LIBER ABYSSOS. Frater LYSIR
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Die Sephirah Kether ist die All-Einheit, die Krone, die in sich alles vereinigt, was dual ist. Dieser Umstand vereitelt, dass der Qlippoth etwas Ähnliches wie Kether hat, denn der Qlippoth ist eine Seite der Dualität, so wie auch der Sephiroth eine Seite der Dualität ist. Ferner ist es nicht richtig, dass die obere Triade aus Kether-Chokmah-Binah besteht. Kether ist die obere Triade, sowie auch die mittlere und die untere Triade, da aus Kether alles entspringt.
Somit ist es nicht richtig, dass Kether „nur“ die Spitze des Sephiroth ist, nein, es ist die Krone, die über dem Sephiroth thront, darüber, nicht an seiner Spitze.
Wenn man sich dazu auch noch mal die Sephirah Daath holt, erkennt man, dass man in Daath eine Einigung erfährt, die den Weg zur Sephirah Kether öffnet. Daath ist nicht mehr dual, es ist die beginnende Verschmelzung der Dualität, deswegen steht Daath nicht zwischen Binah und Chokmah, sondern über ihnen, da wo im „normalen Sephiroth“ die Sephirah Kether steht.
Kether gebiert sich aus Daath, d. h. Daath transformiert sich zu Kether, d. h., es gibt keinen Pfad von Daath zu Kether, da Daath Kether wird, und Kether alles ist.
Somit ist der Lebensbaum im Grunde falsch gezeichnet.
Vielmehr müsste er so aussehen:
Wobei auch dieser „falsch“ ist, denn Kether ist letztlich als bildliche Sphäre falsch. Sie umschließt und durchdringt den Sephiroth und den Qlippoth. Dies könnte man so darstellen, dass man einfach über den Sephiroth „Kether“ schreibt. Das würde aber wieder mehr Verwirrung als Klarheit bringen – zumindest in dieser Phase der Transformation.
Wenn man es sich überlegt, dann bekommt sogar das Prinzip des „Flammenschwertes“ hierdurch eine andere Gewichtung.
Das Flammenschwert ist wie folgt aufgebaut, beginnend mit dem Griff des Schwertes: Kether – Chokmah – Binah – Chesed – Geburah – Tiphereth – Netzach – Hod – Yesod – Malkuth, die Spitze.
Die Energie (Kether) beginnt und ist die Allwissenheit (Daath), welche zum Willen (Chokmah) wird, der durch Transformation im weiblichen Urbild (Binah) die duale Form annimmt. Dieser geformte Wille wird durch die Macht des Lichtes und der Liebe einen Ebenensprung erfahren und findet in der Barmherzigkeit (Chesed) die spezifische duale Schöpfung. Die Schöpfung verbindet sich mit der Stärke (Geburah), mit dem Intellekt, dem Sieg der Liebe. Diese lebende (liebende), willens- und seelenstarke Schöpfung durchfließt die Sonne, das Zentrum der Dualität (Tiphereth), das Licht, die Information, um dann in der Beständigkeit, Standhaftigkeit (Netzach) einzudringen. Dies führt dazu, dass diese neue, lichtvolle Schöpfung im majestätischen Glanz einer intelligenten Kreativität (Hod) aufgeht. Dies führt durch weitere Transformationen zum Grundstein der dritten Dimension (Yesod), welcher seine Energie in die Erde ergießt (Malkuth).
Das Flammenschwert dient als Werkzeug, es dient als Weg, es dient als Wegweiser, doch „wer“ führt denn dieses Flammenschwert?
Der Griff des Schwertes befindet sich in der Sephirah Kether, wobei Kether das Schwert führt, also die „Hand“ ist und nicht „der Griff“. Daath ist der „Griff“ des Flammenschwertes, denn der Griff ist der erste Punkt, der „erkennt“ und „weiß“ was die „Hand“ will, d. h., wie die Hand das gesamte Schwert führt.
