Verloren und Gefunden. Мэри Элизабет Брэддон

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Verloren und Gefunden - Мэри Элизабет Брэддон

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war ein Portrait seines eigenen Sohnes, des kleinen Knaben, der auf die Nahrung wartete, die ihm sein Vater heimzubringen hoffte, des Kindes, das die Qualen des Hungers erduldete, während der Vater in den grausamen Straßen der großen Stadt umherlief.

      Endlich, als der Mann so weit gegangen war, daß er vor Ermüdung kaum weiter konnte und im Begriffe war, mit leeren Händen nach seiner elenden Wohnung zurückzuschleichen, kam die ersehnte Hilfe.

      Gervoise Gilbert war in eine ruhige Straße gekommen, wo die Läden zwar klein waren, aber ein ziemlich gutes Aussehen hatten. Er schritt langsam dahin, im Gehen rechts und links blickend, aber er sah keinen Laden, in welchem er sein Bild zum Verkaufe anbieten konnte.

      Nein, es befanden sieh keine Trödler, keine Bilderhändler in dieser ruhigen Straße, und der junge Mann war im Begriffe sie zu verlassen, als der Anblick von drei goldenen Kugeln, das Zeichen, woran die Armuth ihren letzten Freund, den Pfandverleiher, erkennt, seine Aufmerksamkeit erregte.

      »Das ist die lebte Hoffnung,« murmelte er: »einige Pfandverleiher weigern sich, Bilder wie das meinige anzunehmen; aber dieser Mann ist vielleicht besser, als die übrigen, ich will es versuchen.«

      Der Laden war dunkel und düster und der Name J. Moulem stand über der Thüre angemahlt.

      Mr. Moulem machte einigen Anspruch darauf, ein Juwelier zu sein. Er hatte in seinem Schaufenster ein halbes Dutzend große silberne Uhren, zwei oder drei Paar Ohrringe, eine Anzahl Hemdknöpfchen und eine silberplattirte Theekanne ausgestellt; aber der größere Theil der Gegenstände in dem Fenster bestand aus getragenen Kleidern, aus Resten von Seiden- und Sammetzeugen, einer Robe, einem Flageolet, einer alten Guitarre und einigen Bildern.

      Der junge Mann blickte hoffnungsvoll aus diese Bilder. Sie waren einen guten Theil schlechter, als dasjenige, das er unter dem Arme trug; aber aus der andern Seite hatten sie sich glänzender, wenn auch beschmutzter Rahmen zu rühmen und waren deshalb leichter verkäuflich.

      Gervoise Gilbert öffnete die Thüre und trat in den Laden, der ein vollkommenes Magazin von alten Kleidern war, die überall von der Decke herabhingen.

      Mr. Moulem kam aus seinem kleinen Wohnzimmer hinter dem Laden hervor, den Mund voll Brod und Butter und eine Schnitte zwischen den Fingern. Es war halb sechs Uhr und der Pfandverleiher hatte sich soeben mit seiner Familie zum Thee gesetzt.

      »Es scheint, daß man seinen Thee niemals mit Ruhe genießen kann, mag man ihn nehmen, wann man will oder kann,« brummte Mr. Moulem, während er in den Laden trat. »Nun denn, junger Mann, was giebt es noch?«

      Er sagte dies in einem beleidigten Tone, als ob Gervoise Gilbert ihn den ganzen Tag über belästigt hätte, während ihn der Künstler früher noch mit keinem Auge gesehen hatte.

      »Nun denn« was ist es?« fuhr der Pfandverleiher fort. »Ist es ein Plätteisen? Es ist fast immer ein Plätteisen, wenn ich von meiner Tasse Thee weggerufen werde.«

      Gervoise Gilbert nannte sein Geschäft und deckte sein Bild auf, aber der Pfandverleiher schüttelte den Kopf, noch ehe der Künstler das Tuch entfernt hatte.

