Der Mord bleibt ungesühnt. Walter Brendel

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Der Mord bleibt ungesühnt - Walter Brendel

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style="font-size:15px;">      Keiner Frau vor ihr, keiner nach ihr wurde diese Ehre zuteil.

      Als die bundesdeutsche Frauenbewegung 70 Jahre später nach Vorbildern in der Geschichte suchte, stieß sie zwangsläufig auf die Journalistin, Theoretikerin und Revolutionärin Luxemburg. Sie behauptete sich in der patriarchalischen SPD, sie war

      emanzipiert, führte ein freies Liebesleben, einer ihrer Männer war 15 Jahre jünger als

      sie. Von schieren Frauenthemen hielt sie jedoch wenig, sie lästerte im Gegenteil über

      die Treffen "dieser Glucken", wie sie die Zusammenkünfte der Suffragetten nannte.

      Ganz kleinbürgerlich träumte sie, die weitgehend vom Geld ihrer Männer lebte, von einem geordneten Leben ohne Politik in einer Wohnung mit "hübschen Möbeln", Ferien auf dem Lande und "dazu ein kleines, klitzekleines Würmchen", wie sie an Jogiches schrieb, dem die Revolution erheblich wichtiger war als das kleine private Glück.

      Die Briefe Luxemburgs mit teils poetischen, teils kitschigen Passagen zählen zu den

      Juwelen der romantischen Briefliteratur aus dem Geiste des Sozialismus. Späte Bewunderer stilisierten Luxemburg zu einer Heroine der Menschlichkeit, weil sie solche Sätze niederschrieb wie: "Mir ist der Friede und der einfache Wunsch jedes anderen Menschen ein Heiligtum, vor dem ich lieber zusammenbreche, als es roh anzutasten."

      In ihren moralisierenden Herzensergüssen rückte sie Hedwig Courths-Mahler nahe: "Gut sein ist die Hauptsache! Einfach und schlicht gut sein."

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      Rosa Luxemburg auf einem SPD-Parteitag: Die spätere Mitbegründerin der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) forderte im sogenannten Revisionismusstreit, der um die Wende zum 20. Jahrhundert unter den Sozialdemokraten tobte, mit harten Formulierungen die Ächtung des pragmatischen Parteigranden Eduard Bernstein

      Das war die Herzensgute, Moralische, die von ihren Biografen geradezu verehrt wird.

      Luxemburg aber verstand sich im Kern als Revolutionärin, und da dachte sie durchaus

      in den herrschenden Freund-Feind-Bildern.

      Während der Berliner Jahre blieb sie Mitglied in der Parteiführung der polnischen SDKPiL, die wiederum Teil der Russischen Sozialdemokratie war. Dort lieferten sich Bolschewiki und Menschewiki erbitterte Auseinandersetzungen. Auch Luxemburg beschimpft Parteifreunde als "Feiglinge" oder "Seuche" und wollte Opponenten "zerschlagen" und "vernichten". Über einige ihrer Gegner schrieb sie 1909 in einem Brief, man müsste sie "ohne Umstände erschießen".

      Die Russische Revolution 1905/06 erlebte sie in den Auswirkungen auf Polen mit. Sie war während des Aufruhrs als "Anna Matschke" nach Warschau geeilt und half, die Seiten der Revolutionszeitung "Czerwony Sztandar" zu füllen. Am 4. März 1906 wurde sie verhaftet. Nur durch Bestechung kam sie frei. Nach den Erfahrungen in Warschau stand ihre Überzeugung fest, dass einzig der Massenstreik die Revolution hervorrufen könne, in Russland wie in Deutschland.

      Die Sozialdemokraten unter August Bebel redeten unverdrossen von der Revolution,

      betrieben jedoch die reformerische Veränderung der Gesellschaft. Die SPD sei, so schrieb Kautsky, eben "eine revolutionäre, nicht aber eine Revolution machende Partei".

      Die Historiker nennen den Schwebezustand zwischen Ausgrenzung und Einbeziehung die "negative Integration" der SPD im Kaiserreich. Dieser Prozess fand am 4. August 1914 seine Krönung, als die SPD den Kriegskrediten im Reichstag zustimmte.

