Der Schrei des Phönix. Sabine Gräfin von Rothenfels
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Den Schlussstrich zog ich, zumindest geistig nur für mich, bei einer Sommerparty. Bei der Feier fungierte mein damaliger Freund als DJ und ignorierte mich den ganzen Abend total. Ich war wirklich total sauer über sein Verhalten. Ich hatte genug davon wie er sich aufführte. Genug von seiner Missachtung. Dazu kam dieses Gefühl nicht mehr die Einzige für ihn zu sein. Noch hatte ich keinen Beweis für seine Untreue doch konnte ich ihm nicht mehr vertrauen.
Da bin ich tatsächlich am Lagerfeuer mit ein paar netten Jungs ins Gespräch gekommen. Und diese jungen Männer nahmen mich gar nicht für selbstverständlich sondern durchaus für bemerkenswert. Besonders einer schien nicht nur nett und intelligent sondern auch sehr an mir interessiert zu sein.
Das war der entscheidende Punkt gewesen. Ich hatte erkannt dass es durchaus auch noch andere Männer gab. Männer die mich mit Respekt behandelten. Dass die Art und Weise wie mein Freund mit mir umging schlicht unakzeptabel war. Das war mir plötzlich ganz klar.
Bis ich dann tatsächlich den endgültigen Schlusspunkt setzte und meinen Wohnungsschlüssel von ihm zurück verlangte dauerte es noch fast zwei Wochen. In diesen Tagen kühlte die Beziehung, auch von seiner Seite aus, merklich ab. Er hatte so gut wie keine Zeit mehr für mich und das war mir mehr als recht.
Ich war noch nie sehr konfliktfreudig. Mir hatte vor der Auseinandersetzung gegraut. Schließlich wischt man mehr als sieben Jahre Beziehung nicht so einfach weg. Da schlug einfach mein stoisches norddeutsches Erbe durch.
Ich bin die Tochter einer Spanierin und eines echten Hamburgers.
Groß, blond und jene tiefgründigen dunkelblauen Augen. Blau wie die See. Meistens ruhig, manchmal aufbrausend. Unendliche Weite und Tiefe. So ist mein Vater. Er ist mein ideal für einen Mann.
Rein äußerlich würde uns niemand für Vater und Tochter halten doch unsere Seelen schwingen im gleichen Takt. Wir können nicht ohne Wasser. Ohne die salzige Seeluft und stets eine Handbreit Wasser unterm Kiel fühlen wir beide uns wie Fische auf dem Trockenen.
Meine Mutter Maria dagegen obwohl auf einer Insel aufgewachsen verabscheut das Meer zutiefst. Montanias, die Berge und trockenes südliches Klima, das ist nach dem Geschmack von Mama.
Hamburg war daher auch immer nur eine Übergangslösung für sie. Auch als sie dort ihre große Liebe fand war es nie eine Option für sie dauerhaft im kühlen, flachen Norden der Republik zu leben.
Wie es unsere kleine Familie dann schließlich in die Kleinstadt in der Nähe von München verschlagen hat konnten weder mein Vater noch ich wirklich beantworten. Meine Mutter war immer gut darin gewesen das Leben unserer Familie zu lenken und zu organisieren. Maria versteht es ihren Willen durchzusetzen. Als Bauingenieur kann Papa schließlich überall arbeiten. Irgendwie hatte sie eine Stelle für ihn nahe den bayrischen Alpen gefunden und uns dahin verfrachtet bevor wir dagegen protestieren konnten.
Mein Vater und ich machten das Beste aus der Situation. Der bayerische Süden hatte ja auch seine Reize. Jede freie Minute gingen wir schwimmen, segeln oder Motorbootfahren. Chiemsee, Ammersee oder Starnberger See boten zum Glück genügend Möglichkeiten für uns zwei Wasserratten. Nur der Ozean mit Wind und Wellen fehlte uns.
