Tom Jones. Henry Fielding
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Tom Jones - Henry Fielding страница 41
Quadrat betrachtete diesen Handel in einem sehr verschiedenen Lichte. Er könne, sagte er, kein strafwürdigeres Verbrechen darin finden, ob man dies Buch verkaufe oder ein anderes. Bibeln zu verkaufen sei, nach allen göttlichen und weltlichen Gesetzen, völlig erlaubt, und folglich wäre damit gegen keine Regel des Rechts verstoßen. Er sagte zu Schwöger, das große Aufheben über diesen Handel brächte ihm die Geschichte einer sehr christlich-frommen Frau ins Gedächtnis, welche aus bloßer heiliger Andacht einer Dame von ihrer Bekanntschaft Tillotsons Predigten gestohlen hätte.
Ueber dieses Geschichtchen stieg dem Theologen eine gewaltige Menge Blut ins Gesicht, welches ohnedem schon das bleichste war, und er stund auf dem Sprunge, mit großer Hitze und Aerger zu antworten, hätte sich nicht Madame Blifil, welche zugegen war, ins Mittel geschlagen und Frieden erhalten. Diese Dame erklärte sich ausdrücklich für Quadrats Meinung. Sie führte dafür in der That sehr gelehrte Gründe an, und schloß damit, daß sie sagte: wenn Tom dabei ja einen Fehler begangen hätte, so müsse sie gestehen, daß ihr Sohn ihr ebenso schuldig vorkäme, denn sie könne keinen Unterschied unter Käufern und Verkäufern finden, weil beide dergleichen aus dem Tempel getrieben worden wären.
Dadurch, daß Madame Blifil ihre Meinung eröffnet hatte, war dem Streite ein Ende gemacht. Quadrats Triumph hätte fast allein ihm die Worte im Munde erstickt, wenn er welcher bedurft hätte, und Schwöger außerdem, daß er aus bereits erwähnten Ursachen es nicht wagen durfte, etwas der Dame Mißfälliges zu sagen, erstickte fast an seinem Eifer. Was den Herrn Alwerth betrifft, so sagte der, weil der Knabe bereits schon abgestraft worden, so fände er nicht nötig, seine Meinung über die Sache zu sagen, und ob er über den Jüngling böse war oder nicht, das muß ich dem Leser selbst zu erraten überlassen.
Bald nach diesem ward bei dem Junker Western (der Landedelmann, in dessen Gehege das Feldhuhn geschossen worden) eine Klage gegen den verabschiedeten Wildmeister, wegen ähnlicher Verbrechen, eingebracht. Dies war ein höchst unglücklicher Umstand für den Kerl, weil er ihm nicht nur an und für sich selbst mit großem Unglück drohte, sondern dabei auch noch Herrn Alwerth verhinderte, ihn wieder zu Gnaden anzunehmen. Denn als dieser würdige Herr eines Nachmittags mit seinem Neffen Blifil und dem jungen Tom spazieren ging, lenkte ihn der letztere ganz unvermerkterweise nach der Wohnung des schwarzen Jakob, wo die Angehörigen dieses armen Menschen, nämlich seine Frau und Kinder, in aller Not und allem Jammer befunden wurden, die nur Kälte, Hunger und Blöße über menschliche Geschöpfe verbreiten können; denn das Geld, das ihnen aus Toms Hand zugeflossen, war fast gänzlich zur Bezahlung alter Schulden draufgegangen.
Ein solcher Anblick wie dieser konnte nicht verfehlen, auf das Herz des Herrn Alwerth zu wirken. Er gab auf der Stelle der Mutter einige Goldstücke und sagte dabei, sie solle davon ihren Kindern etwas auf den Leib schaffen. Die arme Frau zerfloß bei dieser Gütigkeit in Thränen und konnte bei ihrer Danksagung sich nicht enthalten, auch ihre Erkenntlichkeit gegen Tom auszudrücken, welcher, wie sie sagte, lange schon sie und die ihrigen vom Verhungern errettet hätte. Wir haben, sagte sie, nicht einen Bissen zu essen, noch diese armen Kinder einen Lumpen anzuziehen gehabt, die wir nicht von seiner milden Güte empfangen hätten. In der That hatte Tom noch außer dem Pferde und der Bibel einen Schlafrock und andere dergleichen Sachen der Notdurft dieser notleidenden Familie aufgeopfert.
