Und Friede auf Erden von Karl May. Karl May

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Und Friede auf Erden von Karl May - Karl May

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Aegypten gekommen,

       um einige Zeit hier zu bleiben und sich dann zunächst Indien anzusehen. Große Eile schienen sie nicht zu haben.

       Sie kannten die Wirkung des Khamsin noch nicht und waren trotz desselben gleich nach ihrer Ankunft hier herauf

       geritten, weil Mary gewünscht hatte, zunächst das Gesamtbild von Kairo vor sich zu sehen. Und der Eindruck desselben

       war, wenigstens bei der Tochter, ein so tiefer, daß der ermattende Wind auf sie ohne sichtbare Wirkung blieb.

       Sie hatte die entfaltete Karte auf ihrem Schoße liegen, ohne aber zunächst nach speziellen Punkten zu suchen. Es

       schien ihr vor allen Dingen um den Totaleindruck zu tun zu sein. Dabei machte sie dann und wann eine Bemerkung, die

       mich aufhorchen ließ. In diesem Mädchen schien ein seltsames, ungewöhnlich reiches Seelenleben zu pulsieren! Einmal

       hätte ich beinahe verraten, daß ich ihr aufmerksam zuhörte. Sie nannte nämlich meinen Namen.

       »Weißt du, Vater, an wen ich jetzt denke?« sagte sie. »An Karl May. Ich habe seine drei Bände "Im Lande des Mahdi"

       gelesen, und - - -«

       »Lies nicht das dumme Zeug von diesem May!« unterbrach er sie rasch und schnarrend. »Dieser Schriftsteller hat

       nichts als Phantasie, und du weißt, daß mir seine weichliche Frömmigkeit widerwärtig ist! Wie kommst du dazu, grad jetzt

       an ihn zu denken?«

       »Er nennt Kairo "Bauwaabe el bilad esch schark, das Tor des Orientes", und sagt, dieses Tor sei altersschwach

       geworden und könne dem Einflusse des Abendlandes kaum mehr widerstehen. Es wird mir schwer, das zu glauben. Ich

       habe den Orient noch nicht gesehen, aber ich liebe ihn und wünsche, daß er sich stärker erweisen möge, als zum

       Beispiel du, Vater, mit so vielen Anderen denkst. Er ist für mich ein schlafender Prinz im stehengebliebenen Saale einer

       eingefallenen, morgenländischen Königsburg. Seine Bestimmung ist, von einer abendländischen Jungfrau aufgeweckt zu

       werden. Wenn dann durch Beide der Osten mit dem Westen in selbstloser Liebe vereinigt ist, werden alle Völker der

       Erde glücklich sein.«

       »Du bist eine Träumerin, ganz wie deine Mutter war! Die Wirklichkeit aber sieht ganz anders aus als so ein

       Märchentraum. Das Morgenland hat uns um das Paradies gebracht; es hat den Erlöser gekreuzigt und bis auf den

       heutigen Tag niemals erkennen wollen, was zu seinem Frieden dient. Nun kommen wir, die Himmelsboten, ihm diesen

       Frieden zu bringen. Nimmt es ihn an, so soll es ihn haben; stößt es ihn aber von sich, so wird es trotz aller unserer Mühe

       nicht zu retten sein. Schau doch hinab und sieh, was zu deinen Füßen liegt! Alles, was da noch orientalischen Ursprungs

       ist, steht im Begriff, im Schmutze zu versinken. Alles Neue, Praktische und Gute aber hat diese Stadt vom Abendlande

       bekommen. Dein Karl May, von dem ich sonst nichts wissen will, hat also in diesem einen Falle ausnahmsweise einmal

       das Richtige gesagt. Ist der Orient der Märchenprinz, von dem du sprachst, so ist es nur uns Sendboten möglich, ihn aus

       dem Schlafe aufzuwecken. Nur wir allein können ihn erlösen; wir fußen in und auf der Wirklichkeit; deine abendländische

       Jungfrau aber gehört ins Reich der Phantasie.«

       »Phantasie! Das ist vielleicht das richtige Wort,« lächelte sie. »Es gibt Leute, welche behaupten, daß die Phantasie

       hellere und schärfere Augen habe als der alterssichtig gewordene Verstand.«

       »Willst du mich belehren?«

       »Nein. Dazu bist du mir ja viel, viel zu gelehrt. Aber weißt du, wir klopfen heut beide an das Tor des Orientes, und

       wenn man irgendwo anklopft, soll man sich nicht nur fragen "Was willst du hier?" sondern auch "Was bringst du mit?".

       Denn ob man das, was man will, erreichen wird, das ist wahrscheinlich sehr von dem abhängig, was man mitbringt. Und

       mitbringen muß und wird Jeder Etwas, und wenn es nichts weiter als seine Persönlichkeit wäre. Fragen wir uns also heut,

       indem wir an diese Pforte klopfen, was wir für die, welche hinter ihr wohnen, mitbringen!«

       »Well, mein Kind! Ich bringe ihnen meinen Glauben. Das ist mehr als genug!«

       »Und ich bringe ihnen meine Liebe, meine ganze, ganze, volle Liebe! Ob das genug ist, weiß ich nicht; aber ich

       besitze ja nichts weiter, was ich geben kann. Und diese Liebe gebe ich so gern, so unendlich gern. Was habe ich

       gewünscht! Wie habe ich geträumt, gehofft, geschwärmt! Mein Herz ist mir nach hier vorausgeflogen. Es ist mir, als sei

       mein bisheriges Leben eine Weissagung gewesen, welche von heute an beginne, in Er- Erfüllung zu gehen. Der Orient ist

       die Heimat des Menschengeschlechtes. Fühlst du nicht auch, was es heißt, am Tore unserer Heimat zu stehen? Im Osten

       geht der Welt die Sonne auf. Ist es nur dein Glaube, welcher ihr entgegen geht? Bringst du ihr gar, gar nichts anderes

       mit?«

       »Schwärmereien!« antwortete er überlegen. »Das sind nun die Folgen meiner Schwäche, deine Lektüre nicht

       strenger zu überwachen. Die Gestalten aus "Tausend und eine Nacht" und anderen Büchern spuken in dir; du bist noch

       ein Kind; ich aber bin ein Mann; ich darf nicht schwärmen wie du, denn ich habe ernste Pflichten zu erfüllen. Denke an

       meine Wette mit Reverend Burton in London, im Laufe des ersten Jahres fünfzig erwachsene Chinesen zu bekehren und

       ihm die Beweise darüber vorzulegen!«

       »Was diese Wette betrifft, Vater, so wünschte ich, du wärst sie nicht eingegangen. Ich habe das Gefühl, daß es eine

       Entheiligung ist, die Seligkeit Anderer zum Gegenstande einer Wette zu machen.«

       »Nicht über diese Seligkeit, sondern über meinen Erfolg haben wir gewettet, Kind! Und ich werde gewinnen, weil mir

       die Gabe der überzeugenden Rede verliehen ist. Ich begreife nicht, wie ein Mensch einen anderen Glauben haben kann

       als den meinigen, welcher doch der einzig richtige, der einzig wahre ist. Schau dir da den Eselsjungen an! Sein Allah ist

       ein falscher Gott und sein Muhammed ein Lügner. So viele Türme da unten ragen, in so viele Moscheen möchte ich

       treten, um laut auszurufen, daß es kein anderes Heil als das unsere gibt. Warum werden so

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