Die Narben aus der Vergangenheit. Sabine von der Wellen
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Sabine von der Wellen
Die Narben aus der Vergangenheit
Teil 3 Hoffnungsvolles Leben
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Inhaltsverzeichnis
Die Macht des geschriebenen Wortes
Julian
Das ist ein rabenschwarzer Tag für mich. Meine Freundin Carolin will heute Abend mit ihren Freundinnen ausgehen. Ich bin dagegen und habe ein echt schlechtes Gefühl dabei. Aber Carolin macht einfach dicht und lässt sich nicht auf eine Diskussion mit mir ein.
Ich telefonierte mit Marcel, der mir eine Gefahr durch Carolins Bruder Julian weder bestätigen noch dementieren konnte. Carolins Vater rief an und versicherte uns, dass Julian völlig harmlos und wieder normal ist und ihr durch ihn angeblich keine Gefahr mehr droht. Und von Sam und Teddy, meinen Ziehbrüdern aus dem Milieu, hörten wir auch nichts mehr.
Ich habe demnach nichts in der Hand, was mich berechtigt, ihr einen Abend mit ihren Freundinnen zu verbieten. Zumal auch meine Schwester Ellen fest dahintersteht und mir immer wieder versichert, dass sie schließlich nicht von Carolins Seite weichen wird.
Aber in mir löst es eine Lawine von erschütternden Gefühlen aus.
Während ich die ganze Zeit vorschob, dass ich sie nicht wegen Julian und den beiden Maas gehen lassen möchte, muss ich mir nun eingestehen, dass ich überhaupt nicht will, dass sie ohne mich irgendwohin geht. Sie gehört mir und ich finde es unerträglich, dass jemand mir das streitig machen könnte. In meinem tiefsten Inneren lebt eine beständige Angst, dass jemand kommt und mit ihr das macht, was ich mit ihr machte, um sie für sich zu gewinnen. Es war nicht einfach … aber ich habe sie bekommen. Genauso könnten das auch andere schaffen und der Gedanke macht mich ganz fertig.
Ich bin schließlich kein Traummann und jeder andere ist wahrscheinlich besser als ich. Und mit meiner Vergangenheit, meinen Narben und meiner bisherigen Lebensweise …
Ich glaube, umso mehr sie von mir weiß, umso klarer wird ihr werden, dass ich eigentlich eine Zumutung für diesen Engel bin. Wie lange wird es dauern bis sie das begreift?
Daniel holte Carolin vom Cafe ab, weil er sowieso gerade in der Nähe etwas erledigen musste und ich noch für Walter unterwegs war. Jetzt stehe ich im Wohnzimmer ans offene Fenster gelehnt und rauche schon meine dritte Zigarette.
Vorher war ich nervös durch die Wohnung getigert und Carolin musste mir immer wieder ausweichen, wenn ich ihr auf dem Weg zwischen Schlafzimmer und Badezimmer in die Quere kam. Aber sie beschwerte sich nicht und ihr Blick sagte mir, dass ihr meine Not bewusst ist. Dennoch lässt sie sich nicht erweichen und bleibt zuhause.
Nun ist sie zum Aufbruch bereit und sieht mich immer wieder mit dieser Mischung aus Beunruhigung und Mitleid an. Sie weiß, dass ich nicht akzeptiere, dass sie heute mit ihren Mädels die Stadt unsicher machen will. Aber Daniel hatte mir mehr als einmal ins Gewissen geredet, dass ich sie gehen lassen muss. Alles andere würde nur einen Keil zwischen uns treiben.
Ellen kommt, um Carolin abzuholen und wirft mir auch einen mitleidigen Blick zu. Ich möchte nicht wissen, was sie sehen, wenn sie mich ansehen. Gebe ich ein so erschreckend mitleiderregendes Bild ab?
Ellen kommt zu mir und legt ihre Hand auf meinen Arm. „Ich passe auf sie auf. Mach dir keine Sorgen. Keiner wird ihr zu nahekommen.“
Sie weiß, dass es nicht die Angst wegen Julian oder den Maas ist, die mir so zusetzt, sondern meine Eifersucht, die mich fast ins Grab bringt.
Ich nicke nur, als Carolin aus dem Badezimmer schießt und gut gelaunt ruft: „Wir können los!“
Ich folge Ellen zur Tür, an der Carolin auf mich wartet. Wieder wird ihr Blick weich und ihre Hand streicht über meine Wange. „Bis später, Schatz. Mach dir keine Sorgen. Mach dir auch einen schönen Abend.“
Wie soll dieser Abend aussehen? Sie hatte mir schon einmal gesagt, ich soll mir einen schönen Abend machen und mich amüsieren. Das war, als Marcel sie wenig später vom Alando abgeholt hatte. Selbst da war mir das nicht mehr möglich gewesen … ohne sie. Und da gehörte sie mir nicht mal. Und heute …?
Zumindest funkelt etwas in ihren Augen auf, das meine Gefühle widerspiegelt. Und als sie leise raunt: „Aber brav bleiben!“, weiß ich, sie ist auch nicht ganz frei von einem Gefühl, das sich Eifersucht nennt. Das lässt mich ein wenig aufatmen.
Kurz schießt mir durch den Kopf ihr zu sagen, dass ich ihr das nicht versprechen kann, um sie vielleicht doch daran zu hindern, zu gehen. Aber seltsamerweise hatte Daniel im Vorfeld genau das schon als falschen Weg bezeichnet. „Komm ihr nicht damit, dass du fremdgehst, wenn sie meint, den Abend durchziehen zu wollen. Das ist das Schlimmste, was man tun kann. Dann ist alles Vertrauen weg und man erreicht nur, dass sie sich denkt: Okay, wenn das so ist …“
Daniel ist so viel schlauer in solchen Dingen als ich.
Auf Carolins „Brav bleiben“ murre ich: „Das gleiche gilt für dich“, und kann nicht verbergen, wie aufgebracht ich bin.
Sie schiebt sich auf die Zehenspitzen und bietet mir ihre Lippen zum Abschiedskuss an.
Ich lege meine Hand in ihren Nacken und küsse sie ungestüm.
Ellen sagt diesmal nichts und wartet geduldig. Aber sie geht nicht zu Daniel, der unten bei seiner Wohnungstür wartet, als befürchtet sie, Carolin sonst nicht mitzubekommen.
Ich schaffe es kaum, sie loszulassen und weiß, ich muss es dennoch tun. Als sie hinter Ellen die Treppe hinuntergeht, dreht sie sich noch einmal um, als Ellen sich einen