      Das war die große, schreckliche Enttäuschung im Leben Rosa Luxemburgs, sie zog

      den Bruch mit der SPD nach sich. Mit Jogiches und anderen linken Kriegsgegnern gründete sie die Gruppe Internationale, aus welcher der Spartakusbund hervorging.

      Drei der vier Kriegsjahre verbrachte sie in Haft: im Königlich-Preußischen Weibergefängnis in Berlin, im posischen Wronke und in Breslau. Die zierliche Frau hielt dem kaiserlichen Ankläger entgegen: "Ein Sozialdemokrat steht zu seinen Taten

      und lacht Ihrer Strafen. Und nun verurteilen Sie mich." Spätestens dieser Auftritt machte sie zur anbetungswürdigen Heldin der Kriegsgegner.

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      Rosa Luxemburg: Die sozialistische Politikerin war Mitbegründerin des Spartakusbundes, der am 30.12.1918 zusammen mit Bremer Linksradikalen die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) gründete. Als die KPD jedoch einen Boykott der Wahlen zur Nationalversammlung beschließt, sind sie und ihr Mitstreiter Karl Liebknecht dagegen

      Im Gefängnis rechnete Luxemburg mit ihrer Partei ab. Sie kanzelte die Genossen als

      "Schildknappen des Imperialismus" ab, als "Haufen organisierter Verwesung" und "Hunde", die den "wohlverdienten Fußtritt bekommen" müssten. Als 1917 parteinterne

      Kriegsgegner die "Unabhängige SPD" (USPD) gründeten, schloss sie sich, wenn auch widerstrebend, mit dem Spartakusbund an.

      Im Gefängnis schrieb sie im Sommer 1918 auch jene Sentenz, die sie unsterblich machte: "Freiheit ist immer nur Freiheit des anders Denkenden." Sie findet sich in einer Schrift über die Russische Revolution, die nach ihrem Tode veröffentlicht wurde.

      Als sie den erhebenden Satz formulierte, der an die idealistischen Grundsätze des frühen Marx anknüpfte, kannte sie den gleichaltrigen Lenin seit knapp zwei Jahrzehnten.

      Er hatte sich jahrelang mit ihrem Freund Jogiches befehdet, dennoch schätzte Luxemburg ihn. "Ich rede gern mit ihm", notierte sie, "er ist gebildet und hat eine gar so hässliche Fratze, die ich gern sehe."

      Politisch waren beide selten einer Meinung. Luxemburg ahnte bereits 1905, dass Lenins Diktatur des Proletariats tatsächlich die "Diktatur einer Handvoll Politiker" bedeuten würde. Sie warf ihm später vor, in Russland mit seiner Terrorherrschaft den

      "Sozialismus zu kompromittieren", und grenzte sich ab: "Freiheit nur für die Anhänger

      der Regierung ist keine Freiheit." Im Herbst 1918 milderte sie allerdings ihr Urteil gegenüber dem russischen Experiment ab. Sie habe ihre Vorbehalte und Bedenken,

      schrieb sie, "in den wichtigsten Fragen fallen lassen".

      Besonders friedlich wäre es in einem Sozialismus à la Luxemburg kaum zugegangen. Sie lehnte das nationale Selbstbestimmungsrecht ab und wollte den neu gegründeten Staaten wie Polen oder Georgien sofort "den Hals umdrehen".

      Dennoch brachte die ursprüngliche Kritik am Leninismus ihr bleibenden Ruhm ein. Wer immer fortan, von Georg Lukács bis Ernst Bloch, von den ungarischen Aufständischen

      1956 bis zu den Reformkommunisten in Prag 1968, einen Sozialismus mit menschlichem Antlitz anstrebte, berief sich auf Rosa Luxemburg.

      Sie durfte am 9. November 1918 das Breslauer Gefängnis verlassen, fuhr ins revolutionär bewegte Berlin, übernahm die "Rote Fahne", das Blatt des Spartakusbundes, und rief zum "Bürgerkrieg" und zur Errichtung einer Diktatur des Proletariats auf. Den Sozialismus auf Grund eines parlamentarischen Mehrheitsbeschlusses einführen zu wollen, wie es der SPD unter Friedrich Ebert, dem Nachfolger Bebels, vorschwebte, sei "eine lächerliche kleinbürgerliche Illusion". Sie plädierte für eine direkte Herrschaft der Arbeiter- und

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