Johann Gabb. Thomas Pfanner

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Johann Gabb - Thomas Pfanner

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zurückzukehren. Natürlich alles hopp-hopp! Hopp-hopp stellte die normale Geschwindigkeit dar, in der Offiziere die Dinge erledigt wissen wollten. Als frei geborener Mann, nur sich und den Seinen Rechenschaft schuldig, ließ er sich von der ständigen Antreiberei gehörig unter Druck setzen. Infolgedessen fuhr er schneller, als er es sich eigentlich zutraute. Der Hauptmann hatte klar gemacht, dass er fest bis sechzehn Uhr mit der Rückkehr seines Kochs rechnete, weil um diese Uhrzeit ein wichtiger Termin für die gesamte Kompanie anstand. Was das nun wieder geben würde?

      Was für Offiziere als ein wichtiger Termin galt, konnte für den einfachen Soldaten flugs zur Fahrkarte ins Jenseits bedeuten. Zu allem Überfluss musste sich Johann dann noch in der Stadt verplappern. Die Ostpreußen zeigten sich Fremden gegenüber nicht gerade freundlich. Die örtlichen Bauern besaßen nur noch wenig, nachdem nun schon im vierten Jahr jede durchfahrende Einheit auf der Suche nach Brauchbarem ausschwärmte.

      Essbares galt in diesen Zeiten mehr als alles Geld der Welt. Von daher traf Johann auf eine relativ leere Gegend, zu leer für seinen Auftrag. Beim Anblick der Bauern verstand er auch, weshalb der Hauptmann den Begriff Kampfauftrag gewählt hatte, obgleich der nicht wirklich sicher war, ob dieser alte Kommisskopf in seinem verblendeten Kampfeswillen nicht sogar so weit ging, mit dem gleichen Begriff seine Frau zur Erfüllung der ehelichen Pflichten aufzufordern. Aber hopp-hopp.

      Johann musste grinsen, achtete einen Augenblick zu lange auf die vor seinem geistigen Auge ablaufende Vorstellung und nicht auf die Straße, und bezahlte unverzüglich dafür. Ein heißer Schreck durchfuhr ihn, mit aller Kraft kurbelte er das Lenkrad nach links, dorthin, wo gerade dieser bessere Feldweg aus seinem Sichtbereich entschwand. Die lange Motorhaube ruckte nur kurz in die Richtung, doch schon verließ das rechte Vorderrad gefestigten Untergrund und setzte daraufhin seinen Weg in eigenwilliger Weise fort, ohne weiter Rücksicht auf die vom Fahrer eingeschlagenen Räder zu nehmen.

      Er kämpfte weiter, während der Lkw zu schlittern begann, das Heck schwänzelte wie ein nervöser Kuhschwanz, brach jedoch nicht aus. Dafür kam unaufhaltsam die Straße abhanden, rechtwinklig rückte der Opel in die Botanik aus. Bäume gab es hier kaum, zu viel Wasser und sumpfiges Gelände ließen nur spärlichen Bewuchs zu. Eine gute Seele hatte es immerhin versucht, in lockerem Verbund standen etliche etwa zwei Meter hohe Jungbäume in der Landschaft, von denen einige buchstäblich unter die Räder gerieten, ohne den Vorwärtsdrang des Lasters merkbar zu verringern. Erst jetzt kam Johann die Möglichkeit in den Sinn, den Wagen einfach abzubremsen. Beherzt setzte er den Gedanken in die Tat um und trat mit aller Macht auf die Bremse.

      Die Natur beschloss gerade, etwas zu helfen. Ein deutlich größerer Baum erschien plötzlich in Johanns Gesichtsfeld, unmittelbar darauf kam der Opel mit einem Krachen und einem heftigen Ruck zum Stillstand. Gleichzeitig durchzuckte Johann ein heftiger Schmerz.

      Er hatte das Lenkrad die ganze Zeit mit aller Kraft umklammert gehalten, infolge des Aufpralls stellten sich die Räder rasant in die andere Richtung, das Lenkrad rotierte abrupt und die Speiche schlug gegen seine rechte Hand. Dem Schmerz folgte ein taubes Pochen, auch ohne medizinische Kenntnisse ließ sich das ausgekugelte Daumengrundgelenk klar erkennen. Johann wurde schlecht, der Magen flatterte, mühsam öffnete er mit links die Tür und quälte sich nach draußen.

      Den Schmerz und die augenblickliche Schwäche ignorierend umrundete er den Lkw, durfte aber zu seiner nicht geringen Erleichterung feststellen, dass der Opel von größeren Schäden verschont geblieben war. Soweit kannte er seine neuen Herren schon, dass Schäden am Material wesentlich rigoroser bestraft wurden als menschliche Verluste.

