Gute Nacht Geschichten. Wolf- Dieter Erlbeck

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Gute Nacht Geschichten - Wolf- Dieter Erlbeck

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hatte, erhielt ich an diesem Tag immer eine Unmenge von Geschenken, und was das Tolle daran war, es handelte sich immer um Dinge, die ich mir im Laufe des Jahres gewünscht hatte! Das war aber noch nicht alles! Die Geschenke brachte ein fremder Mann, der sich Weihnachtsmann nannte. Er trug einen langen roten, mit Pelz abgesetzten Mantel und eine lustige rote Zipfelmütze. Sein Gesicht konnte man auch nicht richtig erkennen, denn das wurde von einem riesigen weißen Rauschebart verdeckt! Über die eine Schulter hatte er lässig einen prall gefüllten Sack gehängt, den er mit einer Hand krampfhaft festhielt. In der anderen Hand trug er meistens eine Rute, für die unartigen Kinder, die er aber bei mir nie benötigte.

      Dann kam das für mich Unglaubliche! Er wußte alles was ich im Laufe des Jahres getan hatte! Ob Gutes oder Böses, er wußte es! Es stand in einem großen goldenen Buch, das er dem großen Sack entnahm. Er wußte meinen Namen und zählte mit erhobenem Zeigefinger alle meine Schandtaten auf!

      Er wußte, daß ich manchmal nichts essen wollte, zuviel Süßigkeiten naschte, abends oft nicht ins Bettchen wollte, manchmal, wie er sagte, ohne Grund mit meinen Eltern schmollte und manchmal gar meine Freunde schlug, wenn es nicht nach meinem Köpfchen ging.

      Ich folgte seinen Ausführungen mit hochrotem Kopf, eingezogenen Schultern und vor Aufregung glühenden Wangen!

      Doch dann, für mich kleinen Pimpf nach einer Ewigkeit, kam das Gute. Er wußte genau, daß ich ganz lieb mit meinem kleinen Bruder war und ihn gegen alle Angriffe von Fremden verteidigte, daß ich Schokolade mit ihm teilte, daß ich meinen Eltern beim Aufräumen, Saubermachen und Kochen half, daß ich meine Anziehsachen schön und ordentlich über einen Stuhl hing, bevor ich das Nachtgewand anzog, daß ich das Kinderzimmer immer, manchmal auch mit murren und schmollen, aufräumte und daß ich immer mit großer Aufmerksamkeit zuhörte wenn meine Eltern mir etwas erklärten.

      Schließlich griff er dann ein um das andere mal in seinen grauen, abgegriffenen Sack und zauberte ein Geschenk nach dem anderen heraus. Er gab erst Ruhe als sein Sack schlaff und leer am Boden lag. Dann ging alles ganz schnell, denn er mußte zurück zu seinem Schlitten, wo die Rentiere sicherlich schon ungeduldig warteten, da er ja noch, wie er sagte, Tausende von Kindern besuchen und beschenken mußte.

      Ich durfte dann ganz allein meine Geschenke auspacken und da ich klein und ungeschickt war, dauerte das sehr, sehr lange. Anschließend sah unsere gute Wohnstube so aus als ob ein Wirbelsturm über uns hinweg gezogen war.

      Dann durfte ich den ganzen Abend mit meinen Geschenken spielen, in den neuen Kinderbüchern blättern, von meinen Eltern Geschichten vorlesen lassen und gemeinsam mit ihnen wunderschöne Weihnachtslieder singen und ich durfte, was ich sonst das ganze Jahr nicht durfte, Schokolade und Süßigkeiten essen bis zum Abwinken! Das Ende erzählten mir meine Eltern meist am nächsten Tag, da ich dann irgendwann ganz spät in der Nacht vor Müdigkeit einschlief und meine Eltern mich in mein Bettchen trugen.

      Das Räuchermännchen

      Wenn die Blätter langsam welken, sich programmgemäß zusammenrollen um dann leicht im Wind segelnd zu Boden fallen, wenn die liebe Sonne sich in immer länger andauernden Perioden hinter dunklen Wolken verzieht, wenn aus satten schweren Regentropfen plötzlich fette, lustig im Wind umherfliegende Schneeflocken werden und wenn statt wohliger Wärme nur noch ungemütliche, klirrende Kälte herrscht, dann kommt seine große Zeit! Dann wird er aus dem obersten Schrankregal, der tiefsten Schublade, oder gar vom Dachboden oder dem Vorratskeller hervorgeholt. Manchmal ziert er aber auch das ganze Jahre über einen schmucken Vorzeigeplatz im Bücherregal oder im Wohnzimmerschrank.

      Nur nimmt ihn das ganze Jahr niemand liebevoll in die Arme, noch nicht einmal zum Entstauben! Eine furchtbare Zeit!

