Älter werden. Rolf W. Meyer
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Schon immer träumten die Menschen vom Erhalt der Jugend, von der Lebensverlängerung oder sogar von dem ewigen Leben. Diese uralten Menschheitsträume finden sich in einer Vielzahl von mythischen und religiösen Überlieferungen wieder. [1]
Bei den Überlieferungen geht es beispielsweise um den Jungbrunnen als Quelle der Ewigen Jugend oder des Ewigen Lebens. Der Begriff „Jungbrunnen“ leitete sich vom mittelhochdeutsch brun (ne) ab, was so viel bedeutete wie Quelle, Brunnen. Er stand also für die Vorstellung eines „Lebensbrunnen“. Ein Kraut, das Ewiges Leben spendet, wurde vom Gilgamesch, der in der sumerischen Königsliste als ein früher König von Uruk genannt wird, im gleichnamigen Epos um 300 vor Christi Geburt gesucht. Die goldenen Äpfel der Hesperiden (es sind Nymphen, die hellsingenden Töchter, der griechischen Mythologie) ermöglichten den Göttern der griechischen Mythologie die Ewige Jugend. Tithonos (er ist in der griechischen Mythologie ein Sohn des trojanischen Königs Laomedon) wurde zwar auf Bitten von Eos, der griechischen Göttin der Morgenröte, das Ewige Leben durch Zeus, der der oberste olympische Gott der griechischen Mythologie ist, bewilligt, jedoch vergaß Eos für ihn auch um die Ewige Jugend zu bitten. Das hatte zur Folge, dass Tithonos alterte und bis zu einer Zikade (eine Vertreterin der Schnabelkerfe) schrumpfte. Dieses Thema hat später der irische Schriftsteller und Satiriker der frühen Aufklärung, Jonathan Swift (1667 – 1745), in seinem Werk „Gullivers Reisen“ mit den Struldbrugs („die Unsterblichen“) aufgegriffen und umgewandelt. [2]
Im Ersten Buch Mose im Alten Testament wird von dem „Baum des Lebens“ berichtet, zu dessen Früchten das erste Menschenpaar und somit die Stammeltern aller Menschen, Adam (hebr. „Mensch“) und Eva (hebr. „Leben“), nach der Vertreibung aus dem Paradies (sie hatten verbotenerweise von den Früchten des „Baumes der Erkenntnis“ gegessen, was als ein Hinweis auf die Verführbarkeit des Menschen angesehen werden kann) keinen Zugang mehr hatten. Dies wird als ein früher religiöser Erklärungsansatz für die Sterblichkeit des Menschen gedeutet. In der Genesis („Schöpfung“, 1. Buch Mose, das erste Buch des jüdischen Tanach und der christlichen Bibel) findet sich auch ein Hinweis auf die maximale Lebensspanne des Menschen: „Da sprach der Herr: Mein Geist soll nicht für immer im Menschen bleiben, weil er auch Fleisch ist; daher soll seine Lebenszeit 120 Jahre betragen.“
Im Papyrus Edwin Smith (er ist ein altägyptischer medizinischer Text, der auf Papyrus geschrieben wurde) werden Rezepturen gegen die Altersflecken und Falten der Haut beschrieben. Bei Hippokrates von Kos (460 – 370 v. Chr., er war ein griechischer Arzt und Lehrer), Aristoteles (384 – 322 v. Chr., er war ein griechischer Universalgelehrter) und Galenos (geb. zwischen 128 und 131, gest. zwischen 199 und 216, er war ein griechischer Arzt und Anatom) finden sich Vorbeugungsmaßnahmen gegen das Altern in Form von Diät und Mäßigung. Aristoteles (384 – 322 v. Chr., er war ein griechischer Universalgelehrter) empfahl durch bestimmte Verhaltensweisen „das Aufzehren der inneren Wärme“ (die für ihn das Leben abbildet) „zu verhindern oder zumindest zu verzögern.“ Der griechische Arzt Galenos begründete die Gerokomie, die sich mit der medizinischen Behandlung der alten Menschen beschäftigt, und setzte sich dadurch für Alten- und Pflegeheime im römischen Konstantinopel ein. [3]
Bis in die Neuzeit hinein waren die Auffassungen darüber, ob es sich beim Altern um eine Krankheit handelt, sehr unterschiedlich. Für Aristoteles stellte das Altern eine natürliche Krankheit dar und Seneca (1 – 65 n. Chr., er war ein römischer Philosoph, Dramatiker, Naturforscher, Politiker und Stoiker) sah in dem Alterungsprozess sogar eine unheilbare Krankheit.
Nebenbei bemerkt: Als Stoa bezeichnet man eines der wirkungsmächtigsten philosophischen Lehrgebäude in der abendländischen Geschichte.
