Gute Nacht Geschichten. Wolf- Dieter Erlbeck

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Gute Nacht Geschichten - Wolf- Dieter Erlbeck

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Ein Hauch von Wind jagte über die gerade frisch ergrünten Wiesen und ließ die Halme und Gräser in der milden Luft tanzen. Die Menschen bevölkerten Wiesen, Wege und Bänke und dank der wärmenden Frühlingssonne waren sie freudig erregt und von ansteckender guter Laune erfüllt. Hunde und Katzen tollten umher und schienen von der überschäumenden Lust ihrer Herrin oder ihres Herrchen angesteckt.

      Auf den ersten Blick bot sich tatsächlich ein Bild von Glück und Zufriedenheit. Erst bei genauerem Hinsehen sah ich die farbenprächtige Tulpe mitten auf der saftig grünen Wiese. Ihre quittegelbe Blüte überstrahlte alles und doch war sie unglücklich und mir blieb das Tränchen an ihrem Kelch nicht verborgen. Ihr Blütenköpfchen drehte sich im Wind wie ein Karussell und drohte fast bei jeder Bewegung abzustürzen. Schwer neigte sich der Kopf auf dem zarten grünen Stiel und konnte sich nur mit äußerster Mühe gerade halten.

      „Wenn mich jetzt nicht bald ein Bienchen von meiner Frucht befreit, werde ich mich wohl nicht mehr lange auf meinem langstieligem Fuß halten können“, dachte die Tulpe und hielt Ausschau nach dem rettenden Summen einer Honigbiene!

      Weit und breit war nichts zu sehen. Wie sollte das Bienenvölkchen auch wissen, daß hier mitten auf der Wiese ein so sattes Frühstücksmahl bereitstand.

      Als die im schönsten Zitronengelb erblühte Tulpe schon alle Hoffnung aufgegeben hatte, vernahm sie plötzlich dieses rettende Summen. Erst ganz leise und noch weit entfernt und dann immer lauter und deutlich näherkommend, bis sie endlich ihren Lebensretter sah. Die Biene kreiste über der vor Aufregung zitternden Blume. Ihr verführerischer Duft wehte dem Bienchen aber schon um die Nase herum und sie hielt nur noch Ausschau nach eventuell vorhandenen Feinden.

      Endlich, nach fast einer Ewigkeit begab sie sich in das Innere der Blüte und begann das süße, köstlich schmeckende Fruchtfleisch zu sammeln, aus dem dann irgendwann Honig entstehen würde.

      Die Tulpe war im siebenten Himmel und hatte vor Glück und Geborgenheit alle Blütenblätter leicht geschlossen, damit dem kleinen Bienchen auch ja nichts geschehen konnte. Die wiederum tobte in der Blüte umher und summte und pumpte und zirpte, daß man es wohl noch in einiger Entfernung hören mußte. Mit einem ungeheueren Kraftakt gelang es der Tulpe die Blüte gerade auf dem Stiel zu halten, auch wenn sie sich, hervorgerufen durch das wilde Treiben in ihrem Inneren, fast den Hals gebrochen hätte.

      Aber es ging alles gut und nach ein paar Minuten war die kleine Biene so groß und stark, dass ihr Abflug erst beim zweiten Anlauf gelang. Die Tulpe aber vergaß diesen Tag nie und verbrachte noch viele schöne Tage auf der Wiese, bis zu dem Tag, als sie ein kleiner Junge abpflückte und zu Hause in eine Vase stellte. Das war zwar schön anzuschauen, aber nur wenige Tage und die herrliche Blütenpracht näherte sich dem Ende.

      Die Tulpe verschwand zwar auf dem Müll, aber ihre Seele lebte weiter unter der saftig grünen Wiese und ein Jahr später, wieder zur Frühlingszeit, erstrahlte sie erneut im schönsten Gelb und erfreute viele Tausend Menschen die vorbeizogen, um sich an ihr zu erfreuen und ganze Bienenschwärme besuchten sie und verkrochen sich in ihrem Inneren.

      Die Eisblumen

      Draußen war es bitterkalt. Der Wind heulte durch die stockdunkle Nacht und schüttelte am Haus, dass die Fensterscheiben zu zittern und vibrieren begannen. Ich drückte mein kleines Näschen ganz dicht an die eiskalte Scheibe und versuchte in der unendlich weiten Dunkelheit etwas zu erkennen.

      Ich erreichte aber genau das Gegenteil. Je dichter ich mich der Scheibe näherte, umso verschwommener wurden die Umrisse. Ich versuchte mit meiner kleinen Hand die beschlagene Scheibe zu reinigen. Sie war so kalt, dass ich für Sekunden glaubte, daran festzukleben.

