Die Väter-Casting-Liste. Eva Markert

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Die Väter-Casting-Liste - Eva Markert

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sollte ich Leon einweihen“, überlegte ihr Bruder.

      „Bist du bescheuert? Dieser Mistkerl blabbert doch bestimmt sofort alles aus.“

      Nun wurde Patrick doch wütend. „Leon ist kein Mistkerl! Und wenn er ebenfalls dafür wäre, dass sein Vater und unsere Mutter heiraten, erreichen wir zu dritt sicher mehr als wir beide allein. Ich frage ihn morgen.“

      Hannah war fest davon überzeugt, dass dies ein Fehler war. Aber eine bessere Idee hatte sie leider auch nicht.

      Kapitel 4

      Am nächsten Morgen ging zunächst alles schief. Hannah hatte ziemlich schlecht geschlafen und wild geträumt. Ganz benebelt stand sie auf.

      Sie lauerte durch die Gardinen. Draußen war alles Grau in Grau, und es regnete. Na bravo!

      Beim Frühstück verursachte sie eine Riesenschweinerei. Als sie Milch in ihre Müslischale schütten wollte, ergoss sich ein Schwall auf den Tisch. Die Schale und ihr Glas Apfelsinensaft standen in einer Milchpfütze. Ihre Mutter, die sich mal wieder verschlafen hatte und dementsprechend nervös war, musste ihr helfen und meckerte dabei mit ihr herum.

      „Sprichst du heute mit ihm darüber?“, fragte Hannah ihren Bruder, als die Mutter aus dem Haus gehetzt war. Sie hatte sich inzwischen schon ziemlich an den Gedanken gewöhnt, Herrn Schafmeister zum Vater zu bekommen. Den bekloppten Leon musste sie eben in Kauf nehmen.

      Auch ihr Bruder sah ziemlich mürrisch aus. „Mit wem soll ich worüber sprechen?“, brummte er.

      „Mensch, Patrick! Bist du blöd, oder was? Natürlich mit Leon, über seinen Vater.“

      „Ach, das meinst du. Mal sehen.“

      „Mal sehen, mal sehen“, äffte Hannah ihn nach. „So wird das nie was!“

      „Ich muss abwarten, ob es passt, du Null!“, fuhr er seine Schwester an. „Ich kann nicht einfach hingehen und sagen: Ach übrigens, wie wär’s, wenn dein Vater unsere Mutter heiratet?“

      „Streng dich gefälligst an, damit es klappt.“

      „Reg dich ab. Ich krieg das schon hin!“

      „Viel Glück!“, rief Hannah ihm nach, als er aufbrach.

      Patrick machte im Hinausgehen eine abwehrende Handbewegung.

      „Bestimmt ist er zu feige, um mit Leon zu sprechen“, dachte sie.

      Weil sie heute erst zur zweiten Stunde hatte, musste sie den Frühstückstisch allein abräumen. Das machte ihr überhaupt keinen Spaß, zumal es urplötzlich acht Uhr war und sie sich höllisch beeilen musste.

      Das Ende vom Lied war, dass sie fünf Minuten zu früh an der Bushaltestelle stand. Nun zu allem Überfluss noch warten! Bei dem Regen!

      Als der 732iger endlich kam, war Hannahs Stimmung um einige weitere Striche auf ihrem Launometer gefallen.

      Beim Einsteigen sah sie, dass ein Platz frei war. Das kam nur selten vor. Und dieser Platz befand sich neben dem netten Mann, den sie regelmäßig im Bus traf, wenn sie um Viertel vor neun Schule hatte. Aufatmend ließ sie sich auf den Sitz neben ihm fallen.

      Der Mann wandte den Kopf zu ihr um. „Hallo“, sagte er.

