Jugend und Der Nigger vom "NARCISSUS" - Band 128e in der maritimen gelben Buchreihe bei Jürgen Ruszkowski. Joseph Conrad
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Vor dem Hintergrund von lodernden Flammen, die über ihren Köpfen züngelten, schienen sie sich kreuzwohl zu fühlen, wie Salamander, und sahen dabei aus wie eine Horde verzweifelter Piraten. Das Feuer spiegelte sich im Weißen ihrer Augen oder in Flecken weißer Haut, die durch zerrissene Hemden zu sehen waren. Jeder hatte Merkmale an sich wie von einer Schlacht – es gab verbundene Köpfe, Arme in der Schlinge, einen schmierigen Fetzen um ein Knie – und jeder Mann hatte eine Flasche zwischen den Beinen und ein Stück Käse in der Hand. Mahon stand auf. Mit seinem gutgeschnittenen, wilden Gesicht, dem hakigen Profil, dem langen weißen Bart und mit einer entkorkten Flasche in der Hand sah er wie einer der tollen Seeräuber alter Zeiten aus, die es sich mitten unter Gewalt und Verwüstung gut gehen ließen. ‚Die letzte Mahlzeit an Bord‘, erklärte er feierlich. ‚Wir hatten den ganzen Tag nichts zu essen, und es schien sinnlos, dies alles zurückzulassen.‘ Er deutete mit der Flasche auf den schlafenden Kapitän und fuhr fort: ‚Meinte, er könnte nichts hinunterbringen, und so redete ich ihm zu, sich hinzulegen.‘ Und als ich ihn anstarrte, fügte er hinzu: ‚Ich weiß nicht, ob Sie sich im Klaren darüber sind, junger Herr, dass der Mann seit Tagen kaum nennenswert geschlafen hat – und in den Booten wird verdammt wenig Zeit zum Schlafen sein.‘ – ‚Es wird auch bald keine Boote mehr geben, wenn ihr noch lange herumzieht‘, sagte ich entrüstet. Ich ging zu dem Schiffer hin und rüttelte ihn an der Schulter. Endlich schlug er die Augen auf, rührte sich aber nicht. ‚Zeit, abzufahren, Sir‘, sagte ich halblaut.
Er richtete sich mühsam auf, sah nach den Flammen, nach der See, die rings um das Schiff leuchtend klar und weiter weg tiefschwarz dalag, nach den Sternen, die trüb durch einen dünnen Rauchschleier schienen, aus einem Himmel, schwarz wie der Erebus. ‚Die Jüngsten zuerst‘, sagte er.
Der Leichtmatrose wischte sich mit dem Handrücken über den Mund, stand auf, kletterte über die Heckreling und verschwand. Andere folgten. Einer hielt mitten im Hinübersteigen inne, trank seine Flasche aus, schleuderte sie mit aller Gewalt ins Feuer und schrie dazu: ‚Da, nimm das!‘
Der Schiffer drückte sich trostlos herum, und wir ließen ihm eine Weile Zeit, um von seinem ersten Kommando Abschied zu nehmen. Dann ging ich nochmals hinauf und brachte ihn schließlich dazu, aufzubrechen. Es war höchste Zeit. Das Eisenzeug auf der Hütte fühlte sich schon heiß an.
Dann wurde die Fangleine des Langbootes gekappt, und die drei Boote trieben aneinandergehängt vom Schiff klar. Es war gerade sechzehn Stunden nach der Explosion, als wir abfuhren. Mahon hatte den Befehl über das zweite Boot, und ich hatte das kleinste, das Vierzehn-Fuß-Ding. Das Langboot hätte für uns alle reichlich Raum gehabt; aber der Schiffer sagte, wir müssten so viel wie möglich – für die Versicherung – retten, und so kam ich zu meinem ersten Kommando. Ich hatte zwei Leute bei mir, ein Paket Zwieback, ein paar Büchsen mit Fleisch und ein kleines Fass mit Wasser. Ich erhielt den Befehl, mich hart beim Langboot zu halten, damit wir von diesem bei schlechtem Wetter aufgenommen werden könnten.
Und wisst ihr, was ich dachte? Ich dachte daran, dass ich mich möglichst rasch aus dem Staube machen würde. Ich wollte mein erstes Kommando ganz für mich allein haben, ich wollte nicht im Geschwader fahren, solange es eine Möglichkeit zu selbständigem Kreuzen gab. Ich wollte ganz für mich allein landen. Ich wollte die anderen Boote schlagen. Jugend, alles Jugend, die törichte, herrliche, schöne Jugend.
Wir fuhren aber doch nicht gleich los. Wir mussten das Ende des Schiffes sehen. Und so trieben die Boote die Nacht über herum, hoben und senkten sich mit der Dünung. Die Leute dösten, wachten auf, seufzten und stöhnten. Ich sah nach dem brennenden Schiff. Zwischen der tiefen Schwärze des Himmels und der See brannte die Bark mitten in einem purpurnen Feuerkreis auf dem unheimlich glitzernden Wasser. Eine hohe, klare Flamme, eine ungeheure, einsame Flamme stieg vom Ozean empor, und von ihrem Gipfel kräuselte sich unaufhörlich der Rauch in den Himmel. Die Bark stand in hellen Flammen und brannte ehrfurchtgebietend wie ein Scheiterhaufen in der Nacht, umgeben von der See, von den Sternen gehütet. Ein herrlicher Tod war, wie eine Gnade, wie ein Geschenk, wie ein Lohn, dem alten Schiff am Ende arbeitsreicher Tage beschieden worden. Es war ergreifend, anzusehen, wie die Bark triumphierend ihre müde Seele der Obhut der Sterne und der See übergab. Die Masten stürzten gerade bei Tagesanbruch, und einen Augenblick lang gab es einen wilden Funkenregen, der die geduldige und wachsame Nacht, die weite Nacht, die schweigend über der See lag, mit fliegendem Feuer zu erfüllen schien. Bei Tageslicht war die Bark nur noch ein verkohltes Wrack, das still unter einer Rauchwolke hintrieb und einen Haufen glühender Kohle in sich trug.
