Hugo Wietholz – ein Diakon des Rauhen Hauses – Autobiographie. Jürgen Ruszkowski

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Hugo Wietholz – ein Diakon des Rauhen Hauses – Autobiographie - Jürgen Ruszkowski

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dem jungen Meister ging es auf Montage, da wurde dann eine Wohnung mit elektrischen Brennstellen versehen. Die meisten Wohnungen in dieser Gegend hatten noch Gas zum Beleuchten. Viele Leute wollten vom Gas loskommen. Es war gefährlich, und die Glühstrümpfe mussten sehr oft erneuert werden. Dazu schickte mich der Meister oft in die Häuser, nachdem der Meister mir das Aufsetzen der Glühstrümpfe beigebracht hatte. Man musste diese Dinger vorsichtig aufsetzen und dann abbrennen, wehe, man berührte den Strumpf, dann zerfiel er.

      Ich muss schon sagen, mein Beruf machte mir viel Spaß, wenn ich auch abends müde ins Bett fiel. Mein Vater fragte oft, was den ganzen Tag so los war. Er wollte ja, dass ich auch richtig etwas lernte.

      Schwer war es, wenn in einer Wohnung die Zinkbadewanne durch eine emaillierte Gusswanne ersetzt wurde. Einmal mussten wir mit vier Mann so ein Ding mehrere Etagen raufschleppen. In der Badestube musste der Bleiboden, auf dem die neue Wanne stehen sollte, untersucht und ausgebessert werden. Oft musste auch der Dreck von mehreren Jahren beseitigt werden, denn die Hausfrau konnte vorher nie hinter und unter die Wanne kommen.

      Mit dem jungen Meister war ich gern unterwegs, um elektrische Leitungen zu legen. Zuerst war ich gespannt, wie wohl der Draht in die Mitte der Zimmerdecke käme. Dort hing ja vorher die Gaslampe, die wurde entfernt und die Gasleitung mit einem Kapphaken verschlossen. Damals hatten wir keine elektrische Bohrmaschine, wir machten die Löcher mit einem Rohrbohrer, der beim Lochschlagen immer gedreht werden musste, sonst könnte auf der anderen Seite ein Stein herausfliegen, dies geschah auch manchmal.

      Eines musste man dem jungen Meister lassen, er sah sehr auf Sauberkeit. Beim Schlagen oder Bohren wurde stets eine Schaufel oder ein Karton untergehalten. Wenn etwas vorbei fiel, wurde es sofort aufgefegt, es sollte so wenig Schmutz wie möglich geben. Die Hausfrau war dann auch immer froh darüber. Nachmittags gab es dann oft eine Tasse Kaffee mit einem Keks.

      Nun aber kurz die Erklärung, wie der Draht in die Mitte der Decke kam, ohne dass er zu sehen war. Meistens hatten diese Altbauwohnungen in den Stubendecken eine Gipskehle. Vom Korridor wurde ein Loch geschlagen, um in den Hohlraum zu gelangen. Die Gipskehle wurde aufgeschnitten und in der Mitte der Decke ein Loch gebohrt, um in den Blindboden der Decke zu gelangen. Mit einem dünnen Draht wurde nun versucht, von der Mitte bis zu der Gipskehle zu gelangen und dort wurde der Draht mit einem Gegendraht herausgezogen. Daran wurde nun der Leitungsdraht gebunden und zur Mitte gezogen. Nun war die Leitung in der Decke und viele staunten, wie das möglich war. Ich selber wurde zum Gipsen angelernt und konnte später die ausgesägten Gipsstücke so gut wieder einsetzen, dass man die Stelle nicht mehr erkennen konnte.

      Lange Zeit war ich begeisterter Strippenzieher, wie man den Elektriker nannte. Mein Vater hat dann dem Meister klargemacht, der Junge soll doch den Klempner- und Mechanikerberuf erlernen. Aber noch war ich von dem Elektrikerberuf wie besessen. Es gab ja so viele Neuigkeiten. Die Kronleuchter, die mit Gas gespeist wurden, mussten auf elektrisch umgearbeitet werden. Dabei mussten Drähte eingezogen und Fassungen montiert werden. Einmal passierte es mir, dass ein Glasarm der Krone entzwei ging. Da war ich aber in Druck. Der Meister sagte: „Sieh mal zu, wie du das wieder in Ordnung bringst.“ So bin ich bis zur Feldbrunnenstraße gelaufen. Dort fand ich einen Glasschleifer, der mir den Schaden in Ordnung brachte. Ich hatte doch einen Bammel gehabt, ich dachte, ich müsste die Glaskrone ersetzen.

      Wenn eine Wohnung fertig installiert war, kam der spannende Augenblick, wenn der Beamte von den HEW den Zähler anbrachte und die Lampen angingen. Die Bewohner solcher Wohnung freuten sich riesig über das neue Licht. Auch ich hatte meinen Spaß und dazu das Trinkgeld. Oft war ich um 21 Uhr noch nicht im Haus, und mein Vater erkundigte sich beim Meister, was denn los sei. Der Meister sagte dann, der Junge ist nicht von der Arbeit wegzubringen.

