Krieg und Frieden. Лев Толстой
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Читать онлайн книгу Krieg und Frieden - Лев Толстой страница 16
»Nichts! Laß mich!« Und sie zerfloß in Tränen.
»Sonja! Ein Wort! Ist es recht, daß du dich und mich so quälst um nichts?« sagte er und ergriff ihre Hand.
Sonja weinte, ohne die Hand zurückzuziehen.
»Was wird nun kommen?« fragte sich Natalie mit glühenden Augen.
»Sonja, die ganze Welt ist mir nichts, du allein bist mir alles, und ich werde es dir beweisen.«
»Ich kann es nicht ertragen, daß du sprichst mit … mit …« sagte Sonja.
»Gut, ich werde es nicht mehr tun, verzeihe!«
Er zog sie an sich und küßte sie.
»Aha, wie schön!« murmelte Natalie, und als Nikolai und Sonja den Wintergarten verließen, folgte sie ihnen bis zur Tür und rief Boris.
»Boris«, sagte sie mit geheimnisvoller Miene, »kommen Sie hierher! Ich habe Ihnen etwas zu sagen! Hier! Hier!«
Und sie führte ihn bis zu ihrem Versteck zwischen den Blumen.
»Was haben Sie mir zu sagen?« fragte Boris lächelnd.
Sie wurde verlegen und blickte sich um, dann bemerkte sie ihre Puppe, welche verlassen auf einem Stuhl lag, ergriff sie und reichte sie ihm.
»Küssen Sie meine Puppe!«
Boris rührte sich nicht und betrachtete ihr lächelndes Gesichtchen.
»Sie wollen nicht? Nun, dann kommen Sie hierher! …« Sie zog ihn nach sich bis hinter die Gewächse und warf die Puppe weg.
»Näher! Näher!« sagte sie. »Und mich – werden Sie mich küssen?« murmelte sie, rot vor Aufregung und dem Weinen nahe.
Boris wurde purpurrot.
»Wie sonderbar Sie sind!« Unentschlossen beugte er sich zu ihr herab. Plötzlich sprang sie auf eines der Gefäße, umfaßte mit ihren kleinen nackten Armen den Hals ihres Gefährten, schüttelte die Haare zurück und gab ihm einen Kuss auf die Lippen. Dann entfloh sie, schlüpfte rasch zwischen den Pflanzen hindurch und blieb auf der anderen Seite mit gesenktem Kopfe stehen.
»Natalie, ich liebe Sie, Sie wissen es wohl, aber …«
»Sind Sie verliebt in mich?«
»Ja, ja, aber ich bitte Sie, wir dürfen das nicht wieder tun, noch vier Jahre … dann werde ich um Ihre Hand anhalten …«
Natalie begann an den Fingern zu zählen, dreizehn, vierzehn, fünfzehn, sechzehn! »Gut, abgemacht! …« Ein Lächeln des Vertrauens und der Zufriedenheit erhellte ihr Gesichtchen.
»Abgemacht!« rief Boris.
»Für immer? Auf Leben und Tod?« rief die Kleine. Dann erfaßte sie seine Hand und zog ihn glücklich und zufrieden in den Salon.
14
Die Gräfin fühlte sich angegriffen und hatte ihre Tür schließen lassen und dem Portier aufgetragen, alle diejenigen, welche noch kommen sollten, um Glück zu wünschen, zum Diner einzuladen. Sie wollte nun mit ihrer Jugendfreundin, der Fürstin Drubezkoi, sich unterhalten, welche vor kurzem aus Petersburg zurückgekommen war.
»Ich werde ganz aufrichtig gegen dich sein«, sagte die Fürstin. »Es sind uns leider so wenige von den alten Freundinnen geblieben, daß deine Freundschaft mir doppelt kostbar ist.«
Sie warf einen Blick auf Wera und schwieg.
Die Gräfin drückte ihr zärtlich die Hand. »Wera, verstehst du nicht?«
Es war leicht zu sehen, daß sie ihre Tochter nicht liebte.
