Potpourri des Bösen. Eva Markert
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Читать онлайн книгу Potpourri des Bösen - Eva Markert страница 4
„Gefällt es dir, gefesselt zu sein?“ Ehe er antworten konnte, beugte sie sich über ihn und stieß ihm ihre Zunge in den Mund.
Die Kamera surrte.
„Lassen Sie mich!“, würgte Timo und versuchte, Maja abzuwehren.
„Scheiße!“, fluchte Harry.
„Das macht nichts. Wir schneiden es später raus“, meinte die Frau mit der kratzigen Stimme.
Timo versuchte zu schreien und den Kopf wegzudrehen.
„Scht!“ Majas kleine feste Hand legte sich auf seinen Mund. „Sei still! Das Paradies wartet.“
Mit einem Mal krallten sich ihre Finger um seinen Hals und drückten mit erstaunlicher Kraft zu. Er zappelte, trat um sich, seine Augen quollen hervor, er bäumte sich auf. Doch es war sinnlos. Er musste sich ihr überlassen. Noch einmal dachte er an Gina. Und an all die anderen. Dann verschluckte ihn Dunkelheit.
Glücksfälle
Die Umstände waren für Gerrit ausgesprochen günstig.
Da war zum Beispiel der glückliche Zufall, dass sein Bruder Frank ein Bein in Gips hatte. Dass er sich das Bein ausgerechnet im Sommer gebrochen hatte, war ein weiterer Glücksfall. Und dies waren nicht die einzigen glücklichen Fügungen ...
Die Vorbereitungen waren denkbar einfach. Zunächst brauchte er ein starkes Schlafmittel. Kein Problem. Er hatte ein ganzes Arsenal davon in seinem Medizinschrank. Sein Arzt war beim Verschreiben von Medikamenten noch nie zimperlich gewesen.
Der Rest war ebenfalls ein Kinderspiel. Alles, was er noch benötigte, waren Gläser, Limonade, Bierdeckel, ein wenig Zucker und eine Zeitung.
Als er morgens aufwachte und sah, dass es ein warmer, sonniger Spätsommertag werden würde, beschloss er spontan, dass Franks letzter Lebenstag angebrochen war. Allzu lange durfte er sowieso nicht mehr warten, denn der Gips sollte bald abgenommen werden.
Es würde ein glücklicher Tag werden, das spürte er, obwohl er sich nicht besonders fit fühlte. Seit gestern Abend kribbelte seine Nase und er hatte leichte Kopfschmerzen.
Egal. Der Tag der Freiheit war gekommen. Er würde endlich den ungeliebten Job in der Papierfabrik aufgeben und Pferde züchten können. Pferde waren seine Leidenschaft. Nur in der Welt der Rennställe und Rennbahnen fühlte er sich wirklich zu Hause. Und der Pferdewetten, natürlich.
Frank hatte nie Verständnis für diese Vorliebe gehabt, genauso wenig wie Vater. Die beiden waren sowieso immer ein Herz und eine Seele gewesen. Frank begriff auch nicht, wie jemand sein ganzes Erbe bei Pferdewetten verlieren konnte. Er selbst hatte im Laufe der Jahre seinen Anteil an dem beträchtlichen Vermögen, das Vater ihnen hinterlassen hatte, vervielfacht.
Was für ein Glück, dass Frank keine Erben hatte - außer ihm.
Als er in der Villa im Grünen ankam, ruhte sein Bruder im Wohnzimmer auf dem Sofa. Sein Handy hatte er neben sich auf den Tisch gelegt.
Gerrit setzte sich zu ihm. Auf dem Tisch stand eine halbvolle Karaffe mit Eistee, und in einem geeigneten Augenblick ließ Gerrit mehrere starke Schlaftabletten hineinfallen. Sie zerfielen sofort. Glücklicherweise war sein Bruder durstig. Zufrieden sah Gerrit zu, wie er sein Glas füllte und in einem Zug leerte. Kurz darauf schlief er ein, ohne etwas gemerkt zu haben. Nun, er würde lange schlafen, sehr lange ...
Schnell lief Gerrit in den Garten, aber nicht, ohne vorher die Krücken ins Nebenzimmer zu bringen und das Handy neben Franks Bett zu legen.