      Zum Glück bestand der gesamte Schaden lediglich aus einer Einkerbung in der Stoßstange. Neben den bereits vorhandenen Schäden fiel dieser eine nicht weiter auf, da nichts wirklich kaputt gegangen war. Nur musste der Opel irgendwie wieder zurück auf die Straße kommen. Johann wusste noch nicht, wie viel Glück ihn dieser Unfall bringen würde, vorerst betrachtete er es als größtes vorstellbares Glück, einen dreiachsigen Lkw an der Straße zu sehen. Der schwere Laster hielt an und zwei Soldaten stiegen aus.

      »Na, Rekrut, der Führerschein ist noch druckfrisch, wie es scheint.«

      Beide Soldaten waren etwa in seinem Alter und brachten somit genügend Lebenserfahrung mit, um ihren Worten ein gutes Maß an Nachsicht mitzugeben. Als Gefreite stand ihnen zudem keine Befehlsgewalt zu.

      »He, Kameraden, ich könnte ein Abschleppseil gut brauchen«, rief er den beiden entgegen.

      »Ach guck, ein Schwab`«, gab der Soldat zurück und grinste breit. »Gehörst sicher zu dem Haufen Volksdeutscher, die für uns den Krieg gewinnen sollen.«

      Johann nickte und versuchte ein neutrales Lächeln. Die allgemeine Lage war ihm ebenso bekannt wie die Strafe auf defätistische Reden. Im Angesicht der unausweichlich scheinenden Niederlage zeigte sich das Regime mehr und mehr dünnhäutig. Ungeachtet dessen redeten die Soldaten gleichzeitig zusehends unverblümter über die Lage, vor allem die Soldaten mit Fronterfahrung. Nur ließ sich für einen Neuling wie ihn nicht sicher abschätzen, wie es mit der Kameradschaft zu seiner Sorte Deutscher stand, sollte er sich an den flotten Sprüchen beteiligen und am Ende ein Sündenbock gesucht werden. Der Soldat wedelte beruhigend mit der Hand.

      »Keine Sorge, Kamerad. Mein Neffe war auf Landverschickung in Ungarn, ich bin euch Leuten noch was schuldig.«

      Johann atmete auf. In einer feindlichen Umgebung auf Freunde zu treffen, konnte ohne Weiteres als Glücksfall durchgehen. Die Leute in Ostpreußen waren nicht die Einzigen, die Fremden gegenüber feindselig eingestellt waren, wobei denen jeder als fremd galt, sobald er keine Verwandten aus der Region vorweisen konnte. Deutscher war noch lange nicht gleich Deutscher, selbst unter den Soldaten wurden scharfe Unterschiede gemacht. Man unterschied sehr genau nach der Herkunft. Ein Preuße sprach nicht gerne mit einem Bayern, die Norddeutschen wurden mit überhaupt niemandem warm, und die Angehörigen der Waffen-SS hielten sich für was Besseres und wurden daher von normalen Wehrmachtssoldaten geschnitten, wo immer es straflos möglich war.

      Dummerweise hatte die SS mit den Volksdeutschen ein ziemliches Problem, weil diese aus Prinzip ausschließlich zur SS eingezogen und keinem Auswahlverfahren unterworfen wurden. Mithin standen sich selbst ernannte Elitesoldaten hastig ausgebildeten Bauern und Handwerkern in der gleichen Truppe gegenüber und verzweifelten aneinander. Die einen zogen sich in die trügerische Sicherheit ihrer Panzer und Schützenpanzer zurück, die anderen sollten mit der Flinte in der Hand ein gewisses Maß an Rückendeckung fabrizieren, was man ihnen aber im Grunde gar nicht zutraute. Die Volksdeutschen wurden also gebraucht, aber nicht gelitten. In dieser Situation freute es Johann, auf zwei Soldaten zu treffen, die ihm freundlich gesonnen waren. Eine kurze Inspektion der Gegebenheiten ließ den Soldaten zufrieden nicken.

      »Den kriegen wir wieder raus. Da brauchen wir keine Verstärkung.« Nun erst besah er sich Johann genauer. »Lenkrad weggeschlagen? Mhm, lass mal sehen.«

      Der zweite Soldat benötigte nur einen kurzen Blick, um sich in Richtung seines Schwerlasters zu bewegen und kurz darauf mit einem Verbandskasten zurückzukehren.

      »Fingergelenk angebrochen, mindestens.«

      In seiner anscheinend typischen Weise machte der Soldat eine kurze Pause, um dann weiter zu sprechen.

      »Ihr habt doch heute einen Sondertermin, ist doch so, hm? Na, dann mache ich dir einen schönen Verband. Damit gehst du gleich zum Sani und nicht auf den großen Platz. Lass dich verarzten und bitte um zwei Tage Krankschreibung. Übermorgen rückt ihr nämlich ab.«

      Johann war erstaunt genug, um die Schmerzen, die das Verbinden mit sich brachten, nicht weiter zu beachten. Was war denn das für ein Soldat, der das alles wusste? Diesen Gedankengang erahnend lächelte der Mann nur schmallippig.

      »Wenn

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