Bauphysik-Kalender 2022. Nabil A. Fouad
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3.2.5.1 Feuchtebilanz
Die Beurteilung der Ergebnisse von hygrothermischen Simulationsberechnungen erfordert etwas Erfahrung. Ähnlich wie bei der Beurteilung nach Glaser kommt es darauf an, dass sich in der Konstruktion langfristig kein Wasser ansammelt. Deshalb wird zunächst der Verlauf des Gesamtwassergehalts analysiert. Wenn es hier zu einer permanenten Akkumulation in relevantem Umfang kommt, ist das bereits ein KO-Kriterium. Wenn der Gesamtwassergehalt fällt oder von Jahr zu Jahr gleich bleibt, ist die Voraussetzung für eine weiterführende Auswertung gegeben, d. h. dann werden die hygrothermischen Verhältnisse in den einzelnen Materialschichten sowie an den Oberflächen und Materialgrenzen betrachtet.
3.2.5.2 Relevante Bewertungskriterien für den Holzbau
Für den Holzbau gibt es bereits einige Bewertungskriterien, die aus langjährigen Erfahrungen und aus der stationären Dampfdiffusionsberechnung stammen. Allerdings besteht derzeit noch eine gewisse Diskrepanz zwischen der Genauigkeit der hygrothermischen Simulation, die Temperatur- und Feuchteverhältnisse mit meist stündlicher Auflösung zur Verfügung stellt und den in der Praxis etablierten, meist stark vereinfachten stationären Grenzwerten. Diese beziehen sich z. B. bei Schimmel oder Holzfäule ausschließlich auf ein bestimmtes Feuchteniveau ohne dessen Einwirkdauer, die gleichzeitig auftretende Temperatur oder die Sensitivität des jeweiligen Materials adäquat zu berücksichtigen. Die Anwendung solcher Grenzwerte führt dann im besten Fall zu Konstruktionen mit großen Sicherheitsreserven, im ungünstigsten Fall dazu, dass gut funktionierende, gegebenenfalls sogar nachweisfreie Bauteile ausgeschlossen würden. Um dieses Problem zu lösen, wurden in den letzten Jahren zahlreiche Anstrengungen unternommen, um die Bewertungskriterien analog zu den genaueren Berechnungsverfahren zu verfeinern. Anspruch und Ziel ist dabei, nicht nur die Feuchteverhältnisse, sondern auch deren Bewertung so realitätsnah wie möglich zu gestalten.
In diesem Abschnitt werden zunächst die einfachen Grenzwerte erläutert, die bei einer Bewertung natürlich immer auch berücksichtigt und wenn möglich eingehalten werden sollten. Es wird aber auch auf bereits verfügbare oder in Bearbeitung befindliche verfeinerte Bewertungsmöglichkeiten verwiesen, die in anderen Abschnitten ausführlicher behandelt werden.
Die relative Feuchte, die von Biologen auch als Wasseraktivität bezeichnet wird, ist die für die meisten Schadensmechanismen maßgebliche Feuchtegröße. Sie beschreibt, wie stark das Wasser an die Poren- oder Faserstruktur des Materials durch Sorptionskräfte gebunden ist. Unterhalb von etwa 70 bis 80 % r. F. ist diese Bindung so stark, dass das Wasser kaum für chemische oder für biologische Prozesse „genutzt“ werden kann – werden diese Feuchtewerte also nicht überschritten, können in den Konstruktionen eigentlich gar keine Schäden auftreten. Ausnahme sind hier nur Spannungen oder Risse aufgrund von Schwinden des Materials bei sehr trockenen Bedingungen. Oberhalb von etwa 95 % r. F. spricht man dann vom sogenannten Kapillarwasserbereich, bei dem die Bindungskräfte nur noch schwach sind und dementsprechend in den Poren zunehmend flüssiges Wasser vorliegt, dass vergleichsweise leicht entzogen werden kann.
Der Feuchtebereich unterhalb von 80 % r. F. gilt im Baubereich als relativ sicher, da mikrobielles Wachstum, wenn überhaupt dann nur sehr langsam in Gang kommen kann. Diese Grenze kann bei geeigneter Auslegung der Konstruktion auf der Raumseite des Bauteils i. d. R. gut eingehalten werden. Praktisch unmöglich ist dies dagegen bei nahe am Außenklima liegenden Schichten, da die Außenluftfeuchte vor allem im Winter regelmäßig Werte über 90 oder sogar über 95 % r. F. erreicht. Dies führt bei längerer Einwirkdauer und diffusionsoffener Bauweise zu ebenso hohen Feuchten in den Materialien. In diesem Bereich ist eine generelle Begrenzung auf 80 % r. F. also nicht sinnvoll, unwirtschaftlich oder manchmal sogar kontraproduktiv. In einigen Ländern wie z. B. in Schweden wird eine derartige Begrenzung in den Normen trotzdem ohne geeignete Differenzierung gefordert, was den Planer vor nahezu unlösbare Aufgaben stellt oder zwingt, die Anforderung mit entsprechend guter Begründung zu umgehen. Auch in der ersten Version der ASHRAE Norm 160 [52] lag das Grenzkriterium für Oberflächen innerhalb eines Bauteils bei einem Monatsmittel von 80 % r. F. mit der Folge, dass eine Reihe von bewährten Konstruktionen die Feuchteschutzbeurteilung nicht bestanden haben. In der aktuellen Version wurde das allerdings korrigiert und durch das Schimmelpilzwachstumsmodell von Viitanen [26] ersetzt.