      »Sie brauchen es mir nicht zu zeigen,« sagte er mit entschiedenem Tone. »Ich habe dergleichen Zeug schon genug. Meine Fenster sind damit angefüllt; Sie hätten es sehen können, wenn Sie hingeschaut hätten.«

      »Ich habe die Bilder gesehen,« antwortete der junge Mann mit schwacher Stimme, denn er war zu schwach, um laut zu sprechen. »Ich habe sie gesehen und gedacht, weil Sie Bilder zu verkaufen schienen, so möchten Sie —«

      »Weil ich sie zu verkaufen schien?« rief der Pfandverleiher verächtlich; »weil ich sie nicht verkaufe, hätten Sie sagen sollen. Wenn ich diese Bilder verkaufen könnte, so würde ich sie nicht in meinen Fenstern haben, und ich habe sie in meinen Fenstern gehabt, bis die Fliegen sie so verdorben haben, daß man die Landschaft nicht mehr von den Figuren unterscheiden kann, und immer noch will sie Niemand kaufen.«

      Gervoise Gilbert war zu ermüdet, um etwas zu entgegnen. Verzweifelnd schickte er sich mit seinem unglücklichen Bild unter dem Arm zum Fortgehen an.

      »Wenn ich nur Steine auf der Straße klopfen könnte,« murmelte er, »so könnte ich wenigstens täglich einen Sixpence verdienen, so aber bin ich nur ein Künstler und kann keinen Pfennig verdienen.«

      Er befand sich bereits auf der Schwelle der Ladenthüre, als eine freundliche angenehme Stimme hinter ihm sagte:

      »Sie sollten doch das Bild ansehen, Vater. Der arme junge Mann sieht schrecklich ermüdet aus.«

      Der Künstler drehte sich bei diesen willkommenen Tönen schnell um. Es war eine weibliche Stimme, die für ihn bat, der erste Beweis des Mitleids, den er an diesem Tage von einem lebenden Wesen erhalten hatte.

      Die Sprecherin war Mr. Moulems älteste Tochter, eine kleine runde Person, die ein Kind auf dem Arm hatte.

      »Das sieht Euch Weibern ganz gleich,« sagte der Pfandverleiher; »Du willst, daß ich dieses Bild nehme, weil ein Mann ermüdet aussieht, und jenen Rock, weil eine Frau hungrig aussieht, und ich soll auf ein Plätteisen einen unverhältnißmäßigen Vorschuß geben, weil ein Kind geweint zu haben scheint. Du würdest ein schönes Geschäft führen, wenn es Dir überlassen bliebe.«

      »Sehen Sie das Bild an, Vater.«

      Mr. Moulem sagte nicht, daß er es thun wolle, er sagte aber auch nicht, daß er es nicht thun wolle, und Gervoise Gilbert hatte das Bild wieder aufgedeckt, während der Pfandverleiher noch zauderte.

      Das junge Frauenzimmer war über die einfache Skizze entzückt.

      »Es ist herrlich!« rief sie, »gar nicht wie die häßlichen schmutzigen Dinger in dem Fenster, Vater. Ich wundere mich nicht darüber, daß Sie jene nicht verkaufen können; aber ich bin überzeugt, daß Sie dieses verkaufen werden. Und wenn Sie es nicht anbringen, so möchte ich es für unser Besuchszimmer haben. Was für ein lieber, süßer, kleiner Bursche!« setzte sie hinzu. »Ich habe noch kein so schönes Kind gesehen, und wie es lächelt, gerade als ob es lebte.«

      Gervoise Gilbert seufzte.

      »Es hat es nöthig, auf dem Bilde zu lächeln, das arme Kind!« sagte er.

      Etwas in seinem Tone machte die Frau aufmerksam.

      »Warum?« fragte sie.

      »Weil es in der Wirklichkeit nicht oft lächelt. Es muß Hunger leiden!«

      »Hunger leiden! Dieses liebliche Kind?«

      »Ja. Es ist kein so ungewöhnliches Schicksal. Dies ist eine große Stadt und wir sind alle zu geschäftig, um an unsere Nachbarn zu denken. So nimmt Niemand viel Notiz von den Weibern und Kindern; ja selbst kräftige Männer sterben zuweilen Hungers. Ich bin heute von einem Ende Londons zum andern gegangen und habe umsonst versucht, fünf Schillinge für dieses Bild zu erhalten.«

      »Vater, Vater,« rief die junge Frau, »Sie hören es. Ich bin überzeugt, daß Sie zehn Schillinge für das Bild geben werden. Sie werden eines Tages fünfzehn dafür erhalten oder fünfundzwanzig, wenn Sie es einrahmen lassen.«

      Mr. Moulem zuckte die Achseln und sah seine Tochter mit einem Ausdruck unverhohlener Verachtung an.

      »Ja«

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