Der Mord bleibt ungesühnt. Walter Brendel

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Der Mord bleibt ungesühnt - Walter Brendel

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Dezember 1918 gründeten Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht mit ihrer Spartakusgruppe die KPD als revolutionäre deutsche Kraft. Sie schrieb das Programm, wollte Widerstand "mit eiserner Faust und rücksichtloser Energie" brechen.

      Dem politischen Gegner gelte "das Wort: Daumen aufs Auge und Knie auf die Brust".

      Einmal errungene Macht müsse mit "Zähnen und Nägeln" verteidigt werden.

      Trotz dieser Rhetorik gehörte Luxemburg in der KPD zum moderaten Flügel. Ihre Genossen - junge, ungeduldige Männer, die gerade von der Front zurückkehrten - wollten die Macht sofort erobern und riefen zum Putsch vor der Wahl zur Nationalversammlung am 19. Januar auf. Wie immer im Augenblick der Entscheidung war Luxemburg hin- und hergerissen, schloss sich am Ende widerstrebend den Putschisten an.

      Am 5. Januar 1919 geriet eine Demonstration von KPD und USPD außer Kontrolle. Bewaffnete Demonstranten besetzten die Druckereien des "Vorwärts" und des Berliner Tageblatts", der Spartakusaufstand war ausgebrochen. Rosa Luxemburg rief

      das Proletariat in der "Roten Fahne" dazu auf, die Regierung Ebert zu stürzen.

      Friedrich Ebert, der es versäumt hatte, eine loyale republikanische Volkswehr aufzubauen, rief auch rechtsextreme Freikorps um Hilfe. Der grausige Mord machte aus Rosa Luxemburg die Märtyrerin der deutschen November-Revolution.

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      Familienporträt Rosa Luxemburg

      Am 15. Januar 1919 stöberten Mitglieder der Wilmersdorfer Bürgerwehr sie bei Wilhelm Pieck in der Mannheimer Straße auf und verschleppten sie in das Hotel Eden in der Kurfürstenstraße. Dort wartete ein Trupp Soldaten, angeführt von Waldemar Pabst, einem Generalstabsoffizier der Garde-Kavallerie-Schützen-Division. Er ließ sie zu sich bringen, und stellte ihr die Frage: "Sind Sie Frau Rosa Luxemburg?" - "Wenn Sie es sagen", antwortete sie. Um 23.40 Uhr gab Pabst Befehl, die Revolutionärin wegzuschaffen. Den Befehl, sie umzubringen, hatte er schon vorher gegeben.

      Vor dem Hotel schlug sie einer der Soldaten mit dem Gewehrkolben bewusstlos, das Mordkommando warf die Ohnmächtige in den Wagen. Wer ihr wenig später in den Kopf schoss, ist unter Historikern bis heute umstritten. Die Leiche warfen die Mörder in den Landwehrkanal. Sie wurde nach über vier Monaten an einer Berliner Schleuse

      angeschwemmt.

      Den angemessensten Nachruf auf Rosa Luxemburg schrieb ihr Antipode aus der Revisionismus-Debatte, Eduard Bernstein: "An ihr hat der Sozialismus eine hoch begabte Mitstreiterin verloren, die der Republik unschätzbare Dienste hätte leisten können, wenn nicht falsche Einschätzung der Möglichkeiten sie ins Lager der Illusionisten der Gewaltpolitik geführt hätte."

      Luxemburg und der ebenfalls getötete Liebknecht bekamen ein Grab auf dem Friedhof in Friedrichsfelde, in einem weitab gelegenen Feld, nicht leicht erreichbar für Kundgebungen, wie es die Berliner Behörden angeordnet hatten.

      Mies van der Rohe errichtete dort 1926 ein Revolutionsdenkmal, die Nazis zerstörten

      es neun Jahre später mitsamt dem Grab. Von Rosa Luxemburgs Zinksarg blieb nichts als ein metallener Griff übrig.

      Seit 1951 steht die neue Gedenkstätte am Haupteingang zum Friedhof. Aus der alljährlichen Demonstration zu "Rosa und Karl" machte die SED einen der üblichen

      Vorbeimärsche zur Huldigung der Märtyrer der Arbeiterbewegung. Mittlerweile erhebt

      die Linke so etwas wie ein Monopol auf Rosa Luxemburg.

