Abende auf dem Gut Dikanka. Nikolai Gogol

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Abende auf dem Gut Dikanka - Nikolai Gogol

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wollt ihr mich denn binden?«

      »Er fragt noch! Und warum hast du dem fremden Bauern, dem Tscherewik, seine Stute gestohlen?«

      »Seid ihr bei Sinnen, Leute? Wo hat man denn je gesehen, daß einer sich selbst etwas stiehlt?«

      »Alte Possen, alte Possen! Warum bist du denn so atemlos davongelaufen, als wenn der Satan selbst dir auf den Fersen wäre?«

      »Soll man denn nicht laufen, wenn einem der Teufelsrock ...«

      »He, Bester, das lüg’ du anderen vor. Du wirst noch was Schönes vom Präsidenten erleben, weil du die Leute mit Teufelsgeschichten erschreckst!«

      »Haltet ihn, haltet ihn!« ertönte da ein Ruf am anderen Ende der Straße, »da ist der Ausreißer!«

      Und vor unserem Tscherewik erschien der Gevatter im allerjämmerlichsten Aufzug, er hielt die Arme auf dem Rücken und wurde von einigen Burschen vorwärts gestoßen.

      »Wunder über Wunder,« rief einer von ihnen.

      »Ihr solltet nur hören, was dieser Halunke erzählt. Man braucht ihm doch nur ins Gesicht zu schauen, und man sieht ihm den Dieb an! Als man ihn fragte, warum er so wahnsinnig davonrannte, da sagte er: ›Ich steckte die Hand in die Tasche, um eine Prise zu nehmen, aber statt der Tabaksdose zog ich ein Stück von dem teuflischen Kittel heraus, und eine rote Flamme sprang auf.‹ — Darum sei er davongerannt!«

      »He he! Es sind also beides Vögel aus demselben Nest! Bindet sie alle beide!«

      12

      »Was hab’ ich denn getan, ihr lieben Leute?

      Was glotzt ihr mich so an?« sprach unser Bursche,

      »Was spottet ihr und höhnt ihr denn mich Armen?

      Warum, warum?« so ruft er aus und flennt,

      Daß ihm die Träne auf der Backe brennt.

       Artemowski-Gulak: »Der Herr und der Hund«

      »Gevatter, vielleicht hast du in der Tat etwas stibitzt?« fragte Tscherewik, der zusammen mit seinem Gevatter gebunden in einer Strohhütte lag.

      »Also auch du, Gevatter! Hände und Füße sollen mir verdorren, wenn ich je etwas gestohlen habe, höchstens Krapfen mit Rahm bei meiner Mutter, aber auch das nur, als ich erst zehn Jahr alt war.«

      »Wofür werden wir denn so gestraft, Gevatter? Bei dir ist’s ja noch nicht schlimm: du wirst doch wenigstens nur beschuldigt, einen anderen bestohlen zu haben; aber mich Unglücksmenschen verleumdet der Satan: ich soll mir selbst 'ne Stute gestohlen haben. Es ist uns wohl nicht beschieden, auch mal ein bißchen Glück zu haben, Gevatter!«

      »O weh uns armen Waisen!« Und die beiden Gevatter fingen heftig an zu schluchzen.

      »Was hast du, Tscherewik?« fragte da Grytzko, der in diesem Augenblicke eintrat. »Wer hat dich gebunden?«

      »Ach, Golupupenko, Golupupenko!« schrie Tscherewik freudig. »Gevatter, das ist der, von dem ich dir erzählt habe. O, das ist ein tüchtiger Kerl! Gott soll mich hier auf der Stelle töten, wenn er nicht einen Krug ausgelutscht hat, so groß wie dein Kopf; und dabei verzog er keine Miene!«

      »Nun, Gevatter, und warum hast du einen solchen Prachtkerl abgewiesen?«

      »Sieh,« fuhr Tscherewik zu Grytzko gewandt fort: »Gott straft mich wohl, weil ich mich gegen dich versündigt habe. Vergib mir, lieber Junge! Bei Gott, ich hätte ja alles für dich getan ... Aber was soll man da machen! Der Satan sitzt in meiner Alten!«

      »Ich trage nie jemandem Böses nach! Wenn du willst, so befreie ich dich!« Er winkte den Burschen, und dieselben jungen Leute, die Tscherewik bewacht hatten, eilten herbei, ihn zu entfesseln.

