Raumfahrt - wohin und wozu. Thomas Ahrendt
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Da der Mond praktisch ohne Atmosphäre ist, wird der Blick ins All weder durch Wolken behindert, noch durch Luftturbulenzen verzerrt, was auch günstig für die Astronomie ist, also für die Erforschung des Universums. Durch die niedrige Mondschwerkraft und eine geologisch sehr stabile Oberfläche - typische Mondbeben liegen beim 10-8 fachen vergleichbarer Erdbeben und entsprechende Bodenbewegungen bei 10-9 m - wird der Bau großer Beobachtungsinstrumente möglich; zum Beispiel 16 m große optische Teleskope und 500 m große schwenkbare Radioteleskope. Zusätzlich lassen sich Teleskope interferometrisch zusammenschalten, wodurch deren Auflösung die von einem Einzelteleskop von mehreren Kilometern Durchmesser erreichen kann. LOUISA (Lunar Optical-UV-IR-Synthesis-Array) ist zum Beispiel ein Teleskoppark aus 2 konzentrischen Ringen mit 1,5 m-Teleskopen, mit dem man auf der Erde noch 5 Cent-Stücke große Strukturen auflösen könnte. Mit LOUISA lassen sich erdähnliche Planeten in der galaktischen Nachbarschaft finden. Ähnliche Anordnungen wären auch mit Radioteleskopen mit vergleichbaren Leistungen möglich. Der Mond wäre auch ein möglicher Standort für kosmologische Beobachtungen wie etwa für die Suche nach Gravitationswellen und kosmischen Strings (über spezielle Gravitationslinsen). Im Gegensatz zum Erdorbit ist die Mondumgebung (noch) frei von Raumschrott und damit ist die Kollisionsgefahr sehr gering. Auch wenn die Gewinnung von Rohstoffen für Vorhaben auf dem Mond und in Erdumlaufbahnen und der Betrieb von Observatorien zum Großteil automatisch durch Roboter geschehen kann, die zunehmend komplexere Handlungen ausführen können, macht die Errichtung der Mondbasis selbst eine Beteiligung von Menschen nötig. Das anfängliche Mondleben wird dem in einem Atom-U-Boot ähneln; die ersten Mondbasen werden zum Schutz vor Sonnenstrahlung und Flares wohl aus miteinander verbundenen Zylindermodulen und einer gut 2 m hohen Deckschicht aus Mondmaterial bestehen. Solarkollektoren und kleine Kernreaktoren liefern Strom für die Basis, da eine Mondnacht zwei Erdwochen entspricht. Mit dem Wachsen der Mondbasis wird der Betrieb zur Routine. Besatzungen, die aus Astronomen, Geologen, Physikern und andere Wissenschaftlern bestehen, verbleiben 0,5 bis 1 Jahr in der Basis. Sauerstoff-Gewinnungsanlagen werden zum Beispiel Einrichtungen im Erdorbit beliefern; Helium-3 , das mit dem Sonnenwind auf den Mond gelangt, wird als Brennstoff für Fusionsreaktoren Verwendung finden - all diese Aktivitäten setzen eine ausgedehnte außerirdische Infrastruktur voraus, denn für 1 kg Helium-3 müssen jedoch 105 bis 106m3 Regolith transportiert, auf 1000º C erhitzt und die freiwerdenden Gase über anspruchsvolle Destillations- und Separationsprozesse erarbeitet werden. Dafür fallen als Nebenprodukte tonnenweise Wasserstoff und andere Gase an. Existiert eine entsprechende Fusionstechnologie und sind die Herstellungs- und Transportkosten entsprechend gering, könnte der ökonomische Wert von 1 kg Helium-3 bei rund 106 Euro liegen, wenn daraus 108kWh (thermisch) oder nach Umwandlung etwa 107kWh (elektrisch) erzeugt werden und 1 kWh (elektrisch) bei 0,1 Euro liegt. Die Helium-3-Deuterium-Fusion erzeugt Helium-4, Protonen und setzt pro Reaktion 18,3 MeV Energie frei; sie erfordert wesentlich höhere Werte der Plasmaparameter und die Abstoßkräfte sind höher als zum Beispiel bei der Deuterium-Deuterium- oder Deuterium-Tritium-Fusion. Dadurch wird sie zu einer komplexeren Technologie der 2. oder erst 3. Generation von Fusions-Kraftwerken. Aber bei ihr wird die freiwerdende Energie über Protonen statt über Neutronen abtransportiert, die über Wechselwirkungen mit Magnetfeldern direkt und problemlos in MHD-Kraftwerken in Elektrizität umgewandelt werden kann. Diese spezielle Fusionsart wird auch für Raumschiffantriebe hochinteressant. Ganze Flotten von Transferfahrzeugen werden einen regelmäßigen Fährverkehr zwischen dem LEO und dem Mond und zurück aufrechterhalten. Lunare Ressourcen lassen sich auch dazu verwenden, um größere Raumstationen mit komplexeren Einsatzmöglichkeiten und ein dichtes Netz von energieerzeugenden Satelliten zu bauen. Wäre es nach dem Constellation-Programm der NASA von 2006 gegangen, sollten 2019 Menschen zum Mond und 2037 zum Mars und danach zu noch weiter entfernten Zielen fliegen; zwischen 2020 und 2024 wäre eine ständig besetzte Mondbasis errichtet worden. Das ehrgeizige und umfassende Constellation-Programm stellte den NASA-Fahrplan zur Erkundung und Erforschung des Sonnensystems mit neuen Sonden, Raumschiffen und Trägerraketen dar und umfasste unter anderem Versorgungsflüge zu Raumstationen und Mondlandungen. Das in diesem Programm enthaltene bemannte Raumschiff "Orion" basierte auf den Apollo-Kapseln. Zusammen mit den Trägerraketen "Ares I" und "Ares V" sollte es das Space Shuttle ersetzen. Mit der Altair-Landefähre hätte man dann auf dem Mond landen können, dieses Mondlandemodul wäre mit einer Ares-V-Rakete in die Umlaufbahn gebracht worden, um dort mit dem Orion-Raumschiff zusammenzukoppeln, das seinerseits mit einer Ares-I in den LEO transportiert worden wäre. Ähnlich wie beim Apollo-Programm wäre der Komplex zum Mond geflogen. Die Altair-Mondlandefähre war zweiteilig konzipiert: eine Abstiegsstufe hätte den Großteil des Treibstoffs, des Sauerstoffs und der Stromversorgung enthalten und die Aufstiegsstufe die Astronauten, die Lebenserhaltungssysteme und Treibstoff für den Aufstieg. Mit der Altair hätten 4 Astronauten eine Mondmission durchführen können; das Orion-Raumschiff hätte unbemannt in einer Mondumlaufbahn verbleiben können. Doch es kam mal wieder anders als geplant.
