Tokeah. Charles Sealsfield
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Die Bewohner dieses abgeschiedenen Fleckchens dürften vielleicht, mit einigen Ausnahmen, weniger reizend, im ganzen genommen jedoch kaum minder interessant gewesen sein. Vor den äußersten Hütten war eine Gruppe glänzend dunkelfarbiger Wesen zu ersehen, die man auf den ersten Anblick ohne Zweifel für eine Herde Affen gehalten haben würde, so drollig waren ihre Bewegungen. Bald hüpften sie über Hecken und Stauden, gleich einer Herde dieser Tiere, wanden sich dann gleich Schlangen und rollten den Abhang zum Flusse hinab, mit einer Behendigkeit und Schwungkraft, der kein menschliches Auge zu folgen schnell genug gewesen wäre. Weiter ins Dörfchen hinein sah man Züge von erwachseneren Jungen in ihren kriegerischen Übungen begriffen. Sie stellten den Spähertanz dar. Während eine Anzahl auf dem Rasen gleich einem Schlangenknäuel fortkroch, hatten sich andere in weiter Ferne in horchender Stellung zur Erde geworfen, die, ihre Köpfe tief in den Boden eingedrückt, lauschend auf die Bewegungen ihrer Gegner, denen sie sich windend zuletzt näherten, plötzlich aufsprangen und über sie herfielen. Als dieses kriegerische und die Sinne äußerst schärfende Spiel einige Male wiederholt worden war, formten sie sich in die sogenannte indianische Reihe und rückten zum wirklichen Kampfe mit drohenden Gebärden aufeinander los. Ihre stumpfen hölzernen Tomahawks schwingend und schreckliche Hiebe einander zumessend, bewegten sie sich, flohen, prallten an, krümmten sich unter den Hieben oder wichen ihnen aus mit den plumpesten, ungeschlachtesten und hinwieder graziösesten Wendungen.
Nicht die mindeste Neugierde oder Teilnahme der übrigen Bewohner des Dörfchens. Die größte Apathie und die größte Kraftäußerung bildeten hier durch ihre Ungezwungenheit nur um so größere Kontraste. Vor den offenen Hütten saßen einige Squaws mit ihren Töchtern, Welschkorn aushülsend, Hanf brechend oder Tabakpflanzen schichtend; die Kinder hingen an den Außenwänden auf einem langen, hohlen, trogartigen Brettchen oder einer Rinde ausgestreckt, ihre Hände und Füße mit Wildbüffelriemen an das hohle Brett geschnallt, mit keiner andern Bekleidung als einem Streifen Kaliko um die Hüften: die gewöhnliche Art dieser Indianer, ihre Kinder das ganze Leben hindurch in der aufrechten Stellung zu erhalten, die sie und ihre Besieger so sehr charakterisiert.
Nicht ferne vom obern Ende der Niederlassung standen zwei größere Hütten, die man auf den ersten Anblick für hölzerne Schulgebäude oder religiöse Versammlungsplätze in unsern Hinterwäldern hätte nehmen können.
Beide waren gleich den übrigen an Sykomorebäume gelehnt, zeichneten sich jedoch sowohl durch ihren großem Umfang, als ihre gesuchtere Bauart aus und waren von Lauben von Palmen und Mangroven umgeben, mit ziemlich großen Rasenplätzen vor den Türen. Vor einem dieser kleineren Häuser und mitten auf dem freien Rasenplätze kauerte eine Gruppe von etwa fünfzig Männern am Boden, in dichte Rauchwolken gehüllt, die Tabakspfeifen von drei bis fünf Fuß Länge entstiegen, mit denen alle versehen waren. Ihre Kleidung bestand in einem Jagdhemde von Kaliko, das, vorn offen, die nackte Brust bis zum Wampumgürtel sehen ließ. Ihre Lendenhemden, am Wampumgürtel befestigt, reichten bis an die Knie und an einem Riemen, der quer über die Schultern hing, war ihr Tabaksbeutel befestigt. Sie trugen ihr volles Haar, und keiner hatte den sogenannten Skalpierzopf. Obgleich die Versammlung bloß zufällig und die Unterhaltung mehr eine vertrauliche schien, so hatten die Männer doch augenscheinlich ihre Plätze nach ihrem Range eingenommen. Der innere Halbzirkel nämlich war von den Ältern besetzt, während die Jüngern einen zweiten und dritten Halbkreis bildeten. In der Mitte dieses Bogens saß ein alter Mann, auf den die Blicke der Versammlung mit einem besondern Ausdruck von Vertrauen und Ehrfurcht gerichtet waren und dessen merkwürdiges Äußere, verbunden mit dieser ausgezeichneten Achtung, das Oberhaupt des Völkchens andeutete.
Es ließ sich nicht leicht etwas Interessanteres denken als diesen Mann, dessen Körper aus nichts als Haut und Knochen zu bestehen schien. Alle fleischigen, gröbern Teile waren aufgetrocknet und nichts war übriggelassen als Sehnen und Adern. Sein offenes Jagdhemde ließ eine Brust erblicken, die, viel breiter als die der übrigen, einem verhackten Brette glich und ein gräßliches Hautrelief von Narben und Wunden darbot. Auf dem Gesichte ruhte finsterer, stoischer Ernst, mit einem Ausdrucke von Resignation, der seinen stolzen vertrockneten Zügen ein seltsames Gepräge schwerer Kämpfe und furchtbarer Seelenleiden gab. Sieben Jahre von Verbannung und der Sturz seines Stammes hatten diese Veränderung im Miko der Oconees hervorgebracht. Sein Haupt war auf die Brust gesunken, und er saß vertieft in Gedanken.
