Rio für Paranoide. Jens Wahl
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29.10.12: Mindelo auf São Vicente
Als wir gegen 8 Uhr vor dem Frühstück kurz nach draußen schauten, hatten wir eine Art Glücksgefühl: Endlich war wieder Land zu sehen. Wie wir dann erst zu Hause feststellten, war dies die nördlich von São Vicente gelegene Insel Santo Antão und das kleine vor der Hafeneinfahrt von Mindelo liegende Inselchen Ilhéu dos Pássaros mit einem Leuchtturm. Alles zusammen gehört zu den nördlichen Inseln der Kapverden.
Endlich wieder Land in Sicht: Santo Antão und davor das kleine Inselchen Ilhéu dos Pássaros.
Der Hafen von Mindelo ist ein riesiger Naturhafen; wie ich nach der Reise zu Hause heraus bekam, ein großer, abgesoffener Vulkankrater, in dem wir mit der Cara herumschipperten.
Für uns sind Stadtbesichtigungen nichts Erstrebenswertes, uns interessiert mehr die Natur. So kam für uns nur die kleine Inselrundfahrt als Ausflug infrage. Als wir aber auf Nachfrage erfuhren, dass die Formulierung „kurze Fahrt im Minibus zum höchsten Berg der Insel
Monte Verde“ NICHT bedeutet, dass man bis auf den Gipfel kommt (obwohl in der Ausflugs-Broschüre 2012 steht: “... Genießen Sie vom 750 Meter hohen Monte Verde, der höchsten Erhebung der Insel, das Panorama ...“), sondern nur einen Teil an der Nordseite hochfährt, verzichteten wir auch auf diesen. Wie sich im Laufe der folgenden Tage herausstellte, war dies ein Fehler: Die dann 6 Tage an Bord bis Recife wurden uns ziemlich lang.
Wir waren zwar nicht die Einzigen, die an Bord geblieben waren. Aber durch die vielen Ausflügler konnte man am Vormittag herrlich ungestört den Pool nutzen. Zum Mittagessen trudelten dann die ersten Ausflügler wieder auf dem Schiff ein. Zum Auslaufen um 16 Uhr ertönten dann wieder die uns inzwischen bekannten AIDA-Songs.
Der 490 m hohe Monte Cara, der aber nichts mit dem Schiffsnamen zu tun hat.
Mindelo mit dem Monte Verde (750 m).
30.10. - 01.11.12: 3 Seetage - die Atlantiküberquerung
Gegen 16:40 Uhr verschwand dann so langsam das letzte Stückchen Land, das wir sehen konnten, am Horizont. Mehr als 3 Tage Atlantik lagen vor uns, dann waren wir in Brasilien und Rio ein Stück näher.
Am ersten der drei Tage überraschte uns Kapitän Mey zur Morgenandacht mit der Bemerkung, dass das nächste Festland nur 4000 Meter von uns entfernt ist: der Meeresgrund. Das erinnerte mich an den Joke des Flugkapitäns von Air Berlin.
Mit Missis Zahnfleisch und ihrem „Pfiffi“ diskutierten wir über die von AIDA angebotenen, teilweise irrsinnigen, Flugverbindungen. Irgendwie ist bei der Vergabe der Flüge keine Logik zu erkennen. Aber jetzt war alles gebucht und sich dann noch aufzuregen, brachte auch nichts.
Das Wetter blieb weiterhin warm und trocken und das Meer ruhig - was will man mehr?
Nachmittags ging eine Mitarbeiterin über die Sonnendecks und bot Erdbeer-Shakes und Ähnliches an (diese musste ein Philippino in der heißen Sonne schleppen). Um das Bordguthaben etwas zu belasten, nahmen wir den Erdbeer-Shake und ich muss sagen: sehr empfehlenswert. Leider war dies die einzige Runde damit, an den anderen Tagen wurde immer nur Eis angeboten.
Schön fanden wir auch den Pool-Brunch: Man musste also nicht einmal zum Mittagessen das Sonnendeck verlassen.
Als weitere Routine entpuppte sich ein älterer Herr (ca. 65 - 70 Jahre), der täglich, nur mit Sonnenhut, Shorts und Turnschuhen bekleidet, sehr viele Runden über die Sonnendecks drehte und das bei einer teilweise schon heftigen Hitze. Bei uns erhielt er den Spitznamen joOp (joggender Opa).
