16 mischen Gasen, Staubpartikeln und größeren Materiebrocken. In diesem wogenden und wabernden Gebilde kam es zu unzähligen Zusammenstößen zwischen Materieteilchen verschiedenster Größe. Und bei vielen dieser Zusammenstöße bewirkte die Schwerkraft der Teilchen nicht nur ein Zusammenprallen, sondern auch ein Zusammenballen zu immer größeren Klumpen. Je größer ein Brocken wurde, desto größer wurde auch seine Schwerkraft, sodass er immer mehr Materie aus seiner Umgebung an sich reißen konnte. Keppler (1988) vergleicht diesen Vorgang sehr anschaulich mit dem Verlauf eines Monopoly-Spiels. Auf diese Weise wuchsen die Sonne, die Planeten, die zahlreichen Planetoiden und die Kometen heran. Innerhalb von etwa 10 Mio. Jahren hatten sie es geschafft, das Sonnensystem sozusagen leerzufegen.
In diese Zeit fällt wahrscheinlich auch die Entstehung einer ersten Erdatmosphäre, die häufig als Uratmosphäre bezeichnet wird. Sie muss sich gebildet haben, als der Erdkörper groß genug geworden war, eine Gashülle an sich zu binden. Sie dürfte sich aus den gleichen Gasen mit den gleichen Konzentrationen zusammengesetzt haben, wie wir sie noch heute im interstellaren Raum vorfinden: 92 % Wasserstoff (H2), 7 % Helium (He), 0,03 % Kohlendioxid (CO2), 0,008 % Stickstoff (N2), 0,006 % Sauerstoff (O2), dazu weitere in Spuren (Quellen → Schönwiese, 2020). Diese Atmosphäre ist der Erde jedoch im Lauf von einigen 100 Mio. Jahren wieder restlos verloren gegangen. Zwei Vorgänge waren dafür verantwortlich. Erstens erhitzte sich die Erde unter dem ständigen Bombardement mit Weltraum-Materie allmählich so stark, dass sie glutflüssig wurde. Die Erhitzung alleine hätte also schon genügt, die Atmosphäre wegdiffundieren zu lassen. Es kam aber noch ein Ereignis von gigantischem Ausmaß dazu: Als die Temperatur im Zentralgestirn des Sonnensystems 10 Mio. Grad erreicht hatte, zündete dort der bekannte Kernfusionsvorgang, der den bislang dunklen Materiehaufen in einen hell leuchtenden Stern verwandelte. Das war vor etwa 4,5 Mrd. Jahren. Mit der Kernfusion muss ein unvorstellbarer Sonnenwind eingesetzt haben. Man versteht darunter einen von der Sonne ausgehenden Strom elektrisch geladener Elementarteilchen. Er dürfte etwa 1000-mal so stark gewesen sein wie heute. Ihm hätte keine noch so stabile Atmosphäre