      Kurz zweifelte Hannah. „Du darfst nie mit fremden Männern sprechen“, hatte ihre Mutter ihr eingeschärft. Aber der Mann hatte sie offensichtlich erkannt, so wie sie ihn. Also war er nicht wirklich fremd. „Hallo“, antwortete sie deshalb mit einer kleinen Verzögerung. „Falls es mit Leons Vater nichts wird“, dachte sie, „dieser Mann käme durchaus in Frage.“ Merkwürdig, dass ihr das erst jetzt einfiel. Sie mochte ihn, seit sie ihm das erste Mal im Bus begegnet war, kurz nach dem Umzug in die Wohnung im Hochhaus. Er sah einfach irgendwie nett aus. Wenn er lächelte, wie gerade, blitzten seine Augen. Waren sie eigentlich blau oder grau? Hannah schielte zu ihm hin, doch er schaute aus dem Fenster und sie sah nur seinen Hinterkopf. Waren seine Haare nun dunkelblond oder hellbraun? Hannah konnte sich nicht entscheiden. „Ein Mittelding“, beschloss sie. „Sie waren braun-blond. Oder blond-braun, je nachdem, wie man es betrachtete. In dem Augenblick wandte er ihr sein Gesicht zu, als ob er gespürt hätte, dass Hannah ihn betrachtete. Seine Augen waren graublau – oder nein, doch eher blaugrau.

      Hannah nahm sich vor, Patrick von ihm zu erzählen.

      Als sie nachmittags aus der Schule kam, stand vor dem Hochhaus ein Möbelwagen. Zog jemand ein? Das war nichts Ungewöhnliches. In dem Wohnturm herrschte ein ständiges Kommen und Gehen. Neugierig schaute Hannah ins Innere des Wagens. Außer ein paar Brettern war er leer. Offenbar hatte man die Möbel schon ins Haus transportiert. Wahrscheinlich in die Wohnung ein Stockwerk unter ihnen, in der Laura und Maren mit ihrer Mutter gewohnt hatten.

      Zwei Möbelpacker kamen aus der Tür. Schnell verschwand Hannah im Haus. Sie nahm nicht den Aufzug, sondern die Treppe. Auf diese Weise konnte sie vielleicht einen Blick auf den oder die neuen Hausbewohner erhaschen. Es wäre schön, wenn wieder Mädchen in ihrem Alter einziehen würden.

      Die Tür zu der Wohnung in der vierten Etage stand offen. Hannah blieb stehen. Kinder waren keine zu entdecken, nur Männer, die hin und her liefen. Sie hörte den Aufzug, der im fünften Stock hielt. Das war sicher Patrick. Hannah sprang die Stufen hinauf. Sie war gespannt wie ein Flitzebogen, was er zu berichten hatte.

      „Und? Was hat er gesagt?“, überfiel sie ihn.

      Diesmal wusste Patrick sofort, was sie meinte. „Ich hab ihn nicht gefragt.“

      „Och Mann, du Pfeife!“

      „Nun warte doch ab! Ich erzähle es dir gleich.“

      Ungeduldig schaute Hannah zu, wie er in aller Ruhe seine Schuhe in den Schuhschrank stellte und den Rucksack in sein Zimmer brachte. Sie folgte ihm.

      „Wir haben Autorennen gespielt auf Leons neuer Spielkonsole“, fing Patrick an und bekam aus irgendeinem Grund einen Hustenanfall. Vielleicht hatte er sich an seiner eigenen Spucke verschluckt. Hannahs Kopfhaut begann zu kribbeln, während sie darauf wartete, dass das Gehuste endlich aufhörte.

      „Zuerst“, begann er nach einer halben Ewigkeit erneut, „habe ich Leon gefragt, wie er Mama findet. Er findet sie in Ordnung. Danach habe ich gefragt, ob er nicht auch gern eine Mutter hätte. ‚Was soll das?‘, hat er geantwortet. ‚Ich habe doch eine.‘“

      „Das war tatsächlich eine blöde Frage“, warf Hannah ein. „Er hat ja wirklich eine Mutter, nur dass sie weit weg wohnt und er sie nur in den Ferien besuchen kann.“

      „Und sie hat einen neuen Mann und Kinder“, ergänzte Patrick. „Deshalb hab ich gefragt: „Hättest du nicht lieber eine, die immer bei dir und deinem Vater ist?“

      „Und was hat er darauf geantwortet?“

      „Nichts. Er hat gejohlt. Weil er nämlich genau in dem Augenblick gewonnen hat.“

      Hannah verdrehte die Augen. „Und dann?“

      „Ich hab es noch einmal versucht. Ich habe behauptet, dass eine Mutter, die man jeden Tag um sich hat, besser ist als eine, die man nur selten sieht. Da ist er wütend

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