Und Friede auf Erden von Karl May. Karl May
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»Aber, wir sitzen hier so gut, so allein, so ungestört. Ich bitte dich!«
»Die Unterhaltung mit ihnen steht mir höher als unser Alleinsein!«
»Aber ich, was werde ich sagen, die ich kaum hundert Worte chinesisch kenne?«
»Du wirst schweigen, was für euch Damen bekanntlich das Allerbeste ist.«
»Ich befürchte doch, daß wir zudringlich sind!«
»Zudringlich? Pshaw! Sie sind Kaufleute, handeln mit Chinawaren. Es ist also eine Ehre für sie, wenn wir uns zu ihnen
setzen.«
Der Direktor kam. Das Verlangen des Amerikaners schien auch ihm ungelegen zu kommen, doch nahm er schließlich
die Karte, um sie dem älteren Chinesen zu geben. Dieser las den Namen, hörte das, was der Direktor ihm sagte, an,
ohne eine Miene zu verziehen, und gab dann seine Einwilligung durch ein kurzes Neigen seines Kopfes zu erkennen. Das
hatte ich nicht erwartet. Doch als er hierauf seine beiden kleinen, feinen Hände an den tief herabhängenden Spitzen
seines Bartes herniedergleiten ließ, leuchtete aus seinen Augen ein kurzer, fast unbemerkbarer Blick zu seinem Sohne
hinüber, den dieser mit einer leisen, zitternden Bewegung seines Fächers erwiderte. Ostasien kam dem Wunsch der
Vereinigten Staaten jovial entgegen.
Der Direktor überbrachte die Antwort. Mary erhob sich, wie sie nicht verbergen konnte, nur höchst ungern von ihrem
Platze; ihr Vater aber schritt einem Sieger gleich mit ihr an meinem Tisch vorüber, den Chinesen zu, welche langsam und
feierlich aufstanden und ohne irgend eine Bewegung der Höflichkeit ihnen stumm entgegenblickten. Der Missionar
verbeugte sich vor ihnen und redete sie in einer Sprache an, welche er wahrscheinlich für gutes Chinesisch hielt. Sosehr
ich aufpaßte, so verstand ich nur den Namen Waller, welcher jedenfalls der seinige war, und dann noch das Wort tschui,
welches »sich an Jemand anschließen« bedeutet. Als er geendet hatte, schienen die Chinesen grad auch so viel oder so
wenig verstanden zu haben, denn sie gaben zunächst keine Antwort, sondern Fu deutete an Stelle derselben auf die
beiden Stühle, welche Vater und Tochter einnehmen sollten. Sie setzen sich, Mary in außerordentlicher Verlegenheit. Da
die Chinesen beharrlich schwiegen und unbeweglich wie Statuen saßen, so begann der Missionar, eine zweite Rede zu
halten, deren Wirkung keine andere als die der ersten war, denn als er mit ihr zu Ende war, fragte Fu in einem weit
besseren als dem gewöhnlichen Canton-Englisch:
»Bitte, mir zu sagen, in welcher Sprache Sie soeben zu uns gesprochen haben!«
»Es ist ja chinesisch!« antwortete der Gefragte, ganz erstaunt über diesen unvermuteten Erfolg seiner
Sprachfertigkeit. »Ich habe gehört, daß Sie Chinesen sind, und hoffe sehr, daß man mir nicht falsch berichtet hat!«
»Ja, wir sind aus China; aber dieses Land ist ungeheuer groß. Wir haben es noch nicht in allen seinen Teilen bereist
und sind also wohl noch nicht in der Gegend gewesen, wo man den Dialekt spricht, den Sie sich angeeignet haben. Darf
ich fragen, in welchem Teil des Landes diese Gegend liegt?«
Im ersten Teile dieser Rede war Fu so rücksichtsvoll gewesen, für die Unkenntnis des Amerikaners nach einem
Grunde der Entschuldigung zu suchen. Aus seiner letzten Frage aber sprach der Schalk. Ohne dies zu bemerken,
antwortete der Missionar:
»Ich bin noch nicht in China gewesen und reise jetzt zum ersten Male hin.«
»So haben Sie sich diesen Dialekt auf einer Universität der Vereinigten Staaten angeeignet?«
»Nein, sondern auf eine viel leichtere und bequemere Art. Sie wissen wahrscheinlich wohl, daß wir Amerikaner
praktisch sind, und es ist Ihnen auch nicht unbekannt, daß sehr viele Chinesen, fast mehr, als uns lieb ist, in unseren
Staaten wohnen. In meinem Hause waren zwei beschäftigt, der eine als Wäscher und der andere als Barbier. Der
Wäscher stammte aus Nord- und der Barbier aus Südchina, und da ich nicht wünschte, in Beziehung auf die Sprache
einseitig ausgebildet zu sein, habe ich von Beiden Unterricht genommen.«
Hierauf trat eine momentane Stille, ja, eine Mäuschenstille ein. Die Gesichtszüge der Chinesen blieben vollständig
unbewegt; aber Mary errötete bis an die Stirn hinauf. Sie ahnte wohl, wie unsterblich sich ihr Vater soeben blamiert hatte;
dieser aber wendete sich ganz heiter und unbefangen dem Kellner zu, welcher ihm jetzt den nach der Suppe folgenden
Gang servierte.
»Sie sind also Missionar, wie ich auf Ihrer Karte gelesen habe?« fragte Fu nach einer Weile.
»Allerdings,« antwortete der Gefragte. »Ich hoffe, daß Sie wissen, was das heißt!«
»Das heißt, Sie kommen zu uns, um unsere Religion zu studieren und sie dann in den Vereinigten Staaten zu
verbreiten?«
Da legte Waller - denn dies war allerdings der Name des Missionars - schnell das Messer und die Gabel weg, warf
einen Blick der Ueberraschung auf den Sprecher und antwortete:
»Ich gestehe, daß ich noch nie in meinem Leben eine so unbegreifliche Frage gehört habe! Ich bin ein Christ und
habe also denjenigen Glauben, welcher der einzig wahre und richtige ist. Sie aber, der Sie sehr wahrscheinlich
Confucianer sind, sollten dem Ihrigen, der ein falscher ist, entsagen und sich entschließen, ein Christ zu werden!«
»Ich bin ja Christ,« antwortete der Chinese, indem über sein Gesicht ein ungemein höfliches, ja verbindliches Lächeln
glitt.
»Sie - - sind - - - Christ - - -?!« wiederholte der Amerikaner die Worte des Andern mit dem Ausdrucke des
Erstaunens. »So sind Sie also schon bekehrt?«
»Bekehrt? O nein! Wozu das? Eine Aenderung des Glaubens würde vollständig überflüssig sein. Wer etwas tut, was
gar nicht nötig ist, der verdient, ein Tor genannt zu werden.«
»Ich verstehe Sie nicht. Sie sind nicht bekehrt, also noch Confucianer, und behaupten doch, ein Christ zu sein.