Bambi. Felix Salten

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Bambi - Felix Salten

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das gellend kurze Aufjubeln eines Spechtes durch alle die Stimmen. Falkenruf schrillte hell und dringend über den Baumwipfeln, und andauernd ließ sich der heisere Chor der Krähen vernehmen.

      Das Kleine verstand keinen einzigen von den vielen Gesängen und Zurufen, kein Wort von den Gesprächen. Es hörte noch gar nicht darauf. Es nahm auch noch keinen einzigen von all den Gerüchen wahr, die der Wald atmete. Es hörte nur das leise Knistern, das über sein Röckchen hinlief, während es gewaschen, gewärmt und geküßt wurde, und es roch nichts als den nahen Leib der Mutter. Eng schmiegte es sich in diese wohlig dunstende Nähe, suchte hungrig daran herum und fand den Quell des Lebens.

      Während es trank, fuhr die Mutter fort, das Kleine zu liebkosen. »Bambi«, flüsterte sie.

      Dabei hob sie jeden Augenblick das Haupt, ließ die Lauscher spielen und sog den Wind ein.

      Dann küßte sie wieder ihr Kind, beruhigt und glücklich. »Bambi«, wiederholte sie, »mein kleiner Bambi.«

      2

      Jetzt im Frühsommer standen die Bäume still unter dem blauen Himmel, hielten die Arme ausgebreitet und empfingen die niederströmende Kraft der Sonne. An den Hecken und Sträuchern im Dickicht gingen Blüten auf, weiße, rote oder gelbe Sterne. An manchen wieder begannen schon die Fruchtknospen sichtbar zu werden, zahllos, saßen an den feinen Spitzen der Äste, zart und fest und entschlossen, und sahen aus wie kleine, geballte Fäuste. Aus dem Boden kamen die bunten Sterne vieler und vielfältiger Blumen, so daß die Erde am dämmernden Grunde des Waldes in einer stillen, inbrünstigen Farbenheiterkeit sprühte. Es roch überall nach frischem Laub, nach Blüten, nach feuchter Scholle und nach grünem Holz. Wenn der Morgen anbrach, und wenn die Sonne unterging, klang der ganze Wald von tausend Stimmen, und vom Morgen bis zum Abend sangen die Bienen, summten die Wespen, brausten die Hummeln durch die duftende Stille.

      Das waren die Tage, in denen Bambi seine erste Kindheit verlebte.

      Er ging hinter seiner Mutter auf einem schmalen Streifen, der mitten durch das Gebüsch lief. Wie angenehm war es, hier zu gehen! Das dichte Laubwerk streichelte ihm sanft die Flanken, bog sich gelind zur Seite. Der Weg schien überall zehnfach versperrt und verrammelt, dennoch kam man in der größten Bequemlichkeit vorwärts. Überall gab es solche Straßen, sie liefen kreuz und quer durch den ganzen Wald. Die Mutter kannte sie alle, und wenn Bambi manchmal vor einem Gestrüpp wie vor einer undurchdringlichen grünen Mauer stand, die Mutter fand immer ohne Zögern und Suchen die Stelle, wo der Weg gebahnt war.

      Bambi fragte. Er liebte es, seine Mutter zu fragen. Es war das schönste für ihn, immerfort zu fragen und dann zu hören, was die Mutter zur Antwort gab. Bambi staunte gar nicht, daß ihm beständig und mühelos Fragen über Fragen einfielen. Er fand das vollkommen natürlich; es entzückte ihn nur sehr. Es entzückte ihn auch, neugierig zu warten, bis die Antwort kam. Mochte sie nun ausfallen, wie sie wollte, er war immer damit zufrieden. Manchmal verstand er sie freilich nicht, aber auch das war schön, weil er immer weiter fragen konnte, wenn er wollte. Manchmal fragte er nicht weiter, und das war wieder schön, weil er dann damit beschäftigt war, sich das, was er nicht verstanden hatte, auf seine eigene Weise auszumalen. Manchmal fühlte er sehr deutlich, daß seine Mutter ihm keine ganze Antwort bot, ihm absichtlich nicht alles sagte, was sie wußte. Und das war erst recht schön. Denn da blieb noch eine so besondere Neugier in ihm zurück, eine Ahnung, die ihn geheimnisvoll und beglückend durchzuckte, ein Erwarten, bei dem ihm bang und heiter in einem Sinne wurde, so sehr, daß er schwieg.

