Raumfahrt - wohin und wozu. Thomas Ahrendt

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Raumfahrt - wohin und wozu - Thomas Ahrendt

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bei Rückkehr zur Erde über die Venus und damit in große Sonnennähe, was einen entsprechenden Schutz gegen Wärme, Strahlung usw. notwendig macht.

       Finden die Expeditionen auf Hohmannbahnen statt, ist man an ein Startfenster gebunden, das sich nur alle 2 Jahre öffnet; eine Möglichkeit wäre, 1 Jahr für den Hin- und Rückflug und 1 Jahr Verweildauer auf dem Mars einzuplanen oder man führt eine schnellere Reise bei längerer Wartezeit durch. Zwar sind Flüge auf Hohmannbahnen energetisch am günstigsten, aber sie beanspruchen die längste Dauer. Da die solare und kosmische Strahlenbelastung die ganze Zeit über einwirkt, ist die Krebsgefahr entsprechend hoch.

       Bei Verwendung eines thermonuklearen Antriebs verringert sich die Hinflugzeit auf 150 - 180 Tage und das Krebsrisiko ist nur noch halb so hoch, daran schließen sich 619 Tage Wartezeit an, bis Erde und Mars in günstiger Konstellation für den Rückflug stehen und 110 Tage braucht man für den Rückflug. Die Besatzung befindet sich außerdem währenddessen im freien Fall, also in Schwerelosigkeit beziehungsweise in Mikrogravitation. Für Langzeitflüge könnte es notwendig werden, künstliche Schwerkraft durch Rotation oder Dauerbeschleunigung zu erzeugen.

       Schon 1947/48 plante Wernher v. Braun eine Marsflotte aus 10 Raumschiffen, die innerhalb von 8 Monaten in einer Erdumlaufbahn zusammengebaut werden sollten. Dazu sollten 46 wiederverwendbare Raumfähren die Bauteile in 950 Flügen in den Orbit bringen. Eine 70köpfige Besatzung wäre dann 8 Monate unterwegs, von denen 50 Astronauten in einem Raumschiff auf Kufen auf einem der Pole landen würden. Sie würden sich von dort aus zum Äquator begeben, um dort Landebahnen für 2 weitere Raumschiffe zu bauen, die gleich nach der Landung für den Notfall aufgerichtet werden sollen. Die restlichen Astronauten sollten auf einer Umlaufbahn in den Raumschiffen verbleiben. Nach 400 Tagen seiner Erforschung, Erkundung usw. wäre der Rückflug erfolgt.

       5 Jahre vor Gagarins Flug am 12. April 1961, verringerte v. Braun seine Mission auf 12 Astronauten in 2 Raumschiffen. Auch in diesem Plan wären die Schiffe vorrangig für den Notstart vorbereitet worden, erst danach hätten sie den Planeten erforscht.

       Anfang der 1960er befand sich die Raumfahrt mit ähnlichen Projekten in Aufbruchsstimmung, da mit der Freisetzung der Kernenergie, Computern und der Überwindung der Erdanziehungskraft alles möglich schien.

       In einem 1962er Szenario sollten 5 Astronauten 1971 am Mars vorbeifliegen, 4 Jahre später sollten wieder 5 Astronauten in seine Umlaufbahn eintreten, um ihn zu erkunden. 1977 sollten sich 8 Astronauten 30 Tage auf seiner Oberfläche aufhalten; für künstliche Schwerkraft und zur Lagestabilisierung sollten alle diese Raumschiffe über kreisförmige, rotierende Unterkünfte verfügen. Ebenfalls in den 1960ern gab es Pläne, die Apollo-Maschinerie für Marsflüge auszubauen, die aber wegen des Vietnamkrieges nicht realisiert werden konnten, da dieser 100 Milliarden Dollar pro Jahr verschlang, während die Raumfahrt damals gut 5 Milliarden brauchte, um innerhalb von 6 Jahren Nutzlasten für Saturn V-Raketen zu entwickeln.

       Eine weitere Studie sah als Startdatum den 3. Mai 1971 vor, die Rückkehr war für den 24. Januar 1974 geplant. Bei diesem Projekt war der Marsgleiter mit sehr großen Deltaflügeln ausgestattet, da die Marsatmosphäre nur 8% des irdischen Drucks hat.

       Kurz nach Apollo 11 schlug v. Braun eine aus der Apollo-Technik weiterentwickelte Marsmission vor: in 6 bis 7 Flügen mit umgebauten Saturn V-Raketen sollte das Marsschiff für ein kleines Team im LEO montiert werden. Für interplanetare Missionen sollte ihre 3. Stufe mit Atomkraft verstärkt werden. 1982 sollten die Astronauten auf dem 4. Planeten landen.

       1971 wurde eine Studie angefertigt, nach der eine wiederverwendbare Raumfähre die einzelnen Module des Marsraumschiffs in den Orbit bringen sollte, wo es dann zusammengebaut würde. Da der Laderaum der Raumfähre nur 5 m Durchmesser hatte, wäre es nötig gewesen, das Raumschiff in 30 Module aufzuteilen. Stattdessen sollte nur das Antriebsaggregat der Raumfähre dazu verwendet werden, um Module mit 8 m Durchmesser mit einer Saturn-Oberstufe halb in den Orbit zu transportieren, von wo aus die Fracht mithilfe einer weiteren Oberstufe in die vorgesehene Umlaufbahn weiterfliegt, während das Raumfährenaggregat zum Startplatz zurückkehrt. Dadurch wären nur 6 Flüge für den Transport der Einzelteile nötig, während die Oberstufen zum Antrieb des Marsraumschiffs verwendet worden wären. Dessen Betankung mit 1,5 Kilotonnen Treibstoff sollte in 65 Flügen stattfinden.

