Die Sprache des Traumes – Eine Darstellung der Symbolik und Deutung des Traumes – Teil 3 – bei Jürgen Ruszkowski. Wilhelm Stekel
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Sigmund Freud – 1905
1902 veranlasste er Freud, einige interessierte Ärzte, darunter auch Alfred Adler, zu Gesprächen in Freuds Wohnung einzuladen.
Alfred Adler
Daraus entwickelte sich die Mittwochsgesellschaft und in ihrer Folge die Wiener Psychoanalytische Vereinigung und die Internationale Psychoanalytische Vereinigung. In der Mittwochsgesellschaft war Stekel ein aktiver Teilnehmer, der seine eigenen Ansichten hatte und Freud in den „Onaniedebatten“ und bezüglich der Entstehung von neurotischer Angst widersprach. 1908 erschien sein erstes Werk, Angstzustände und ihre Behandlung. Es kam in Zusammenarbeit mit Freud zustande, der ein Vorwort schrieb, welches bei der dritten Auflage (1921) wegblieb. Sein zweites Buch war Die Sprache des Traumes (1911), das Freud zwar hart kritisierte, sich aber darauf in späteren Auflagen seiner eigenen „Traumdeutung“ bezog. Bei der Gründung der Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung (März 1910 Kongress in Nürnberg) rebellierten die Wiener unter Führung von Adler und Stekel gegen Sigmund Freud, der Carl Gustav Jung zum Präsidenten auf Lebenszeit machen wollte.
Carl Gustav Jung
Freud musste nachgeben, und Jung wurde für nur zwei Jahre gewählt. Der Beschluss, lokale wissenschaftliche Vereinigungen zu gründen, wurde auch in Wien verwirklicht. Adler wurde Präsident und Stekel Vizepräsident der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung, die als Verein am 12. Oktober 1910 offiziell gegründet wurde. Zusammen mit Alfred Adler gründete Stekel ebenfalls 1910 das Zentralblatt für Psychoanalyse und war als dessen Schriftleiter tätig. Wenig später trat Alfred Adler im Dissens mit Freud aus der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung aus. Im Gefolge einer Intrige um das Zentralblatt, bei der sich Freud durch Stekel hintergangen fühlte, veranlasste er Stekel ebenfalls zum Austritt.
Wilhelm Stekel
Obwohl Stekel immer wieder versuchte, eine Versöhnung mit Freud herbeizuführen, wollte Freud nichts mehr mit ihm zu tun haben und lehnte eine Begegnung zum letzten Mal ab, als beide im Londoner Exil waren.
Wilhelm Stekel
Stekel entwickelte eine eigene Therapieform, die „Aktive Psychoanalyse“, die in der Fachliteratur als erste Form einer Kurzpsychotherapie gilt. Im Unterschied zur „klassischen Psychoanalyse“, welche sich mehr und mehr der Durcharbeitung von Widerstand und Übertragung gewidmet hatte, wodurch der Behandlungsprozess länger dauerte, versuchte Stekel die zentralen unbewussten Konflikte des Patienten direkter zu bearbeiten, auch mit suggestiven und pädagogischen Mitteln sowie Beratung in Lebensfragen. Seine Behandlungen sollen von einigen Wochen bis zu anderthalb Jahren gedauert haben, jedoch mit mehreren Sitzungen pro Woche (im Sitzen, das Liegen lehnte er ab).
Unter dem Druck der politischen Verhältnisse floh er am Tage des Anschlusses Österreichs, am 11. März 1938, über die Schweiz nach England und hatte in London eine psychoanalytische Privatpraxis. Durch die Flucht verlor er sein gesamtes Vermögen. Er schrieb seine Erinnerungen, die posthum herausgegeben wurden, und beteiligte sich an kulturellen Aktivitäten der österreichischen Flüchtlinge.
Stekel verübte wegen einer schweren Erkrankung Selbstmord im Pembroke Hotel in London im Alter von 72 Jahren. Als Todesursache wurde eine „selbstverursachte Aspirin-Vergiftung“ angegeben.