      Rosa Luxemburg dürfte die am meisten verkannte und vereinnahmte Person in der Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung sein - und das „große I“ können wir uns

      im Begriff „Arbeiterbewegung“ tatsächlich sparen; ein erheblicher Teil der vielfachen Fehlinterpretationen von Luxemburg ist gerade der Tatsache geschuldet, dass in dieser Männer-dominierten Bewegung eine authentische Frau und Revolutionärin nicht den ihr angemessenen Platz haben sollte, was im Übrigen nicht im Widerspruch zu dem interessanten Vorgang steht, dass linke Männer zu dieser großen Revolutionärin durchweg ein intimes Verhältnis haben und diese postum ausschließlich mit Vornamen ansprechen, was meines Wissens bei keinem einzigen Mann, z. B. Karl Liebknecht, Leo Trotzki, Wladimir Iljitsch Lenin, und wohl auch bei keiner anderen Frau, z. B. Clara Zetkin, erfolgt.

      Eine klassische falsche Frontstellung, die aufgemacht und wo Rosa Luxemburg vereinnahmt wird, ist diejenige zwischen „Massenspontanität“ und „Parteidisziplin“. Diese Frontstellung ist an ihren beiden Polen fragwürdig, wenn nicht falsch. Es ging Rosa Luxemburg zum einen um die Betonung der entscheidenden Bedeutung von Massenaktionen. Zum anderen wandte sie sich zwar gegen eine zentralistisch definierte Parteidisziplin; gleichzeitig betonte sie jedoch die Notwendigkeit einer revolutionären Organisation - und zwar als logisches Pendant zu den Massenaktionen.

      Zunächst sollten wir uns verdeutlichen, in welchen Zeiten Rosa Luxemburg ihre politischen Positionen hinsichtlich der Bedeutung von Massenaktionen entwickelte. Es

      gab überall in den industrialisierten Ländern große sozialdemokratische und revolutionäre Organisationen. Diese hatten wirklichen Masseneinfluss und orientierten ihre Anhängerschaft auf eine revolutionäre Veränderung. Anfang des 20. Jahrhunderts, als viele sozialdemokratische Führer einen graduellen Marsch in den Sozialismus vorgaukelten, ihr Programm in „Minimal-“ und „Maximal“-Programme aufteilten, wobei das letztere auf Sonntagsreden begrenzt blieb, legte Rosa Luxemburg den Akzent auf die Massen und ihre selbständigen Aktionen.

      Zumindest ein Teil der Wirklichkeit Anfang des Jahrhunderts bestätigte die Richtigkeit dieser Orientierung. 1902 gab es den großen belgischen Generalstreik, 1905 kam es zur Russischen Revolution - mit der Bildung von Räten und noch gering verankerten revolutionären Parteien; 1910 entwickelte die deutsche SPD die Kampagne zum preußischen Wahlrecht; vor dem Ersten Weltkrieg gab es auf internationaler Ebene breite Demonstrationen für Frieden; 1914 kippte die Stimmung, und die Massen zogen Gegeneinander, unter nationalen Fahnen, in den Krieg; 1917 fand die – siegreiche - Oktoberrevolution in Russland statt, geprägt von einer fast ideal zu nennenden Mischung von Massenaktionen und organisierendem Eingreifen der (bolschewistischen) Partei; 1918 kam es in Deutschland zur Novemberrevolution, eine im erheblichem Maß durch spontane Massenaktionen getragener Revolte mit nur schwachen - aber gezielt eingreifenden - Kräften einer organisierenden Partei (Spartakusbund, KPD, Obleute). Rosa Luxemburg äußerte vor diesem Hintergrund der realen Klassenkämpfe, Revolten und Revolutionen: „Die Massen(...) lernen nicht aus Broschüren und Flugblättern, sondern bloß aus der lebendigen politischen Schule, aus dem Kampf und in dem Kampf, in dem fortschreitenden Verlauf der Revolution.“

      Sie ging in ihrer Analyse von vergleichbaren Überlegungen aus, wie sie von Marx in

      seinen „Pariser Manuskripten“ und später im „Kapital“ formuliert worden waren: Die arbeitende Klasse ist zunächst einmal atomisiert, zersplittert, individualisiert, entfremdet - ist „Klasse an sich“ und damit nicht revolutionär. In Massenaktionen allerdings kann punktuell die „Klasse für sich“ aufscheinen - in diesen Aktionen können

      Massen diese, ihnen von den herrschenden Verhältnissen aufgezwungene Verdummung und Manipulation sprengen und emanzipatives Bewusstsein entwickeln. Das Proletariat müsse sich „zur Masse wieder sammeln,(...) aus Fabriken und Werkstätten, aus Schächten und Hütten heraustreten(...), die Pulverisierung und Zerbröckelung(...) überwinden, zu der es im täglichen Joch des Kapitals verurteilt ist“.

      Rosa Luxemburg plädierte dafür, die Massen durchaus kritisch zu sehen und all ihre

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