      So kam Weihnachten 1924 heran. Es war ein trauriges Fest, denn Vater lag mit einer schweren Lungenentzündung im Bett. Mutter machte sich große Sorgen, denn Vater war aus dem Krieg schon nicht als Gesunder heimgekehrt. Er hatte ein Kehlkopfleiden. Natürlich kam der Arzt mehrere Male. Mutter kochte dann eine kräftige Hühnerbrühe und langsam ging es besser. Wir bekamen dann doch noch unsere Geschenke, Marie ihre Puppe und ich mein Buch: „Quer durch die Wüste Gobi“ von Sven Hedin. Später gab es noch ein Buch: „Mit Stanley durch Afrika“. Ich hatte solche Lektüre sehr gern, die Schilderungen von Land und Leuten fand ich spannend.

      Zum Jahresende 1924 musste in der Fachschule ein Probestück abgeliefert werden. Bei mir war es ein Wasserkastenschwimmer aus Zink, der sauber gelötet sein musste. Für gute Arbeit gab es eine besondere Zensur und der Meister bekam ein Lob für gute Lehrlingsbetreuung.

      Das Jahr 1925 war für mich besonders inhaltsreich. Meine Zeugnisse waren ganz gut geraten, und die Schulleitung meinte, der Lehrling müsse in eine andere Klasse, wo mehr gefordert würde. Das geschah dann auch. Ganz leicht war es in dieser Klasse zunächst nicht. Es waren da etliche Meistersöhne, die eine andere Schulbildung genossen hatten. Auch war ihre Art oft recht überheblich. Zum Glück fand ich später einen Freund, der auch im Wesen zu mir passte.

      In unserem Betrieb in der Eichenstraße war viel los. Die heißen Sommertage wurden zum Dachteeren genutzt. Es gab in der Gegend viele Pappdächer, die nach Jahren immer wieder geteert werden mussten. Wenn das nicht rechtzeitig geschehen war, musste das ganze Dach neu mit Dachpappe gedeckt werden. Dazu wurde eine Klebemasse gebraucht, die auf einem Ofen gekocht wurde. Dabei musste man höllisch aufpassen, damit die Masse nicht überkochte. So langsam gewöhnte ich mich an die Höhenluft, denn man musste schon schwindelfrei sein. Die Dächer hatten nach hinten ausgebaute Mansarden, diese Schrägen mussten auch geteert werden. Nachdem nun feststand, dass ich schwindelfrei war, wurde ich ans Ende der Mansarde geschickt, um diese zu teeren. Dabei stand man in der Dachrinne und wenn die voll Klebemasse war, blieb man mit dem Schuh darin stecken und kam nur mit Mühe wieder frei. Eigentlich gab es eine Vorschrift, dass man diese Arbeit nur angebunden machen sollte, aber darunter litt die Beweglichkeit. Manchmal war es auf dem Dach so heiß, dass wir öfter Pausen einlegen mussten. Ich wurde dann zum Milchhändler geschickt, um mehrere Liter Buttermilch zu holen. Oft hatte man Sehnsucht nach Urlaub, aber während der guten und heißen Tage ging das nicht, nur die Fachschule hatte Sommerpause. Später bekam ich im Herbst mal 3 Tage frei und war darüber schon ganz froh.

      Eines Tages, ich hatte schon Feierabend, bekamen wir Besuch. Durch meine viele Arbeit beim Lehrmeister, hatte ich den CVJM ganz vergessen. Nun war der Leiter, Hans Bock, persönlich erschienen, um mich zur Jugendabteilung, die immer Sonntagabend stattfand, einzuladen. Ich war ganz gerührt, dass er den weiten Weg meinetwillen gemacht hatte, um den vergesslichen Jungen zurückzuholen.

      Von meinem ehemaligen Freund, Kurt Beisinger, war nichts mehr zu sehen. Der musste seine eigenen Wege gegangen sein. Später hörte ich, er sei bei der Fliegerei gelandet und im Krieg mit dem Flugzeug abgestürzt.

      Nun, am Sonntag ging ich dann den Weg zu den Colonaden. Im Heim traf ich eine muntere Schar von jungen Leuten. Es wurde gespielt, erzählt und von Wanderungen berichtet, die schon stattgefunden hatten oder noch geplant wurden. Dann setzten wir uns rund ums Klavier und Hermann Schmidt begleitete die Fahrtenlieder, die wir aus voller Kehle sangen. Zum Schluss wurde uns Gottes Wort ausgelegt und mit in die Woche gegeben. Mir gefielen diese Sonntagsstunden sehr, und ich löste mich langsam von der Klicke aus der Knauerstraße.

      Bald fand ich Freunde, die in der Frickestraße in Eppendorf wohnten. Es waren drei Brüder, der Hermann wurde mein besonderer Freund. Wir holten uns am Sonntag gegenseitig ab und marschierten zum CVJM.

      Eines Sonntags wurde angekündigt, wir treffen uns am nächsten Sonnabend mit Übernachtungsgepäck, es geht zur Heideburg, einem Heim des Nordbundes. Es sollte eine Nachtwanderung gemacht werden. Am Sonnabend ging es dann mit der Bahn bis Harburg und dann mit der Straßenbahn bis zur „Goldenen Wiege“. Das war die Endstation an den Schwarzen Bergen. Es war schon dunkel geworden, die Gruppe musste dicht beieinander

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