Inselromane. Julia Meier

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Inselromane - Julia Meier Beiträge zur nordischen Philologie

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geschmückte und mit einer Abbildung verzierte Buch repräsentiert Schnabels Werk in würdiger Form, der „graue Druck“ auf „schlechtem Papier“ dagegen passt zu „TiecksTieck, Ludwig unzureichender Modernisierung“ ([1911]: XIV). Ganz anders verhält es sich bei Oehlenschläger, in dem Meyer den „einzige[n] wirkliche[n] ‚Bearbeiter‘ des Buches“ sieht ([1911]: X), der durch seine Erneuerung Schnabels Werk gewissermassen zu neuem Leben erweckt, ja, eigentlich zu höherer Vollendung geführt habe, indem er „in die planlose Fülle der Erlebnisse des alten Buches ein ordnendes Prinzip einzufügen“ vermochte ([1911]: XV). Auch Meyer liest Schnabels Insel Felsenburg stellenweise als historischen Roman, wie schon Adolf Stern, den er explizit erwähnt. Oehlenschläger hat in Meyers Augen die Gattung im Vergleich zu Schnabel weiterentwickelt, da er sich auf Walter ScottScott, Walter, den grossen Lehrmeister auf diesem Gebiet, stützen konnte. Ausserdem hebt Meyer die Fähigkeit Oehlenschlägers hervor, das Kunstgespräch, ein Hauptelement des romantischen Romans, auf natürliche Weise mit den Figuren und der Handlung zu verknüpfen. Was aus Meyers Einleitung implizit hervorzugehen scheint: Das „schlechte Papier“, der „graue Druck“, sind Oehlenschlägers Werk nicht angemessen. Deshalb erscheint dieses jetzt – was Meyer allerdings nicht erwähnt – analog zur schönen Ausgabe der Insel Felsenburg in einer sorgfältig gestalteten, der Erscheinungszeit entsprechend mit Jugendstilelementen verzierten Edition, deren meerblauen Einband goldene Lettern und eine goldfarbene Vignette mit Schiffsmotiv schmücken. Weitere Vignetten zeigen auf den reich ornamentierten Vorsatzblättern neben Titel und Autornamen eine Burg auf felsiger Insel im Meer – eine graphische Umsetzung der Bezeichnung „Insel Felsenburg“ also. Dass dieses Buch aber nicht etwa die vierbändige Erstausgabe von 1826, die Meyer eingangs erwähnte, sondern einen orthographisch modernisierten Neudruck der gekürzten Version von 1839 enthält, darüber wird der Leser nicht informiert.28

      Abb. 5: Buchdeckel der Ausgabe von 1911 (Foto privat)

      Die Ausgabe von 1911 wurde von Franz Deibel ganz im Sinne von Meyers Einleitung rezensiert; er nennt den „eben den Staubkammern der Weltliteratur entrissene[n] Roman des Dänen Adam O e h l e n s c h l ä g e r“ (gesperrt im Original) ein „verschollenes Werk […], das wohl von einem nordischen Autor stammt, aber von den Quellen deutschen Geistes und deutscher Dichtung gespeist ward“ (Deibel 1911: Sp. 1515–1516). Hier wird also Oehlenschläger weniger als Vermittler zwischen deutscher und dänischer Kultur gesehen, sondern als ein von deutschem Schrifttum abhängiger Dichter.29Andersen, Hans Christian In enger Anlehnung an Meyer, auf den Deibel sich explizit beruft, spricht er von Oehlenschläger als dem „GoetheGoethe, Johann Wolfgang von des Nordens“ (Sp. 1516). (Meyer nannte ihn den „dänischen Goethe“ [1911: XIV).30Goethe, Johann Wolfgang vonAndersen, Hans Christian Auch Deibel befasst sich in aller Ausführlichkeit mit der Insel Felsenburg, und auch er hält, wie Meyer, die Inseln im Südmeer für eine Aktualisierung, teilweise sogar Verbesserung von Schnabels Werk.

      Nur am Rande sei erwähnt, dass Arno SchmidtSchmidt, Arno seit 1959 ein Exemplar der Ausgabe von 1911 besass, wie aus der Katalogisierung seiner Bibliothek hervorgeht (Gätjens 1991: 295). Einem Vermerk auf dem Vorsatzblatt zufolge hatte er Oehlenschlägers Roman bereits 1945 im Rahmen seiner kriegsbedingten Stationierung in Oslo erstmals gekauft; das Buch ging jedoch noch im selben Jahr auf der Flucht aus Schlesien verloren und wurde von Schmidt 1959 ersetzt. Anlässlich seiner Beschäftigung mit der Insel Felsenburg kommt Schmidt in mehreren Texten auf „Öyene i sydhavet“ (sic) zu sprechen, u.a. in den Dialog-Essays Herrn Schnabels Spur (1989: 240) und Das Gesetz der Tristaniten (1995: 311); beide Dialoge stellen Schnabels Roman ausführlich dar, wobei Schmidt vor allem in Herrn Schnabels Spur durch z.T. seitenlange Zitatenmontagen eine besonders anschauliche Präsentation anstrebt, die das Leserinteresse auf den Roman lenken und einen Aufruf an die Verleger für eine Neuausgabe untermauern soll (1989: 257–258).31