»So hat denn unser Volk abermals eine Hälfte seines Landes verloren«, sprach ein alter Indianer, der im inneren Halbzirkel saß, mit einer Betonung, die zwischen Frage und Bemerkung die Mitte halten sollte.
Der alte Mann, den wir soeben beschrieben, hielt eine Weile inne und sprach dann, ohne seine Stellung zu verändern, im tiefen Kehlentone und mit einer Würde, die jeden Zweifel zu verbieten schien.
»Ein Elk kann dreimal über unseres Volkes Land zwischen Sonnenauf- und Untergang jagen.«
Dem Indianer, der die Frage getan, entfuhr ein tiefes Klaggestöhn; dann griff er in den Tabaksbeutel, nahm einige Blätter zwischen die Finger und den Daumen und schnitt sie in kleine Teilchen, die er in die flache Hand fallen ließ, einigemal mit der andern rieb und dann in seine Pfeife stopfte. Er zündete diese sofort mittelst eines Schwammes an, setzte sie auf die Erde und hüllte sich in eine Rauchwolke.
»Und der heilige Grund wurde gefärbt mit dem Blute der roten Männer?« fragte ein zweiter.
»Der Gräber der Erschlagenen sind zwanzigmal mehr, als der Männer der Oconees, die nun mein Auge sieht«, erwiderte der Miko in demselben Trauertone. »Ihre Leichname lagen auf der Erde gleich den Blättern der Bäume, und die langen Messer und die Gewehre der Weißen waren tief in ihr Blut getaucht. Nie werden die Creeks imstande sein, die Tomahawks aus dem Grunde zu graben. Aber«, fuhr er fort, sein Antlitz erhebend, dessen Züge einen besonderen Ausdruck annahmen, während seine schwarzen, feurigen Augen Blitze schossen, »Tokeah hat es seinen Brüdern vorausgesagt, als er vor sieben und vor siebenmal sieben Sommern zu ihnen gesprochen. Seht, das waren seine Worte: Der weißen Männer sind nur wenige, ihre Stärke ist die der Weinrebe, die sich um unsre Bäume windet. Ein einziger gut treffender Hieb des Tomahawks, und die schwache Ranke ist vom Baume gehauen, und er ist befreit von der wuchernden Schlingpflanze. Laßt sie aber nur zehn Jahre wachsen, so wird sie ihre Sprößlinge um die Bäume winden, mit ihren verräterischen Armen sie umschlingen und sie langsam töten. Seht in diesen Reben den weißen Mann; schwach ist er gekommen, schwach war er noch, als Tokeah zuerst seinen Tomahawk geschwungen; aber er hat sich seitdem gewunden und gekrümmt wie die Rebe, und wie die Rebe hat er sich über unsre Wälder und Täler verbreitet und zahlreich wie die Reben sind die Weißen geworden und werden, so wie diese unsre Bäume, uns ersticken mit ihrem Feuerwasser und uns ertöten mit ihren langen Messern und aufessen mit ihrem nimmersatten Hunger. Und alles Korn unsrer Felder und Wild unsrer Wälder wird nicht zureichen für ihre ewig leeren Magen, und der rote Mann wird weichen müssen vor ihnen. Es ist geschehen«, sprach der alte Mann mit feierlicher Stimme. »Nochmals hat sie der Miko vor sieben Sommern gewarnt. Es war seine letzte Warnung. Damals hat er seine Boten zum großen Tecumseh gesandt, das Band der Einigung zwischen beiden Völkern wieder anzuknüpfen. Seine Boten haben die Pfeife des Friedens mit dem großen Häuptling geraucht, und er hat versprochen loszuschlagen, wenn die Muscogees das Kriegsgeschrei erheben würden. Aber unsre Brüder unter den Muscogees haben ihre Augen und Ohren vor dem Miko verschlossen und Tokeah als einen betrachtet, der damit umging, den Samen der Zwietracht zwischen seinen Brüdern und den Weißen zu säen. Ja!« sprach er mit Würde nach einer kurzen Pause. – »Tokeah hat gesucht, diesen Samen der Zwietracht zu säen, er hat sich bemüht, die verräterische Freundschaftskette zu brechen, welche die Roten mit den Weißen nicht verband, sondern sie fesselte an diese. Ja, er wollte den Samen der Zwietracht säen, auf daß die Saat seine und ihre Feinde vertilge, sie vertilgt für immer von dem Lande unsrer Vorfahren, auf dem wir nun heimatlose Flüchtlinge sind. Aber die Muscogees wähnten im Miko einen Verräter zu sehen, und die falsche Zunge seiner Brüder, die das Feuerwasser der Yankees und Korallen mehr liebt, als die Freiheit, hat seine Reden dem weißen Vater verraten, und Tokeah hatte das Land seiner Vater zu