      Jetzt fragte er: »Wem gehört diese Straße, Mutter?«

      Die Mutter antwortete: »Uns.«

      Bambi fragte weiter: »Dir und mir?«

      »Ja.«

      »Uns beiden?«

      »Ja.«

      »Uns beiden allein?«

      »Nein«, sagte die Mutter, »uns Rehen …«

      »Was sind das, Rehe?« fragte Bambi und lachte.

      Die Mutter sah sich nach ihm um und lachte auch: »Du bist ein Reh, und ich bin ein Reh. Das sind Rehe. Verstehst du das?«

      Bambi sprang in die Höhe vor Lachen. »Ja, ich verstehe das. Ich bin ein kleines Reh, und du bist ein großes Reh. Nicht wahr?«

      Die Mutter nickte ihm zu. »Nun, siehst du.«

      Bambi wurde wieder ernst: »Gibt es noch andere Rehe als dich und mich?«

      »Gewiß«, sagte die Mutter. »Viele.«

      »Wo sind sie?« rief Bambi.

      »Hier, überall.«

      »Aber … ich sehe sie nicht.«

      »Du wirst sie schon sehen.«

      »Wann?« Bambi blieb stehen vor lauter Neugier.

      »Bald.« Die Mutter ging ruhig weiter.

      Bambi folgte ihr. Er schwieg, denn er grübelte darüber nach, was das wohl bedeuten möge: »Bald.« Er kam zu dem Ergebnis, »bald« sei gewiß nicht »gleich«. Aber er wurde sich nicht einig darüber, in welcher Zeit dieses »bald« aufhöre, »bald« zu sein, und anfange, »lange« zu werden. Plötzlich fragte er: »Wer hat diese Straße gemacht?«

      »Wir«, gab die Mutter zurück.

      Bambi tat erstaunt: »Wir? Du und ich?«

      Die Mutter sagte: »Nun, wir … wir Rehe.«

      Bambi fragte: »Welche?«

      »Wir alle«, fertigte ihn die Mutter ab.

      Sie gingen weiter. Bambi war vergnügt und hatte Lust, vom Wege abzuspringen, aber er hielt sich brav bei der Mutter. Vor ihnen raschelte es dicht am Boden. In heftiger Bewegung fuhr etwas daher, das die Farnwedel und Lattichblätter verdeckten. Ein fadendünnes Stimmchen pfiff erbärmlich auf, dann war es still. Nur die Blätter und Grashalme bebten an der Stelle noch ruckweise nach. Ein Iltis hatte eine Maus gejagt. Nun kam er vorbeigehuscht, duckte sich seitwärts und machte sich an seine Mahlzeit.

      »Was war das?« fragte Bambi erregt.

      »Nichts«, beschwichtigte die Mutter.

      »Aber …« Bambi zitterte, »aber … ich hab's doch gesehen.«

      »Nun ja«, sagte die Mutter, »erschrick nicht. Der Iltis hat die Maus getötet.«

      Aber Bambi war furchtbar erschrocken. Ein unbekanntes, großes Entsetzen umklammerte sein Herz. Es dauerte lange, bis er wieder sprechen konnte. Dann fragte er: »Warum hat er die Maus getötet?«

      »Weil …« Die Mutter zögerte. » … gehen wir schneller«, sagte sie dann, als sei ihr etwas eingefallen, und als habe sie die Frage vergessen. Sie begann zu trollen. Bambi hüpfte hinter ihr drein.

      Eine lange Pause verstrich; sie schritten wieder ruhig dahin. Endlich fragte Bambi beklommen: »Werden wir auch einmal eine Maus töten?«

      »Nein«, erwiderte die Mutter.

      »Nie?« fragte Bambi.

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