Dann legten wir die Riemen ein, die Boote reihten sich in Linie und fuhren rings um die verkohlten Überreste wie in einer Prozession herum, das Langboot voran. Als wir hinter ihrem Heck vorbeipullten, schoss eine schmale Feuerzunge giftig auf uns zu. Und plötzlich ging die Bark unter, Kopf voran, unter wütendem Aufzischen der See. Das unversehrte Heck sank zuletzt; aber die Malerei war vergangen, geschmolzen und abgeblättert; und so gab es keine Buchstaben, kein Wort, keinen Wahlspruch mehr, der der Seele des Schiffes glich, um der aufgehenden Sonne Namen und Art entgegenzuhalten.
Wir nahmen Kurs nach Norden. Eine Brise sprang auf, und um Mittag herum kamen alle Boote zum letzten Male zusammen. Ich hatte in dem meinen weder Mast noch Segel, aber ich machte mir einen Mast aus dem Reserveriemen und hisste ein Sonnensegel, mit einem Bootshaken als Rahe. Das Boot war sicherlich übermastet, doch hatte ich die tröstliche Gewissheit, dass ich mit dem Wind aus achtern die anderen beiden Boote schlagen würde. Ich musste auf sie warten. Dann sahen wir uns alle des Kapitäns Karte an und empfingen nach einem gemeinsamen Mahl aus hartem Brot und Wasser unsere letzten Befehle. Sie waren einfach genug: nach Norden halten und so viel wie möglich zusammenbleiben. ‚Seien Sie vorsichtig mit Ihrer Nottakelung, Marlow‘, sagte der Kapitän; und Mahon rümpfte, als ich stolz an ihm vorbeisegelte, seine Adlernase und rief herüber: ‚Sie werden Ihr Schiff da unter Wasser segeln, wenn Sie nicht aufpassen, junger Herr!‘ Er war ein boshafter alter Mann – mag die Tiefsee, wo er nun schläft, ihn sanft und zärtlich wiegen bis ans Ende der Zeit.
Vor Sonnenuntergang ging ein starker Regenschauer über die beiden Boote weg, die weit zurücklagen; und das war für lange Zeit das letzte, was ich von ihnen sah. Den nächsten Tag über saß ich am Steuer meiner Nussschale – mein erstes Kommando – mit nichts als Wasser und Himmel rings um mich. Am Nachmittag sichtete ich die Toppsegel eines Schiffes weitab, sagte aber nichts, und meine Leute bemerkten sie nicht. Ich hatte Angst, das Schiff könnte nach der Heimat bestimmt sein, müsst ihr wissen, und hatte keine Lust, vor der Tür zum Osten umzukehren. Ich hielt auf Java zu. Ein ebenso gesegneter Name wie Bangkok. Ich steuerte viele Tage.
Ich brauche es euch nicht zu sagen, was es heißt, sich in einem offenen Boot herumzutreiben. Ich erinnere mich an Nächte und Tage völliger Windstille, wo wir ruderten und ruderten und das Boot wie behext still zu liegen schien, mitten im Kreis des weiten Seehorizontes. Ich erinnere mich an die Hitze, an die Sintflut der Regenschauer, die uns zu verzweifeltem Schöpfen zwang (aber unser Wasserfass füllte), und ich erinnere mich an die letzten sechzehn Stunden mit völlig ausgetrocknetem Munde, ein Ruder über Heck ausgelegt, um gegen anlaufende See Kurs halten zu können. Bis dahin hatte ich nicht gewusst, was für ein tüchtiger Kerl ich war. Ich erinnere mich noch an die müden, niedergeschlagenen Gesichter meiner beiden Leute, und ich erinnere mich noch an meine Jugend und das Gefühl, das niemals wiederkehren wird – das Gefühl, dass ich endlos aushalten würde, alles überdauern, die See, die Erde und alle Menschen; das trügerische Gefühl, das uns zu Freuden, zu Gefahren, zur Liebe lockt, zu sinnloser Anstrengung – zum Tod; das frohlockende Bewusstsein der Kraft, des blühenden Lebens in dieser Handvoll Staub, der Flamme im Herzen, die mit jedem Jahr trüber brennt, kleiner wird, an Hitze verliert, und auslöscht – auslöscht, zu bald, zu bald – früher noch als das Leben selbst.
Und so sehe ich den Osten. Ich bin in sein Geheimnis eingedrungen, habe einen Blick in die Tiefe seiner Seele getan; aber bis heute sehe ich ihn immer noch von einem kleinen Boot aus, eine Kette hoher Berge, blau, weit weg im Morgenlicht; wie dünner