Im hinteren Teil des Gartens packte er die Gläser aus, goss ein wenig Limonade hinein und wartete. Schon bald war eine große Wespe in das erste Glas hineingeflogen. Sie schwebte über der klebrigen Flüssigkeit und summte laut und böse. Ein wahres Prachtexemplar! Ruhig deckte Gerrit das Glas mit einem Bierdeckel ab und wartete weiter.
Alles wäre perfekt, hätte er nur nicht diesen lästigen Schnupfen. Seine Nase war inzwischen völlig verstopft, und in seinem Schädel hämmerte der Schmerz.
Als er fünf Wespen gefangen hatte, nahm er die Gläser und trug sie vorsichtig auf einem kleinen Tablett zurück ins Haus. Er grinste, als er an den letzten, den alles entscheidenden Glücksfall dachte. Frank war nämlich allergisch gegen Wespengift. Sein letzter Wespenstich war ihm gar nicht gut bekommen. Der Arzt hatte ihn damals gewarnt. Bei einem weiteren Stich würde er in Lebensgefahr geraten. Einen anaphylaktischen Schock nannte man das. Ohne ärztliche Hilfe oder seine Notfallausrüstung war Frank verloren.
Als Gerrit ins Wohnzimmer zurückkam, schlief sein Bruder einen todesähnlichen Schlaf. Sein Unterkiefer hing herunter und Speichel rann aus einem Mundwinkel auf das Kissen. Sein Schnarchen klang wie ein Röcheln.
Die dem Sofa am nächsten gelegene Tür schloss Gerrit vorsichtshalber von außen ab. Es wäre doch zu schade, wenn Frank im letzten Augenblick entwischen würde! Dann stellte er die Gläser auf den Tisch neben dem Sofa und nahm die Bierdeckel ab. Den Zucker, den er mitgebracht hatte, verteilte er auf dem Kissen.
Bald summten alle fünf Wespen um Franks Kopf herum. Mit einer Zeitung versuchte er, sie wütend zu machen und am Wegfliegen zu hindern. Frank schlief weiter. Nur einmal stöhnte er auf und bewegte sich unruhig.
Verdammt! Gerrit räusperte sich ausgiebig. Seine Erkältung wurde immer schlimmer. Wenn doch wenigstens die Nase frei wäre! Sein Hals fühlte sich schon ganz wund und trocken an, weil er immer durch den geöffneten Mund atmen musste.
Aber – was war das? Um Franks Kopf herum flogen plötzlich nur noch vier Wespen. Gerrit schluckte und wusste im gleichen Augenblick, dass es ein Fehler war. Er würgte gegen einen Widerstand an und fühlte den stechenden Schmerz im Hals. Heiser schrie er auf.
Seine Gedanken rasten. Er brauchte Hilfe. Sofort! Aber vorher musste er die Wespen einfangen, nein, lieber nur die Gläser und Bierdeckel verschwinden lassen. Und den Zucker vom Kissen bürsten. Er keuchte, rang nach Luft. Wie lange würde es dauern, bis sein Hals ganz zugeschwollen war?
„Frank! Hilf mir!“, krächzte er.
Frank fuhr hoch und erfasste sofort die tödliche Gefahr, in der er und sein Bruder sich befanden. Seine Schlaftrunkenheit war mit einem Schlag wie weggewischt. Er wollte nach dem Handy greifen, doch auf dem Tisch standen nur die Gläser. Er sah sich nach seinen Krücken um und fand sie nicht. Schließlich kroch er auf allen vieren zur Tür. Aber die war abgeschlossen.
Eine Wespe summte laut an seinem Ohr vorbei. Mit einem Griff riss er die Wolldecke vom Sofa, kauerte sich zusammen und hängte die Decke über seinen Kopf, sodass er ganz darunter verschwand.
Gerrit taumelte zur zweiten Tür Seine Beine trugen ihn kaum, als er ins Schlafzimmer wankte, um mit Franks Handy Hilfe zu holen. Ihm war alles gleichgültig. Er wollte nur noch eins: leben.
B – A – C – H
Wie auf ein geheimes Zeichen hin wurde es still in der vollbesetzten Kirche, so als ob die Menschen die Luft