3.2.5.3 Feuchteverhältnisse an den Oberflächen
An den raumseitigen Oberflächen sowie im Bereich von Luftschichten in den wärmeren Bereichen eines Bauteils besteht die Gefahr von Schimmelpilzbildung, wenn bestimmte Temperatur- und Feuchtegrenzen überschritten werden. Bei Einhaltung von 80 % r. F. ist ein Schimmelrisiko im Winter sicher ausgeschlossen. Bei Überschreitung dieses Werts oder bei längerfristigem Auftreten von hohen relativen Feuchten in Kombination mit hohen Temperaturen kann dagegen Schimmelpilzbildung nicht mehr sicher ausgeschlossen werden – zur Überprüfung kann in diesen Fällen eine temperaturabhängige oder auch instationäre Bewertung des Wachstumsrisikos mit dem biohygrothermischen Modell nach Sedlbauer [24, 70] oder mit dem VTT-Modell von Viitanen [25,52] erfolgen. Außerhalb der Luftdichtheitsebene bzw. auf der Kaltseite der Konstruktion ist eine Bewertung des Schimmelrisikos i. d. R. nicht erforderlich, da andere Schadensmechanismen dominant sind und die Modelle hier auch meist sehr weit auf der sicheren Seite liegen – abschätzende oder vergleichende Bewertungen sind aber auch in solchen Bereichen mit gewissen Einschränkungen möglich.
3.2.5.4 Holzfeuchte
Zur Beurteilung der Wassergehalte in den einzelnen Schichten ist ein Vergleich mit den Grenzwassergehalten für die einzelnen Baustoffe zweckmäßig, sofern diese bekannt sind. Bei Holz wird meist eine Grenze der Holzfeuchte von 20 M.-% gefordert, so z. B. in [32]. Dieser Grenzwert sollte zumindest langfristig und in nach außen diffusionshemmenden geschlossenen Konstruktionen auch möglichst eingehalten werden. Bei Bauteilen, bei denen sich z. B. die Schalung oder Lattung im nahen Kontakt mit der Außenluft befindet, werden dagegen im Winter bei hohen Außenluftfeuchten auch regelmäßig Holzfeuchten von deutlich über 20 M.-% erreicht. Da diese Werte aber nur temporär und bei niedrigen Temperaturen auftreten, bleiben sie ohne negativen Effekt, da holzzerstörende Pilze bei diesen Bedingungen gar nicht oder nur extrem langsam wachsen können. Werden die 20 M.-% also überschritten, ist eine genauere Bewertung zum Beispiel mit dem im WTA-Merkblatt 6-8 [62] möglich. Auf dieses Merkblatt wird auch im Anhand D der DIN 4108-3 verwiesen. Sein Inhalt wird in Abschnitt 3.4.2 genauer beschrieben.
3.2.5.5 Holzwerkstofffeuchte
Bei Holzwerkstoffen nach EN ISO 13986 [79] ist aus Festigkeitsgründen für die meisten Materialien ein niedrigerer Grenzwert der Holzwerkstofffeuchte von 18 M.-% im Feuchtbereich bzw. 21 M.-% im Außenbereich einzuhalten. In der Einleitung der DIN 68800-2 [33] steht, dass diese Vorgaben für tragende Bauteile aus Holz und Holzwerkstoffen gelten, allerdings für alle anderen Bauteile ebenfalls empfohlen werden. Zumindest für Faserdämmungen oder Dämmplatten in nach außen diffusionsoffenen Konstruktionen besteht auf der Außenseite der Bauteile jedoch das gleiche Problem der hohen Umgebungsfeuchte wie zuvor für Holzbeplankungen erwähnt: Die Materialien sorbieren Feuchte aus der Außenluft und erreichen Werte, die über den zulässigen stationären Wassergehaltsgrenzen liegen. Genauere Bewertungsmodelle und Grenzwerte für verschiedene Arten von Holzwerkstoffen sind derzeit allerdings noch Gegenstand der Forschung, sodass bei Überschreiten von 18 M.-% bzw. 21 M.-% derzeit mit dem Hersteller zu klären ist, ob das Material für solche Feuchten geeignet ist und ob der Hersteller eine entsprechende Gewährleistung übernimmt.
3.2.5.6 Tauwasserbildung innerhalb des Bauteils
Für feuchteunempfindliche Faserdämmstoffe wie Mineralfaser ist zu beachten, dass Tauwasserbildung im Winter z. B. im