       Vom Start aus der Erdumlaufbahn bis zur Rückkehr wären 570 Tage vergangen. Die Raumschiffe hätten unterwegs mit 1/6 g, also Mondschwerkraft, rotiert. Nachdem die Besatzung den Planeten erreicht hätte, wäre sie 15 Tage im Orbit verblieben, um ihn zu studieren und Landevorbereitungen zu treffen. 3 Astronauten hätten dann 45 Tage lang die Oberfläche erkundet und die anderen 2 wären im Orbit geblieben. 2 Rover hätten den Aktionsradius auf bis zu 240 km erweitert. Forschungsschwerpunkt wäre die Suche nach Marsleben. Schon während des Rückflugs sollten die Proben untersucht werden. Bei der Rückkehr wäre das Raumschiff an der Venus vorbeigeflogen, um durch deren Schwerkraft so abgebremst zu werden, damit das Delta-V relativ zur Erde nicht zu hoch ist, da die Treibstoffmengen für eine direkte Abbremsung zu groß gewesen wären.

       Wählt man allgemein statt einer schnellen Hohmannbahn eine energieärmere, auf der die Raumschiffgeschwindigkeit geringer ist, ergibt sich zwar eine Verweilzeit von 360 bis 560 Tagen auf dem Mars, doch es lässt sich eine sehr komplexe Mission durchführen. Diese erfordert aber mehr Ausrüstung, deren Kosten wie auch deren Betreuung durch die Wissenschaftler von der Erde aus die Treibstoffersparnisse wohl überschreiten würde.

       Ein Plan von 1987 bezog eine permanent besetzte Raumstation mit ein, die als Montagebasis und der Erforschung von Langzeitaufenthalten im All dienen sollte. Schnelle bemannte Missionen im ersten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts sollten anschließend an unbemannte Sonden geeignete Orte für Marsstationen suchen und Erfahrungen mit interplanetaren Flügen sammeln. Schon ab 2010 sollte eine ständig bemannte Marsbasis aufgebaut werden. Allerdings ging dieser Plan nicht von internationaler Kooperation aus, sondern versprach ein großes nationales (ja genau, die USA) Abenteuer mit dem sie sich für ein nachhaltiges Ziel verpflichtete und das eine zugrunde liegende Wissenschaft, Technik und Infrastruktur erfordert hätte. Allerdings muss man berücksichtigen, dass sich die Welt 1987 noch im kalten Krieg befand und Europa keine ernsthafte Konkurrenz darstellte.

       1988 sah ein anderes Konzept den Transport eines unbetankten Marsraumschiffs in einem Stück in die niedrige Erdumlaufbahn vor. Automatische Mondfabriken sollten chemischen Treibstoff, also Wasserstoff und Sauerstoff herstellen, der von der Mondoberfläche mit automatischen Frachtschiffen zu einem Depot zwischen Erde und Mond gebracht wird. Dieser Studie lag die Idee zugrunde, stückweise eine Struktur zu errichten, durch die die Erkundung des Sonnensystems und andere Weltraumaktivitäten möglich werden.

       Eine bemannte Marsexpedition könnte entweder direkt von der Erde aus starten oder man würde auf der ISS umsteigen. Nahe der Raumstation, vielleicht sogar in einem extra "Raumhafen", würden die Raumschiffmodule zusammengesetzt. Bevor Menschen den Mars betreten, starten Versorgungsflüge von der Raumstation, um Materialien dorthin zu bringen. Mindestens 6 Flüge könnten pro Marsexpedition nötig sein: eine unbemannte Rakete bringt eine Rückkehrkapsel ("Earth Return Vehicle") in einen Marsorbit, die auch nur für den Rückflug nutzbar ist. Eine 2. Rakete landet eine unbetankte Startkapsel für den Flug von der Oberfläche zur Rückkehrkapsel, sowie eine Raketentreibstoff-Fertigungsanlage inklusive Wasserstoff und einen kleinen Reaktor für die Stromerzeugung und 40 t Ausrüstungsgegenstände. Der 3. Flug bringt Wohn- und Forschungseinrichtungen und einen 2. Reaktor. Die 4. und 5. Rakete bringen die gleiche Nutzlast wie die 1. und 2. Rakete aus Gründen der Redundanz. Zwei Jahre nach dem die ersten Raketen von der ISS zum Mars geflogen sind, bringt schließlich die 6. Rakete die Astronauten zum roten Planeten. Da sie schneller fliegt, könnte sie die 4. und 5. Rakete sogar überholen.

       Nach 5 bis 6 Monaten Reisezeit könnten Menschen einen anderen Planeten betreten. Dann wäre es vorrangig, die gelandeten Wohn- und Forschungsmodule zusammenzusetzen. Auch wenn die Marsatmosphäre, die so dünn ist wie die irdische in 30 km Höhe, den Großteil der Strahlung absorbiert, müssen die Kosmonauten,

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