      »Nun aber wird Hochzeit gemacht, wie’s sich gehört! Und wir wollen tanzen, daß uns vom Hopsen die Beine ein ganzes Jahr lang weh tun!«

      »Recht so!« rief Tscherewik und klatschte in die Hände. »Nun bin ich wieder so vergnügt, als ob meine Alte von den Moskowitern geholt worden wäre! Was ist da viel zu bedenken! Ob’s nun recht ist oder nicht — heute ist Hochzeit und damit Schluß!«

      »Nur sieh zu, Tscherewik, in einer Stunde komm’ ich zu dir, und jetzt geh nach Hause, dort warten Käufer auf dich, die deine Stute und den Weizen haben wollen.«

      »Wie? Hat sich die Stute gefunden?«

      »Ja, sie hat sich gefunden!« Tscherewik blickte dem Grytzko starr vor Freude nach.

      »Na, Grytzko, haben wir unsere Sache gut gemacht?« fragte der lange Zigeuner den vorübereilenden Burschen. »Jetzt kriege ich doch die Bullen?« »Ja, ja, du sollst sie haben!«

      13

      Fürcht dich nicht, lieb Mütterchen,

      Zieh die roten Schühchen an.

      Tritt mit Füßen

      Deine Feinde.

      Wenn die Schuh‹

      Von Eisen klirren,

      werden alle Feinde schweigen.

       Hochzeitslied

      Das liebliche Kinn auf die Hand gestützt saß Paraßka sinnend allein im Zimmer. Mancherlei Träume umschwirrten ihr blondes Köpfchen. Manchmal berührte plötzlich ein leichtes Lächeln ihre rosigen Lippen, und ein freudiges Gefühl ließ sie die dunklen Brauen emporheben, bald aber senkte sich wieder ein Sinnen wie eine Wolke auf ihre grauen klaren Augen.

      »Wie wenn es nun doch nicht so käme, wie er gesagt hat!« flüsterte sie mit einem Ausdruck des Zweifels. »Wenn er mich nun aber doch nicht bekommt? Wenn ... Nein, nein! Das kann nicht sein! Die Stiefmutter tut alles, was sie will! Kann ich nicht auch tun, was ich will? Mein Trotz ist groß genug! Wie schön ist er doch! Wie wunderbar glühen seine schwarzen Augen! Wie lieb kann er sagen: ›Paraßja, mein Täubchen!‹ — Wie gut steht ihm der weiße Kittel! Wenn er noch dazu einen hellen Gürtel ... Ja ich will ihm einen machen, wenn wir zusammen in die neue Wohnung ziehen. O wie ich mich darauf freue!« fuhr sie fort, indem sie ein kleines, mit rotem Papier beklebtes Spiegelchen aus dem Busen zog, das sie auf dem Jahrmarkt gekauft hatte, und in das sie mit geheimem Vergnügen hineinschaute. »Wenn ich ihr später begegne, so grüße ich sie nicht, und wenn sie platzt! Nein, Stiefmütterchen, du hast deine Stieftochter genug geprügelt! Eher wächst Sand auf Steinen, und neigt sich die Eiche wie eine Weide zum Wasser herab, als daß ich mich vor dir neige! Aber ich habe ja ganz vergessen ... ich will doch das Häubchen umbinden; ob es mir wohl gut steht; wenn’s auch der Stiefmutter gehört.«

      Sie stand auf, den Spiegel in der Hand und den Kopf über ihn geneigt, und ging behutsam durch die Stube, als fürchtete sie sich hinzufallen; denn statt des Fußbodens sah sie die Decke mit den Brettern, von denen neulich der Popensohn heruntergefallen war, und die Wandborde mit den Töpfen drauf vor sich.

      »Ich bin doch wirklich wie ein Kind!« rief sie lachend aus, »ich hab Angst, einen Fuß vor den andern zu setzen!«

      Und

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