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Vorwort des Autors
Alles seelische Geschehen wird von dem Gesetze der „Bipolarität“ beherrscht Jedem Triebe entspricht ein Gegentrieb; jeder Tugend ein Laster; jedem „Oben“ ein „Unten“; jeder Stärke eine Schwäche. Niemals werden wir das Wesen eines Menschen verstehen können, wenn wir auf diese Erscheinung keine Rücksicht nehmen.
Mein Werk behandelt die Geheimnisse der menschlichen Seele. Wollte man die Menschen nur nach den Ergebnissen dieser Forschungen beurteilen, man täte ihnen Unrecht. Denn dieses Buch handelt vom Bösen im Menschen und zwar nur vom Bösen. Wir dürfen aber nie vergessen, dass es auch ein Gutes gibt.
Vielleicht kann ich mich am besten durch einen Vergleich verständlich machen. Ein Fremder kommt in eine ihm unbekannte Stadt; er besichtigt mit großer Gründlichkeit und Begeisterung die Stätten der Kunst und entzückt sich an allem Schönen und Sehenswertem, das die Kultur bietet. Er verlässt dann die Stadt mit dem Bewusstsein, sie bei einer Gründlichkeit genau kennen gelernt zu haben. Ein anderer Reisender sagt sich, nachdem er das Programm des Reiseführers absolviert hat: Jetzt will ich auch etwas von der Kehrseite des Erhabenen kennen lernen. Er lässt sich durch die Stätten des Elends, des Lasters und des Verbrechens führen. Er weiß, dass es hinter der prunkvollen Außenseite auch ein weniger schönes Inneres gibt, und er lernt aufs Neue, dass nur der die Lichtseiten beurteilen kann, der auch die Schattenseiten studiert hat.
Meine Forschungen befassen sich mit den Abgründen der menschlichen Seele.
Sie sind nicht für unerfahrene Laien berechnet, in deren Köpfen sie leicht Verwirrung anrichten könnten, statt Klarheit zu bringen.
Ärzten, Juristen, Seelsorgern, Pädagogen und Psychologen werden sie gewiss manche Anregung und eine Erweiterung ihres geistigen Horizontes erschaffen. Es ist höchste Zeit, dass wir den Phänomenen des Traumlebens mehr Aufmerksamkeit schenken. Hier eröffnen sich Einblicke in die Tiefen der menschlichen Seele, die uns eigentlich erst das Verständnis alles Psychischen ermöglichen.
Ich habe mich bei der Abfassung dieses Buches, das die Frucht jahrelanger, mühevoller Arbeiten darstellt, hauptsächlich von praktischen Gesichtspunkten leiten lassen. Das Theoretische und die bisherige Literatur über den Traum finden sich bei Freud so vorzüglich behandelt, dass ich alle, die sich für dieses Thema interessieren, auf das grundlegende und gedankenreiche Werk dieses Autors verweise.
Meine Arbeit will nicht nur gelesen, sie will auch nachgeprüft werden. Jede Kritik ist mir willkommen, wenn sie nicht von blinder Voreingenommenheit diktiert wurde. Denn manches in diesem Buche wird dem nicht in die Probleme der Traumdeutung Eingeweihten gesucht und gekünstelt vorkommen.
So ist es mir selber ergangen, als ich mich mit den Träumen zu beschäftigen begann. Eine Überzeugung kann nicht durch Lektüre allein, sie muss durch eigene Nachprüfung erworben werden.
Eine Tatsache möchte ich noch hervorbeben: Die Traumdeutung ist eine werdende Wissenschaft. Alles ist im Fluss, alles im Entstehen.
Auch dieses Buch soll nur eine Stufe sein. Wer kann es jetzt ermessen, wie stolz einmal der Bau ragen wird, zu dem diese Stufe hinauf führt?
Wien im Januar 1911.
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