Terenz (geb. zwischen 195 und 184 v. Chr., gest. 159 oder 158 v. Chr., er war einer der berühmtesten Komödiendichter der römischen Antike) meinte „Senectus ipsa morbus est“ (deutsch: „Das Alter selbst ist eine Krankheit.“). [4] Galenus (geb. zwischen 128 und 131, gest. zwischen 199 und 216, er war ein in Rom tätiger griechischer Arzt und Anatom) sah in dem Altern keine Krankheit, da er Krankheit als „wider der Natur“ betrachtete. Paracelsus (geb. 1493 oder 1494, gest. 1541, er war ein Schweizer Arzt, Naturphilosoph, Alchemist, Laientheologe und Sozialethiker) betrachtete im 16. Jahrhundert den Prozess des Alterns als eine Selbstvergiftung. Ignatz Leo Nascher (1863 – 1944, er war ein US-amerikanischer Mediziner) begründete die moderne Geriatrie („Altersmedizin“) und betonte stets, dass „Altern keine Krankheit ist“. [5]
Bis in die Renaissance hinein (es war die europäische Kulturepoche in der Zeit des Umbruches vom Mittelalter zur Neuzeit im 15. Und 16. Jahrhundert) versuchte man mit Sunamitismus (eine früher populäre „Therapieform“ gegen männliche Altersschwäche und nachlassende Potenz) die männliche Altersschwäche zu therapieren. Dabei ging man von folgender Therapiestrategie aus: Die körperlichen „Ausdünstungen“ einer Jungfrau, die zu dem zu therapierenden Greis in das Bett gelegt wurde, ohne dass aber dabei Geschlechtsverkehr stattfand, sollten verjüngend wirken. Diese Therapieform geht zurück auf das Alte Testament. [6]
Gegen Ende des 18. Jahrhunderts begründete der deutsche Arzt Christoph Wilhelm Hufeland (1762 – 1836) die Makrobiotik. Hufeland war nicht nur als Arzt und königlicher Leibarzt tätig, sondern auch als Sozialhygieniker und „Volkserzieher“. Sein 1796 erschienenes Buch „ Makrobiotik oder Die Kunst das menschliche Leben zu verlängern“ wurde ein Welterfolg. [7]
Bis in das 20. Jahrhundert hinein vertraten einige Ärzte die Auffassung, dass das Altern vor allem durch eine „Rückbildung der Geschlechtsdrüsen“ verursacht wird. Dies führte in einigen Fällen zu ungewöhnlichen „Therapieansätzen“. So injizierte man beispielsweise den Probanden Hodenextrakte verschiedener Spezies. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts arbeitete Charles-Édouard Brown-Séquard (1817 – 1894, er war ein britisch-französischer Physiologe und Neurologe) mit subkutanen Injektionen von Hoden-Extrakten von Meerschweinchen und Hunden (das sogenannte Brown-Séquard-Elexier), mit dem er auch sich selbst „verjüngt“ hatte. [8]
Einen ähnlichen Behandlungsweg verfolgte der Schweizer Arzt Paul Niehans (1882 – 1971), der 1931 mit Zellsuspensionen von Schaf-Feten die sogenannte „Zellulartherapie“ („Frischzellentherapie“) erfand. [9] Das Verfahren konnte sich bis in die 1980er Jahre in einem gewissen Rahmen verbreiten. Vor allem durch die Behandlung von zahlreichen Prominenten, wie etwa Konrad Adenauer (1876 – 1967, er war von 1949 bis 1963 der erste Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland), Pius XII. (1876 -1958, er war vom 2. März 1939 bis zu seinem Tode Papst in Rom) und Hirohito 1901 – 1989, er war der 124. Tenno („Kaiser“ Japans), fand diese Methode in der Boulevardpresse Beachtung. Jedoch: Für die Wirksamkeit der Frischzellentherapie liegt bis heute kein wissenschaftlicher Nachweis vor.
Wie alt werden wir heute?
Die Lebenserwartung der Menschen lag über Jahrhunderte hinweg konstant bei 30 bis 40 Jahren. Als Otto von Bismarck in seiner Funktion als damaliger Reichskanzler des Deutschen Reiches im Jahr 1889 die Rentenversicherung einführte, wobei die Pensionsgrenze bei 70 Lebensjahren lag, wurden die meisten Deutschen keine 65 Jahre alt. Interessant ist, dass seitdem die durchschnittliche Lebenserwartung kontinuierlich anstieg. In den letzten 120 Jahren hat sich die Lebenserwartung für Frauen wie für Männer verdoppelt. In Deutschland liegt sie heute im 21. Jahrhundert für neugeborene Jungen bei über 78 Jahren, für neugeborene Mädchen bei über 83 Jahren. Erwähnenswert ist, dass 65 Jahre alte Männer, die in Deutschland leben, gegenwärtig mit einer noch verbleibenden Lebenserwartung von knapp 18 Jahren rechnen können. Für 65 Jahre alte Frauen besteht eine verbleibende Lebenserwartung von 21 Jahren. [10]
Nebenbei bemerkt: Gerade im Zeitraum seit der Jahrtausendwende ist die Anzahl der Hundertjährigen enorm gewachsen. Im Jahr 2000 gab es weltweit etwa 150.000 Hundertjährige. Heute (Stand 2019) leben auf der Erde vermutlich über 500.000 Menschen, die 100 Jahre oder älter