      SchmidtsSchmidt, Arno Einsatz erstreckte sich bedauerlicherweise nicht auf Oehlenschlägers Roman. Dennoch gibt es seit kurzem eine Neuausgabe des ersten Bandes der IS, d.h. der Fassung von 1826. Für die Herstellung wurde ein vor vielen Jahren angefertigtes und im Internet veröffentlichtes Digitalisat der Bayerischen Staatsbibliothek München unverändert gedruckt, zu einem Taschenbuch (mit nichtssagendem Buchdeckel) gebunden und 2018 vom Verlag „Inktank Publishing“ herausgebracht.32 Im Gegensatz zur redigierten dänischen e-book-Ausgabe, die auf einem gedruckten Buch beruht, bietet die deutsche Taschenbuchausgabe ein genaues Abbild des Digitalisats, was aus buchwissenschaftlicher Perspektive und zu Studienzwecken sicher vorzuziehen ist, leider aber auch die Mängel des Digitalisats (unleserliche Stellen, Flecken, etc.) aufweist. Eine Auskunft darüber, ob der Verlag die weiteren Bände ebenfalls herausgeben werde, war trotz mehrfachen Nachfragens nicht zu erhalten. Es ist natürlich sehr zu begrüssen, dass der Roman neu aufgelegt wird, und zwar in der ungekürzten Fassung von 1826; allerdings bestehen gewisse Zweifel, ob das Buch in dieser nicht sehr ansprechenden Aufmachung die Leser erreichen wird.

      Nach der insgesamt eher ablehnenden Rezeption der Erstausgabe von Oehlenschlägers Roman, den dadurch bedingten, kaum erfolgreicheren gekürzten Fassungen und deren gestalterisch verbesserten Neuauflagen zu Beginn des 20. Jahrhunderts bedeuten die elektronischen Publikationsverfahren der neuesten Zeit immerhin eine Möglichkeit, auch weniger erfolgreiche Werke ohne grossen Aufwand und Verlust für Verlage und Buchhandlungen dem Lesepublikum wieder näherzubringen.

      1.6 Fazit

      Die Darstellung hat den Entstehungsverlauf des Romans gezeigt, von der ersten Inspiration, wie der Autor sie in seiner Vorrede schildert, bis zur letzten von ihm hergestellten gekürzten Fassung des deutschen und dänischen Textes. Einbezogen wurden zudem die nach seinem Tod erschienenen Editionen. Es ist deutlich geworden, in welchem Ausmass andere Akteure als der Autor selbst an der Entwicklung des Werkes beteiligt waren: Sowohl das Lesepublikum wie die Rezensenten, aber auch die Verleger wirkten auf die Gestaltung und insbesondere die weiteren Umschreibungen und Neufassungen des Romans ein. Die Tatsache, dass Oehlenschläger umgearbeitete Fassungen des Romans herausgab, ist an sich kein Novum in seiner Produktionsweise: Von den meisten seiner Werke existieren unterschiedliche Versionen, was kaum überrascht, da die Folgeausgaben oft Jahre nach der Erstfassung entstanden – eine zeitliche Distanz, in der sich Anschauungen und Urteile, ja, auch der literarische und kulturelle Horizont des Autors naturgemäss verändert hatten.

      Natürlich ist schon die Entstehung der beiden Erstausgaben in einem Umfeld bestimmter Ideen, Vorstellungen und Konzepte zu sehen, die zum Teil lange vor dem Erscheinen des Romans wirksam gewesen waren, wie z.B. Werke von HerderHerder, Johann Gottfried, ScottScott, Walter oder TieckTieck, Ludwig zeigen; andrerseits war auch eine Bearbeitung von Schnabels Insel Felsenburg nichts völlig Aussergewöhnliches, hatte sich doch gerade Tieck nur wenig später ebenfalls mit Schnabels Roman beschäftigt, nachdem schon Achim von ArnimArnim, Achim von, aber auch Karl Lappe etliche Jahre zuvor den Roman oder doch Teile davon neu gestaltet hatten. In diese verschiedenen teils zeitgenössischen, teils bereits traditionell gewordenen Felder ist Oehlenschlägers Text eingebettet.

      Dennoch handelt es sich bei dem Roman Die Inseln im Südmeere um eine Neuschreibung, die sich ganz wesentlich von den genannten Bearbeitungen unterscheidet, da der Text weder eine Nacherzählung von Schnabels Roman, noch eine gekürzte Fassung, aber auch keine Bearbeitung im herkömmlichen Sinn präsentiert. Der Autor hat aus den Schnabelschen Grundgegebenheiten ein gänzlich neues Werk geschaffen, das zwar deutlich von der einst in Deutschland so fruchtbaren Ideenfülle der Frühromantik geprägt ist, jedoch durch die Konstruktion auf der Folie des Romans aus dem 18. Jahrhundert ein ganz eigenes Kolorit gewinnt und sich deshalb nicht ohne weiteres einer gängigen Kategorisierung zuordnen lässt. Im nächsten Kapitel wird ein Inhaltsüberblick über die beiden Romane von Schnabel und Oehlenschläger gegeben, der Näheres zur Charakterisierung von Oehlenschlägers Neuschreibung vermitteln soll.

      2 Die wunderlichen Fata und Die Inseln im Südmeere:

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