Zukünftige Routinemondflüge werden in Modulen stattfinden, die an thermonukleare Antriebsstufen gekoppelt sind. Die Astronauten steigen dann von der Raumstation in eine Kapsel um, die an eine Antriebseinheit gekoppelt wird und zum Mond fliegt, im Mondorbit löst sich die Kapsel von der Antriebseinheit und landet mit eigenen Triebwerken und Treibstoff. Die Antriebseinheit könnte im Mondorbit wiederbetankt werden und mit einem anderen Transportmodul zurück in den LEO fliegen. Zukünftige Mondlandungen könnten auf Luftkissen statt auf Raketentreibstoff basieren, oder die Landung erfolgt ganz flach auf einer präparierten Sandlandebahn mit Kufenbremsung.
Eine Mondstation könnte Treibstoff und Material (als Zwischenstation) für weiter entfernte Raumfahrtziele bereitstellen. Der Mond hätte als Basis für zukünftige interplanetare Missionen die treibstoffsparenden Vorteile einer geringen Fluchtgeschwindigkeit und fehlender Atmosphäre. Auf ihm ließen sich Erfahrungen für Marsmissionen und andere Kolonisationsprojekte (die großen Jupitermonde und Titan betreffend) sammeln und entsprechende Technologien testen. Er wäre ein ideales Forschungs- und Testgebiet, da viele Projekte und Experimente eine sterile, luftleere oder schwerkraftarme Umwelt benötigen, zum Beispiel nanotechnologische oder zoologische Forschungsprojekte.
Der nächste Schritt könnte die Errichtung einer Mondbasis sein. In mehreren Missionen würden unbemannte Raketen die zum Aufbau nötigen Materialien zum Erdtrabanten bringen und ihre Nutzlasten dicht beieinander landen lassen, damit sie leicht gefunden und zusammengebaut werden können. Die Besatzung der Mondbasis würde in einem Shuttle zur ISS fliegen und von dort aus in ein Mondraumschiff umsteigen, dessen Nutzlast ein Vielfaches der Apollokapseln wäre. Ihre Rückkehr würde analog, aber umgekehrt erfolgen. Vorher jedoch würden robotische Lander wiederverwendbare Start- und Landesysteme testen und Treibstoffvorräte deponieren.
Ab 2015 könnten bemannte Mondflüge stattfinden, um einen längerfristigen Aufenthalt auf fremden Himmelskörpern zu trainieren, was zum Beispiel eine autonome Energieversorgung und den Aufbau von Wohnungen und Lebenserhaltungssystemen einschließt. Zuerst würden die Astronauten (oder Kosmonauten oder Taikonauten) das eigene Raumschiff als Unterkunft benutzen, um dann Materialien aus den vorher gelandeten Transportraketen einzusammeln und daraus die Basis mit Wohn-, Schlaf- und Forschungsräumen errichten. Vorstellbar wäre auch der Einsatz aufblasbarer Konstruktionen, da sie geringere Masse haben und schnell einsetzbar sind; vielleicht werden sie auch als Notfalllager verwendet.
Ein mögliches Basislager wäre z.B. für 10 Personen und für 6 Monate eingerichtet, in denen Forschungs- und Wartungsarbeiten durchgeführt werden und eine lunare Produktionsstätte errichtet wird. Solare und nukleare Energieversorgung sowie die Herstellung von Treibstoffen, Wasser, Sauerstoff usw. machen die Mondstationen und -basen langfristig unabhängig von Erdlieferungen. Richtig große Mondkolonien könnten dann in Mondkratern errichtet werden, in denen Wassereis vermutet wird.
Wasser und Luft ließen sich sonst auch - mit mehr Aufwand - aus Ilmenit herstellen; das Wasser würde z.T. per Elektrolyse oder Photolyse in Wasserstoff und Sauerstoff zerlegt, der Sauerstoff verflüssigt und als Atemluft und als