      Je mehr ich an der Scheibe rieb, desto weniger war zu erkennen! Ich bemerkte ganz erschrocken, dass mein heißer Atem an der eiskalten Scheibe sofort zu Eis erstarrte. Ich konnte mir das Phänomen nicht erklären und versuchte immer von neuem das Eis zu entfernen, das aber offensichtlich durch meine Bemühungen immer dicker wurde.

      Ich trat einen Schritt zurück und erblickte die tollsten bizarren Gemälde an der Fensterscheibe. Ich glaubte in den Eisgemälden bekannte Gesichter und wilde Tiere zu erkennen. Ich versuchte ein Bärengesicht noch mit Augen, Mund und Nase zu vervollkommnen. Dabei stellte ich mit Entsetzen fest, dass durch derartige Bemühungen aus meinem Eisbär eine neue Figur entstand, die eher Ähnlichkeit mit einem Affen besaß.

      Ich hauchte und malte immer neue Eisfiguren auf die Fensterscheibe und merkte dabei gar nicht wie die Zeit verging. Meine Händchen waren vor Kälte fast erstarrt.

      Erst der Ruf meiner Mutter riß mich aus allen Träumen. Es war Abendessenszeit.

      Ich saß ziemlich still am Tisch und versuchte nur von Zeit zu Zeit meine fast erfrorenen Fingerchen durch Aneinanderreiben wieder zu erwärmen und gefügig zu machen.

      Nach dem Essen schlich ich mich wieder an mein Fenster, zog die Gardine beiseite und sah... nichts!

      Meine wunderschönen Gemälde ... wie von Geisterhand verschwunden! Das konnte doch nicht mit rechten Dingen zugegangen sein! Ich hauchte an der Scheibe und rieb wie ein Besessener, aber die Scheibe beschlug zwar kurz, aber erstarrte trotz intensivster Bemühungen nicht zu Eis.

      „Ich habe die Heizung etwas höher gestellt“, hörte ich meinen Vater in der Tür lachen, „damit du nicht erfrierst!“

      Ich fühlte mich ertappt und wußte nicht ob ich nun weinen oder lachen sollte? Ich entschied mich für Letzteres!

      Damit wußte ich nun zwar, daß mit wärmer gestellter Heizung keine Eisfiguren mehr entstehen, aber ich hatte dadurch eine Beschäftigung verloren, die schöner war als puzzeln oder Bilder angucken. Dafür war ich aber nun um ein Vielfaches schlauer und imponierte mit meinem neuen Wissen sogar meiner Oma,

      als ich ihr völlig unerwartet auf einer Geburtstagsfeier entgegenschleuderte:

      „Oma du mußt die Heizung höherstellen, an deinen Fenstern kann man Eisblumen malen.“ Mit dieser vorlauten Bemerkung hatte ich nicht nur alle Lacher auf meiner Seite, ich vernahm darüber hinaus sehr viel Lob aus der Runde, wie klug ich doch sei. Trotz all des Lobes sah ich noch das Augenzwinkern

      eines Vaters und lachte einfach mit.

      Weihnachtszeit

      Auf dem großen, bunten Kalender meiner Eltern stand Dezember! Dieses Wort konnte ich, obwohl ich noch nicht in die Schule ging, schon einwandfrei lesen. Daneben hing, für mich ohne fremde Hilfe nicht erreichbar, ein weiterer Kalender, der nur im Dezember dort hing. Er hatte 24 Türen und hinter jeder dieser Türen verbarg sich eine köstliche Süßigkeit. Morgens, unmittelbar nach dem aufwachen, führte mich mein erster Weg dorthin und mit vor Aufregung weit geöffneten Augen wartete ich darauf, daß meine Mutter den Kalender vom Haken nahm und ich das nächste Fensterchen öffnen konnte. Mit zitternden Händen nahm ich dann die leckere Schokolade heraus und wie von Geisterhand geführt verschwand das Stückchen in meinem Mund. Danach mußte ich einen ganzen, langen und trostlosen Tag warten bis das nächste Fenster geöffnet werden durfte. Dieser Vorgang wiederholte sich Tag für Tag, bis die 24 an der Reihe war! Dieses Fenster war etwas Besonderes! Nicht nur das die Schokolade übermäßig groß und lecker war, es begann ein riesig aufregender Tag mit vielen Überraschungen und prickelnder Spannung! Die Erwachsenen nannten diesen Tag Heiligabend, obwohl es nicht nur Abend war! Wie alle Tage zuvor teilten sich die nächsten Stunden in Morgen, Mittag und Abend. Dennoch hieß der Tag Heiligabend! Mir bedeutete der heilige Abend noch nichts, weil ich noch zu klein war und die Geschichte

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