Und Friede auf Erden von Karl May. Karl May

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Und Friede auf Erden von Karl May - Karl May

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daß der Chinese mich, so zu sagen, gefangen genommen hatte. Nicht nur Alles, was er tat und was er sagte, sondern

       auch wie er es tat und wie er es sagte, war so aristokratisch, so vornehm, ohne jedoch gekünstelt oder überhaupt

       gemacht zu sein. Er hatte jene seltene Art, zu sprechen, welche bei dem Zuhörer die Ueberzeugung erweckt, daß es gar

       nicht anders und besser gesagt werden kann, als es gesagt worden ist. Ich stand nicht an, ihn für einen Mann zu halten,

       welcher im stande war, das, was er beabsichtigte, mit kühlster Ueberlegung zu berechnen, und doch hatte er auch einen

       so warmen, so aufrichtigen Herzenston, daß mir es gar nicht als schwer erschien, ihm Liebe und Vertrauen zu schenken.

       Er war Krystall. Ich finde kein Wort, den Eindruck, den er auf mich machte, deutlicher zu bezeichnen. Und was für

       Kenntnisse mußte dieser Mann besitzen! Wenn ich jemals einen Menschen getroffen hatte, welcher genau wußte, was er

       wollte, und auch das Zeug dazu hatte, es zu wollen, so war es dieser Chinese hier, der sich so einfach Fu nennen ließ!

       Als er der Dame seine Hand gereicht hatte, erhob er sich, um den Speisesaal zu verlassen. Sein Sohn folgte dem

       Beispiele des Vaters, der Miß seine Rechte hinzustrecken.

       »Ich danke Ihnen auch,« sagte er. »Halten Sie uns nicht für gelber und für sonderbarer, als wir wirklich sind!«

       Vor ihrem Vater verbeugten sie sich nur; dann gingen sie fort. Er sah ihnen nach, bis sie verschwanden; dann meinte

       er, mit der Hand über das Tischtuch streichend:

       »Weg! Aufgeblasenheit und Mangel an Einsicht! So, genau so sind die Völker kurz vor ihrem Untergange! Wie soll

       man solche Leute fassen? Wenn der Heide behauptet, ein Christ zu sein, ist jedem Versuche, ihn zu bekehren, die Kraft

       genommen!«

       »Ich fürchte, Vater, daß Fu nicht der einzige Chinese sein wird, von dem du diesen Einwand hörst,« bemerkte die

       Tochter.

       »Pshaw! Laß uns nur erst in China sein! Ich werde von Tempel zu Tempel ziehen und meine Stimme erschallen

       lassen, daß die Götzen, die rings an den Wänden stehen, zittern! Du weißt ja, daß mir die Macht des Wortes gegeben ist,

       welches Felsen zerschmettert! Man wirft uns Amerikanern in neuerer Zeit den Cäsarismus vor. Nun wohl, wir bekennen

       uns zu ihm. Und wie auf äußerem Gebiete, so wollen wir auch auf dem Gebiete des Glaubens Herrscher sein! Schau in

       die Weltgeschichte der neuen Zeit! Ueberall, wo eine Eroberung gemacht worden ist, sind ihr die Boten des Christentums

       vorangegangen. Wir sind die kühnen Pioniere der geistlichen und infolgedessen auch der weltlichen Macht. Die

       Diplomatie der Vereinigten Staaten richtet schon seit einiger Zeit ihren Blick über den Stillen Ozean. Wir haben uns auf

       Inseln festgesetzt; es gilt, nun auch in China besser Position zu nehmen, als es bisher geschehen ist. Ich werde an dieser

       Aufgabe arbeiten und glaube, nicht der unrichtige Mann dazu zu sein!«

       »Aber, Vater, Liebe, bitte, mehr Liebe mußt du zeigen!«

       »Bemühe dich nicht, klüger zu sein, als dein Vater ist! Es haben die Tempel der Heiden in aller Welt zu fallen. Ihre

       Säulen müssen zerstört und ihre Mauern eingestürzt werden. Es darf keinen Allah und keinen Muhamed, keinen

       Zoroaster, keinen Brahma, keinen Confucius und Mencius mehr geben!«

       Er sprach erregt, erregter, als der öffentliche Ort, an dem er sich befand, es eigentlich erlaubte. Sie legte ihm

       begütigend die Hand auf den Arm und bat:

       »Sprich leiser! Du bist so unruhig jetzt, gar nicht so still und heiter, so überlegend und bedächtig, wie du warst,

       solange die Mutter lebte. Ich hoffte, daß die Reise dich zerstreuen werde; aber die »Heidentempel« kommen dir fast gar

       nicht mehr aus dem Sinn.«

       Sie sprach so eindringlich und so ernst, und ihr Auge hatte dabei einen so tiefen, dunklen Blick. Sie schien noch

       besorgter zu sein, als sie sich merken lassen wollte. Die Wirkung ihrer Worte war keine nachhaltige. Ein Weilchen war er

       still oder sprach wenigstens in so gedämpftem Tone, daß ich ihn nicht verstehen konnte. Aber bald war er wieder so

       deutlich wie vorher geworden. Und, sonderbar, die Heidentempel bildeten das Thema, auf welches er so oft wie möglich

       zurückzukommen strebte, obgleich Mary sich Mühe gab, ihn immer wieder davon abzubringen. War dies nichts Anderes

       zu nennen, als nur ein bevorzugter Gesprächsgegenstand? Ließ es sich einfach nur aus seinem Beruf als Missionar

       erklären, daß dieses Wort sich in seinem Ideenkreise so fest eingenistet hatte? Oder sollte - -? Nein! Den Gedanken an

       eine geistige Störung mußte ich in Rücksicht auf eben diesen Beruf von mir weisen. Wer nach China geht, um »Heiden zu

       bekehren,« bei dem ist doch wohl eine vollständig gesunde Psyche vorauszusetzen. Jedenfalls aber war im Verlaufe

       dieses Abendessens mein Interesse nicht nur für die beiden Chinesen, sondern auch für den Amerikaner und seine

       Tochter um ein Bedeutendes gesteigert worden.

       Nach Tische ließ ich mir den Kaffee, wie gewöhnlich, hinaus auf den elektrisch beleuchteten Vorplatz bringen und saß

       noch kaum einige Minuten da, als Waller und Mary das Hotel verließen, um einen Spaziergang zu machen. Sie kamen

       nahe an mir vorüber und - ob ich mich irrte, weiß ich nicht, aber es war mir, als ob er schon wieder über irgend einen

       Tempel mit ihr spreche.

       Sejjid Omar, der Eselsjunge, stand drüben auf seinem Platze. Nach einiger Zeit band er seinen Esel an und kam

       herüber bis an die breiten Aufgangsstufen, welche Dienstpersonen, die nicht in das Hotel gehören, nicht ohne Erlaubnis

       betreten dürfen. Als er den dort befindlichen zweiten Portier um diese Erlaubnis bat, sah ich, daß er nach mir

       herüberzeigte. Sie wurde ihm gewährt, und dann kam er auf mich zugeschritten, langsam und würdevoll wie ein

       Ambassadeur des Padischah von Stambul. Vor mir stehenbleibend, kreuzte er die Hände auf der Brust, verbeugte sich

       und grüßte:

       »Guttakk!«

       Ich sah ihn fragend an und antwortete nicht.

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