Ob die Hand das Schwert durch Zerstörung und Vernichtung in die Dunkelheit der Dualität führt oder ob die Hand das Schwert durch Weisheit und Intelligenz in das Licht der Dualität führt. In Daath, im Abyss, trennen sich die Energien, um „in die Bäume“ zu fließen, gleichzeitig verbinden sich die Energien im Abyss, um zurück zur Quelle zu gelangen.
Kether ist das, was das Eine ist, und Daath ist die Kraft, die Macht, die Energie, die die Dualität spalten oder vereinen kann, je nach Zweck und Aufgabe der Energie.
Es wird wohl deutlich auffallen, dass es zu Daath und Kether keine Antipoden gibt. Wie auch? Kether ist die Einheit. In der Einheit gibt es keinen Antipoden, da es die Einheit ist. Bei der Sephirah Daath ist es so ähnlich. Daath ist ein Paradoxon, denn es ist in sich ein Antipode, d. h., der Antipode zu Daath ist Daath, da sich in Daath die Dualität vereint.
Wenn man die Sephirah Daath bildlich aufschlüsseln möchte, dann kann man es sich wie folgt vorstellen:
Die obere Triade ist der Keim und die Aussaat der Dualität, des universellen Lebens.
Die obere Triade ist nicht manifestiert, sondern rein energetisch, da sie der „erste Grund“ (Causa prima) ist, aus dem alle anderen Triaden entspringen, da in der oberen Triade die Sephirah Kether ist, aus der alles entspringt.
Somit ist die obere Triade „das Gedachte“ (Noumenon), welches das allumfassende Sein der Dualität erschafft, da in der oberen Triade, durch Kether bzw. Daath, erst die Dualität entspringt.
Der Mensch ist immer bemüht, Prinzipien in dingbare Bilder zu begrenzen.
Daher ist es nicht verwunderlich, dass man in kabbalistischer Literatur auch auf Passagen stößt, die den Sephiroth als einen „rechten Pfad“ bezeichnen und alles, was darüber ist als einen linken Pfad.
Doch dies ist unsinnig, denn dem Sephiroth kann nicht allein nur alles Rechte (Rechtsseitige) zugeordnet sein.
Genauso verhält es sich mit der Ebene Ain Soph (noch nicht einmal Ain Soph Aur).
Auch hier kann nicht alles Linke (Linksseitige, Sinistere) vorhanden sein.
In Ain Soph existiert die Unendlichkeit, dort gibt es nichts, das auch nur entfernt etwas mit „linksseitig“ oder „rechtsseitig“ oder „mittig“ einhergehen kann.
Nichts ist Nichts.
Wenn man die Sephirah Daath in Bezug auf Sephiroth und Qlippoth betrachtet, verändert sich natürlich das Diagramm.
Der Mensch ist stets darauf bedacht, Erklärungen zu finden, wo es im Grunde keine Erklärungen geben kann. Es gibt keinen Sephiroth, keinen Qlippoth, keinen Etz Chajim und kein „Orbital“ Daath. Dennoch ist das Hilfskonstrukt eines Textes die Krücke, die man benötigt, um auch mit dem Tagesbewusstsein den Sprung in den Abyss zu wagen. Die Sephirah Daath ist der „Bedolach“ (Kristall der Mitte). Das, was früher als Sephirah und Qlippah bezeichnet wurde, könnte man, sinnigerweise, einfach als „Bedolach“ (Kristall der Mitte) bezeichnen, denn auch wenn Daath eine besondere Aufgabe und Stellung hat, ist es dennoch eine Sephirah bzw. ein Bedolach. Somit ebnet jeder Bedolach, egal ob Daath, Yesod oder Sin’ah den Weg zur Krone (Kether), damit sich letztlich die „Chozekim ose ofel“ (Kräfte der Finsternis) und die „Chozekim ha or“ (Kräfte des Lichts) als „Ebenbild der Schöpfung“ vereinen. Doch es sind alles nur Namen und Bezeichnungen, die unwichtig sind, wenn man es nicht in sich, in seinem Herzen, spürt.
Doch