      Die Rede ist vom Räuchermännchen, einem lustigen Gesellen der in weit über hundert verschiedenen Gestalten und Figuren versteckt ist! Mal tritt er als Waldarbeiter, mal als Nachtwächter, Förster, Rumpelstilzchen, Zigarettenverkäufer, Haushaltswarenverkäufer, Doktor, Jurist oder einfach nur als lustiger kleiner Zwerg auf! Eines aber ist immer dasselbe! Im Mund hält er, fest eingeklemmt zwischen den Zähnen, eine lustig anzusehende Pfeife. Das Oberteil seiner aus Holz geschnitzten Figur kann man vom Unterteil abheben. Zum Vorschein kommt eine kreisrunde kleine Metallplatte, auf die man dann eine sogenannte Räucherkerze stellen kann, die man vorher anzünden muß. Nur schade daß dies nur die Erwachsenen können, denn Kinder dürfen ja nicht mit Feuer spielen, weil das viel zu gefährlich ist. Dann stellt man das Oberteil wieder auf das Unterteil, so daß die angezündete Räucherkerze darunter verschwindet. Nach wenigen Augenblicken erscheint in dem leicht geöffneten Mund, genau dort wo die Pfeife steckt, eine dünne wohlriechende graue Wolke, die binnen kürzester Zeit das Zimmer, die Wohnung oder gar das ganze Haus in einen Myrrhe-, Lavendel- oder Tannengeruch verzaubert. Für einige Minuten fühlt man sich in eine Wintermärchenlandschaft versetzt. Auch das Räuchermännchen scheint diese Minuten zu genießen. Endlich kümmert sich wieder jemand um den kleinen Mann, nimmt ihn liebevoll verträumt in die Hände, befreit ihn von Spinnweben und sonstigen im Laufe des Jahres angesammelten Schmutzpartikeln, putzt seine Gewänder und Schuhe und erfreut sich an seinem Antlitz.

      Das wiederholt sich an langen Winterabenden immer und immer wieder. Auf der einen Seite der überglückliche, wie schon gesagt, aus Holz geschnitzter Räuchermann, auf der anderen Seite glänzende Kinderaugen und zufrieden lächelnde Eltern. Doch schade, sobald die Abende wieder kürzer werden verschwinden die armen lustigen Figuren wieder in irgendwelchen finsteren Regalen und Schränken und müssen in diesen engen warmen und muffigen Verliesen ein endlos langweiliges Jahr warten, bis sie wieder von freudig zitternden Kinderhänden in Positur gebracht werden. Manchmal wünscht sich das kleine Räuchermännchen das ganze Jahr über kurze Tage und lange Nächte, damit es immer in leuchtende fröhliche Kinderaugen blicken könnte.

      Die Maus

      Es war einmal eine kleine, graue Maus. Sie schien ziemlich abgemagert und krank zu sein. Ihre Knochen zeichneten sich deutlich auf dem grauen, staubigen Fell ab. Es war allerhöchste Zeit, daß das arme Tier mal wieder richtig was zu essen bekam. Hunger konnte auch der Grund für Unvorsichtigkeit sein, wie wir gleich sehen sollten.

      Zunächst steckte sie ihren kleinen Kopf aus dem kreisrunden Loch, direkt neben einem riesigen Holunderbusch, der jetzt nach dem harten, kalten und schneereichen Winter, ziemlich trocken und durchsichtig, mitten auf der noch mit etwas Schnee bedeckten Wiese stand.

      Unsere kleine Maus, nennen wir sie einmal Friedel, schnupperte mit ihrem kleinen Näschen in die trockene, noch immer kalte Luft hinaus. Sie atmete tief und intensiv ein und aus, zog das kleine Köpfchen noch einmal zurück und blickte auf ihr leeres Vorratslager!

      „Wenn ich heute nichts zu essen finde“, dachte sie so vor sich hin, „dann wird es sicherlich eng!“

      Friedel unsere hungrige Maus wollte aber nicht verhungern, deshalb steckte sie kurz entschlossen ihr Köpfchen wieder ins Freie und im nächsten Moment stand von den kurzen Vorderbeinen bis zu den dünnen Hinterbeinchen und dem kleinen Schwänzchen die ganze Mausefrau im Freien!

      Friedel schnupperte noch einmal in alle Richtungen und vergewisserte sich, daß kein Feind in der Nähe war, der sie eventuell an der Futtersuche hätte hindern können. Die Luft war rein, dachte sie nach einer kurzen Begutachtung, denn wie gesagt, sie war sehr hungrig, sehr, sehr hungrig und da kann man schon mal etwas übersehen.

      Sie tapste durch den Schnee, zwei Schritte vorwärts und zwei zitternde Schritte rückwärts. Drei Schritte vorwärts und drei zurück. Vier Schritte vorwärts und, richtig, vier zurück und dennoch entfernte sie sich immer mehr von ihrem schützenden Holunderbusch, ohne aber etwas Greifbares, Lebensrettendes zu finden, das sie erst einmal über den größten

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