Bambi. Felix Salten
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Plötzlich ging's nicht mehr. Er hielt inne, kam mit zierlich gehobenen Läufen zur Mutter und sah sie glückselig an. Dann spazierten sie wohlgelaunt nebeneinander. Seit er hier draußen war, hatte Bambi den Himmel, die Sonne und die grüne Weite nur mit dem Körper gesehen, nur mit einem geblendeten, trunkenen Blick den Himmel; mit dem wohlig durchwärmten Rücken und den stärkenden Atemzügen die Sonne. Nun erst genoß er mit Augen, die Schritt vor Schritt von neuen Wundern überrumpelt wurden, die Pracht der Wiese. Da war kein Fleckchen Boden sichtbar wie drinnen im Walde. Da drängte sich Halm bei Halm um jedes Pünktchen Platz, schmiegte sich und schwoll in üppiger Pracht, bog sich unter jedem Tritt sanft zur Seite und richtete sich gleich wieder versöhnt empor. Der weite grüne Plan war besternt mit weißen Margeriten, mit den violetten und rot angelaufenen dicken Köpfen des blühenden Klees und mit den prunkvoll leuchtenden Goldknäufen, die der Löwenzahn in die Höhe hielt.
»Sieh nur, Mutter«, rief Bambi, »da fliegt eine Blume davon.«
»Das ist keine Blume«, sagte die Mutter, »das ist ein Schmetterling.«
Bambi sah entzückt dem Falter nach, der sich unendlich zart von einem Halm gelöst hatte und in taumelndem Flug dahinschwebte. Jetzt sah Bambi, daß viele solcher Schmetterlinge in der Luft über die Wiese hinflogen, scheinbar eilig und doch langsam, auf und nieder taumelnd, ein Spiel, das ihn begeisterte. Es sah wirklich aus, als ob es wandernde Blumen wären, lustige Blumen, die auf ihrem Stengel nicht stillhalten wollten und sich aufgemacht hatten, um ein wenig zu tanzen. Oder Blumen, die mit der Sonne herniederkamen, noch keinen Platz hatten und wählerisch umhersuchten, sich herabsenkten, verschwanden, als seien sie schon irgendwo untergekommen, aber gleich wieder emporstiegen, bald nur ein wenig, bald höher, um weiter zu suchen, immer weiter, weil die besten Plätze eben schon besetzt waren.
Bambi blickte ihnen allen nach. Er hätte so gerne einen von ihnen in der Nähe gesehen, hätte so gerne einen einzelnen genauer ins Auge gefaßt, aber das gelang ihm nicht. Sie glitten unaufhörlich ineinander. Er wurde ganz wirr davon.
Wie er dann wieder vor sich zu Boden sah, ergötzte ihn all das tausendfache, behende Leben, das da unter seinen Schritten aufstob. Das sprang und sprühte nach allen Seiten, kam als ein Tumult und Gewimmel zum Vorschein und versank in der nächsten Sekunde wieder in den grünen Grund; aus dem es aufgestiegen war.
»Was ist das, Mutter?« fragte er.
»Das sind die Kleinen«, antwortete die Mutter.
»Sieh nur«, rief Bambi, »hier springt ein Stückchen Gras. Nein … wie hoch es springt!«
»Das ist kein Gras«, erklärte die Mutter, »das ist ein gutes Heupferdchen.«
»Warum springt es so?« fragte Bambi.
»Weil wir da gehen«, antwortete die Mutter, »… es fürchtet sich.«
»Oh!« Bambi wandte sich zu dem Heupferdchen, das mitten auf dem weißen Teller einer Margerite saß.
»Oh«, sagte Bambi höflich, »Sie brauchen sich nicht zu fürchten, wir tun Ihnen gewiß nichts.«
»Ich fürchte mich nicht«, erwiderte das Heupferdchen mit einer rasselnden Stimme. »Ich bin nur im ersten Augenblick erschrocken, denn ich sprach gerade mit meiner Frau.«
»Entschuldigen Sie, bitte«, sagte Bambi bescheiden. »Wir haben Sie gestört.«
»Das macht nichts«, rasselte das Heupferdchen. »Weil Sie es sind, macht es nichts. Aber man weiß ja nie, wer es ist, der kommt, und man muß sich in acht nehmen.«
»Ich bin nämlich heute zum ersten Mal in meinem Leben auf der Wiese«, erzählte Bambi. »Die Mutter hat mir …«
Das Heupferdchen stand mit bockig vorgeducktem Kopf da, machte ein ernstes Gesicht und murrte: »Das interessiert mich nicht. Ich habe gar keine Zeit, mit Ihnen zu schwatzen, ich muß jetzt meine Frau suchen. Hopp!« Und weg war es.
»Hopp«, sagte Bambi verdutzt und bestaunte den hohen Sprung, mit dem es verschwand.
Bambi lief zur Mutter: »Du … ich habe mit ihm gesprochen!«
»Mit wem?« fragte die Mutter.
»Nun, mit dem Heupferdchen«, erzählte Bambi, »ich habe mit ihm gesprochen. Es war so freundlich mit mir. Und es gefällt mir so gut. Es ist so wunderbar grün, und am Ende ist es so durchsichtig, wie kein Blatt es sein kann, auch das feinste nicht.«
»Das sind die Flügel.«
»So?« Bambi sprach weiter. »Und es hat solch ein ernstes Gesicht, voll Nachdenklichkeit. Aber trotzdem ist es freundlich zu mir gewesen. Und wie es springen kann! Das muß fabelhaft schwer sein. Hopp! sagt es und springt so hoch, daß du es nicht mehr sehen kannst.«
Sie gingen weiter. Die Unterredung mit dem Heupferdchen hatte Bambi erregt und ein wenig ermüdet, denn es war doch das erste Mal, daß er mit jemandem Fremden sprach. Er fühlte Hunger und drängte sich an seine Mutter, um sich zu erfrischen.
Als er dann wieder ruhig dastand und eine kurze Weile vor sich hin träumte, in der kleinen, süßen Trunkenheit, die ihn jedesmal umfing, nachdem er sich von seiner Mutter gesättigt hatte, gewahrte er in dem Gewirr der Grashalme eine helle Blume, die sich bewegte. Bambi sah schärfer hin. Nein, das war keine Blume, das war ja ein Schmetterling. Bambi schlich näher.
Der Schmetterling hing träge an einem Halme und bewegte leise seine Flügel.
»Bitte, bleiben Sie sitzen!« rief ihn Bambi an.
»Warum soll ich denn sitzen bleiben? Ich bin doch ein Schmetterling«, antwortete der Falter erstaunt.
»Ach, bleiben Sie nur ein ganz kleines bißchen sitzen!«, bat Bambi, »ich habe mir schon lange gewünscht, Sie in der Nähe zu sehen. Seien Sie doch so gut.«
»Meinetwegen«, sagte der Weißling, »aber nicht lange.«
Bambi stand vor ihm. »Wie schön Sie sind«, rief er entzückt, »wie wunderschön! Wie eine Blume!«
»Was?« Der Schmetterling klappte mit den Flügeln. »Wie eine Blume? Nun, in meinen Kreisen herrscht allgemein die Ansicht, daß wir schöner sind als die Blumen.«
Bambi war verwirrt. »Gewiß«, stotterte er, »viel schöner … verzeihen Sie … ich wollte nur sagen …«
»Es ist mir ziemlich gleichgültig, was Sie sagen wollten«, entgegnete