Am Abend wollten wir uns um die Sitzplatzreservierungen für die Rückflüge kümmern und gingen mit unserem Anliegen zum Schalter der Reise-Service-Managerin, Frau Elena Preiß. Sie nahm unser Anliegen sehr freundlich auf und versprach, sich darum zu kümmern.
Am 31.10., dem zweiten Tag der Atlantiküberquerung, beschlossen meine Frau und ich, zusätzlich noch einen Ausflug in Recife zu buchen, damit wir keinen Bordkoller bekommen. Zu Hause hatten wir schon für Salvador da Bahia einen Ausflug nach Praia do Forte mit Besuch des Tamar-Projektes (Meeresschildkröten-Aufzucht) und Strand gebucht, aber so lange wollte meine Frau nicht mehr warten. So entschieden wir uns für den Ausflug „Natur & Kultur“: Fahrt nach Igarassu mit der ältesten Kirche Brasiliens aus dem Jahre 1535 (Igreja des Cosme e Damiao), dann weiter zur Halbinsel Itamaracá mit Besuch des Fort Orange und des Manatee-Centers (Seekuhfarm).
Als wir uns dann in der Kabine das Ausflugsticket durchlasen, stand darauf sehr klein gedruckt: Besuch des Fort Orange wegen Restaurierungsarbeiten nicht möglich. OK, damit konnten wir leben. Daraufhin schaute ich mir auch die Tickets für Praia do Forte an: Hier stand ebenfalls sehr klein gedruckt plötzlich etwas von 3 Stunden Fußmarsch - als Symbol in der Beschreibung war aber ein Bikini = Strand angegeben. 3 Stunden in der Mittagshitze durch den Ort „hirschen“, eventuell nur von einem Souvenirladen zum anderen - nein danke. Daraufhin gaben wir die Tickets für Praia ohne Probleme wieder zurück und waren froh, wenigstens einmal vor Rio vom Schiff zu kommen (Ilheus war dann leider schon komplett ausgebucht).
Irgendwann im Laufe der Atlantiküberquerung „verschwanden“ dann auch die bis jetzt verfügbaren deutschen TV-Sender. Aber zum Fernsehen waren wir bestimmt nicht an Bord gegangen.
Mit dem täglichen Flyer für den kommenden Tag gab es eine Überraschung: Es wurde nochmals darauf hingewiesen, dass Liegen und Stühle auf den Sonnendecks nicht durch Handtücher oder anderes zu reservieren sind. Und nun kam es: Wer solche Reservierungen sieht, die länger als 20 Minuten andauern, soll dies dem Personal melden. Ist dies ein Rückfall in die Stasi-Zeit? Jeder spioniert den anderen aus mit der Stoppuhr in der Hand?
Dass dies aber befolgt wurde, konnten wir am darauf folgenden Tag selbst erleben. Als wir unsere Poolhandtücher tauschen wollten, stand vor uns ein Herr, der die Mitarbeiterin der Handtuchausgabe auf zwei reservierte Liegen hinwies. Und kurz vor Rio bekamen wir auch mit, dass joOp (unser joggender Opa) sich bei seinem Rundendrehen sehr genau reservierte Liegen merkte, aber wohl nicht weiter meldete. Für mich kommt die Situation, dass zum Beispiel Spätaufsteher keine Liegen mehr finden, nur dadurch zustande, dass nicht genügend Platz für Liegen vorhanden ist. Und wenn das schon bei unserer zu etwa nur 75% ausgelasteten Reise vorkam, wie soll das dann bei „vollem Haus“ aussehen? Wie steht es so schön sinngemäß im AIDA-Katalog: Jeder wird sein Lieblingsplätzchen finden. Dann fügt bitte noch hinzu: aber nicht unbedingt auf einer Liege auf dem Sonnendeck.
Vor allem finde ich die 20 Minuten unmöglich. Wer zum Mittagessen geht, müsste das Essen in Windeseile hinunterwürgen, um den Zeitraum einzuhalten. Und weshalb soll ich alle Sachen erst mal in die Kabine bringen, dann zum Essen gehen, dann wieder alle Sachen aus der Kabine holen und danach beginnen, eine Liege zu suchen? Hier bedarf es unbedingt Änderungen seitens AIDA. Das Gleiche trifft auch zu, wenn man an einer der Infoveranstaltungen teilnehmen möchte, die ja 30 - 45 Minuten dauern.
Für die kommende Nacht war gegen 1:30 Uhr die Äquatorüberquerung angekündigt und der Kapitän hatte in seiner Morgenandacht etwas von im Wasser schwimmenden Balken gefaselt - sein Seemannsgarn