Mit einer hochmütigen Miene ging Wera in den Salon, wo sie zwei Pärchen, jedes an einem Fenster sitzend, bemerkte. Mit spöttischer Miene betrachtete sie sie. Nikolai schrieb für Sonja Verse seiner eigenen Mache auf, Boris und Natalie flüsterten miteinander und verstummten bei Weras Annäherung. Die beiden jungen Mädchen verrieten ihre Liebe durch ihre freudige, erregte und schuldbewußte Miene. Es war reizend und komisch zugleich, aber bei Wera erweckte dieser Anblick andere Gefühle.
»Wie oft habe ich euch gebeten, nichts von meinen Sachen anzurühren! Ihr habt ja ein Zimmer für euch!« Darauf nahm sie Nikolai das Tintenfass aus der Hand.
»Noch einen Augenblick!« sagte Nikolai, die Feder eintauchend.
»Ihr benehmt euch immer unpassend! Eben seid ihr wie toll in den Salon gestürzt, ein wahrer Skandal!«
Die vier Schuldigen wagten nichts zu erwidern. Wera, mit dem Tintenfass in der Hand, zögerte noch, sich zu entfernen.
»Was für Geheimnisse könnt ihr in eurem Alter haben? Das ist lächerlich, nichts als Dummheiten!«
»Was geht's dich an, Wera? Es ist wirklich unerträglich!« rief Natalie zornig aus. »Du wirst uns nie verstehen, nie, denn du hast niemals geliebt! Du hast kein Herz und liebst nur, andere zu ärgern! Du verstehst nichts, als mit Berg zu kokettieren.«
»Nun, ich wenigstens bin noch keinem jungen Manne nachgelaufen!«
»Sehr gut«, mischte sich Nikolai ein. »Du hast deinen Zweck erreicht, uns mit deinen Sottisen zu verfolgen. Wir wollen uns in das Schulzimmer flüchten.«
Die beiden Pärchen erhoben sich und verschwanden wie aufgescheuchte Schwalben.
Wera trat an den Spiegel, um ihre Schärpe und ihre Frisur zu ordnen, und der Anblick ihres hübschen Gesichts gab ihr ihren gewöhnlichen Gleichmut wieder.
Das Gespräch der beiden Freundinnen im Salon war sehr intim.
»Ach, meine Liebe«, sagte die Gräfin, »in meinem Leben ist auch nicht alles rosig! Wenn es weiter so geht wie jetzt, wird unser Vermögen bald verschwunden sein. Und was ist schuld? Seine Gutmütigkeit und der Klub. Aber ich wundere mich, wie du in deinem Alter imstande bist, nach Moskau, nach Petersburg zu reisen, zu allen Ministern, zu allen großen Herren zu gehen, und wie du jeden zu nehmen weißt. Nun, was hast du ausgerichtet?«
»Ach, meine gute Seele, Gott möge dich immer davor bewahren, zu empfinden, was es heißt, Witwe zu sein, ohne Stütze, mit einem angebeteten Sohn! Für ihn unterwirft man sich allem. Mein Prozeß war eine harte Schule. Wenn ich einen dieser großen Herren nötig habe, so schreibe ich: Die Fürstin D. wünscht Herrn ** zu sprechen, und dann fahre ich in einem Mietwagen einmal, zweimal, viermal hin, bis ich erlange, was ich nötig habe. Was man von mir denkt, ist mir ganz gleichgültig.«
»An wen hast du dich denn wegen Boris gewendet? Denn jetzt ist er doch schon Gardeoffizier, während Nikolai erst Junker ist. Für ihn hat sich niemand gerührt. An wen hast du dich denn gewandt?«
»An den Fürsten Wassil, und er war sehr liebenswürdig und hat mir sogleich versprochen, mit dem Kaiser zu sprechen«, erwiderte die Fürstin lebhaft, welche die neulichen Demütigungen schon vergessen hatte.
»Ist er