Meine Mutter schüttelte über diese Aktivitäten nur den Kopf. Sie genoss währenddessen die Museen, den spanischen Kulturclub oder die schicken Münchner Boutiquen. Mit den Jahren haben wir uns alle drei mit dem Leben in Bayern arrangiert, wir fühlen uns heimisch. Ich habe mein Abitur gemacht, die Ausbildung zur Rechtsanwaltsgehilfin abgeschlossen und dann habe ich meinen Ex-Freund kennengelernt.
Ich war in der kleinen Stadt inzwischen so verwurzelt dass es mir gar nicht in den Sinn kam wieder nach Hamburg zu gehen. Auch die Großstadt reizte mich nicht mehr. So nahm ich mir eine kleine Wohnung in der Nähe des Hauses meiner Eltern und lebte dort mehr oder weniger alleine. Mein damaliger Freund war gewöhnlich nur an den Wochenenden da.
Dann war auch das vorbei. Sein Rückzug kam mir sehr entgegen und ich traf mich immer häufiger mit meinen neuen Freunden von der Openair-Party.
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Ich hoffe Du hast die Hölle auf Erden!
Diese Frechheit! Mir vorzulügen du müsstest sie heiraten damit sie in Deutschland bleiben kann. Das arme Mädchen. Was geht dich diese Polin an? Du wolltest sie vögeln, so einfach ist das.
Du wolltest eine Sexsklavin für die du nicht zahlen musst. Eine die alles mitmacht. Fürs Puff bist du nämlich zu geizig.
Fick dich! Ich brauche dich nicht du Wurm! Für mich beginnt jetzt ein neues Leben!
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Mein neuer Freundeskreis hat sich noch um weitere Kumpels erweitert. Alle sind junge nette Männer. Sie werden von mir allgemein nur die „Band“ genannt. Sie waren ja auch einmal eine Schülerband. In den goldenen achtziger Jahren.
Alles liebe, hübsche Burschen in verschiedener Couleur. Bestimmt waren sie sehr angesagt gewesen. Damals. Doch seit dem Schulabschluss waren sie nicht mehr auf der Bühne gestanden. Sie kamen auch nur noch selten zusammen. Alle kamen nie mehr zusammen. Beim Abiball hatten die sechs Jungs zuletzt gespielt. Gefeierte Helden waren sie gewesen.
Damals kannte ich sie noch nicht, die Bandjungs waren zwei bis drei Jahre jünger als ich. Das spielt aber jetzt keine Rolle mehr. Damals natürlich schon, mit 15 beziehungsweise 18 sind drei Jahre Altersunterschied eine Ewigkeit. Mit 18 haben jüngere Jungs für mich nicht existiert und ich war für sie wohl kaum interessant. Die Band gab es bei meinem Abschluss auch noch nicht. Das kam dann erst später als ich schon nicht mehr zur Schule ging.
Der Bandleader und Sänger war Ali. Ein gutaussehender Junge mit dunklem Haar und schwarzen Augen. Er hatte am meisten gefeiert. Seinen Sieg über seinen Vater der wollte dass sein Sohn den Gemüseladen übernahm. Ali hatte mit einem Notendurchschnitt von 1,5 abgeschlossen, hatte seinen Studienplatz in Molekularbiologie sicher. Er hat die Bewunderung der Mädchen genossen. Er hatte getrunken. Viel. Zu viel.
Niemand hatte bemerkt wie er auf das Flachdach der Sporthalle geklettert war. Niemand hatte gemerkt als er in die Tiefe stürzte. Elf Meter. Seit dem war keiner der zurückgeblieben Bandmitglieder mehr auf eine Bühne gegangen. Es war vorbei.
Michi hat mir das erzählt. Allein, im Dunkeln. Ich konnte die Tränen in seinen Augen nicht sehen aber ich konnte sie spüren.
Nach Alis Tod hat sich alles verändert. Zwar waren sie noch Freunde doch jeder hatte sich in eine andere Richtung entwickelt. Sieben Jahre waren vergangen. Die Jungs waren zu Männern geworden, hatten studiert, gearbeitet, Freundinnen gehabt. Jedenfalls fast alle.
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