Als sie wieder nach Hause gekommen, bot Tom alle seine Beredsamkeit auf, um das Elend dieser Leute und die Reue und das Leid des schwarzen Jakob selbst mit den lebhaftesten Farben zu schildern, und hierin glückte es ihm so wohl, daß Herr Alwerth sagte, er glaube, der Mann habe für sein begangenes Versehen schon genug gelitten und er wolle ihm verzeihen und auf eine Versorgung für ihn und die seinigen denken.
Jones war über diese Neuigkeit so voller Freuden, daß er, ob es gleich schon finster war, als sie nach Hause kamen, sich nicht enthalten konnte, in einem starken Regenschauer eine Viertelmeile Weges zurückzulaufen, um der armen Frau die fröhliche Botschaft zu überbringen. Allein gleich andern schnellen Zeitungsverbreitern hatte er sich nur die Mühe verursacht, widerrufen zu müssen, denn das widrige Geschick des schwarzen Jakob bediente sich gerade der Abwesenheit seines Freundes als einer Gelegenheit, alles wieder über den Haufen zu werfen.
In welchem Neffe Blifil und Tom Jones in verschiedenem Licht erscheinen.
Neffe Blifil stand wirklich in Ansehung der liebenswürdigen Eigenschaft des Erbarmens mit Anderer Not in ziemlicher Entfernung hinter seinem Schulkameraden; aber einen desto größern Vorsprung hatte er vor ihm in einer viel wichtigern Eigenschaft, nämlich in der Gerechtigkeitsliebe, in welcher er sowohl den Lehren als Beispielen beider, des Herrn Schwöger und Quadrat, folgte; denn ob diese gleich alle beide das Wort Erbarmen oder auch Barmherzigkeit zum öftern gebrauchten, so war es doch deutlich, daß Quadrat solche Worte wirklich mit der Regel des Rechts für unvereinbar hielt, und Schwöger war für die Ausübung der Gerechtigkeit und der Meinung, daß man die Barmherzigkeit dem Himmel allein überlassen müsse. Diese beiden Gelehrten waren in der That in ihren Meinungen über den eigentlichen Gegenstand dieser erhabenen Tugend etwas verschieden, und diese Verschiedenheit wäre vielleicht schuld gewesen, daß Schwögers Meinung die eine Hälfte und Quadrats seine die andere Hälfte der Welt zu Grunde gerichtet hätte.
Ob also gleich Neffe Blifil, so lange Jones zugegen gewesen war, stille geschwiegen hatte, so war er doch nach reiflicherer Ueberlegung der Sache nicht im stande den Gedanken auszuhalten, daß seines Oheims Wohlthaten auf einen Unwürdigen fallen sollten. Kurz und gut entschloß er sich also, ihn mit der Thatsache bekannt zu machen, welche wir oben dem Leser so ganz im Vorbeigehen zu verstehen gegeben haben, deren wirkliche Beschaffenheit folgende war.
Als einstens der vorige Wildmeister, ungefähr ein Jahr nachdem er aus Herrn Alwerths Diensten gekommen, und bevor noch Thomas das Pferd verkauft hatte, sich in großem Brodmangel befand und so wenig für sich selbst als für die Seinigen einen Bissen aufzutreiben wußte, und in dieser Not eben durch ein dem Junker Western zuständiges Feld ging, spürte er einen Hasen in seinem Lager. Diesen Hasen hatte er niederträchtiger- und schändlicherweise gegen alle löblichen Gesetze der Weidmannschaft, noch mehr aber gegen die Gesetze des Landes hinter die Löffel geschlagen.
Der Wildhehler, dem der Hase verkauft worden, wurde unglücklicherweise einige Monate nachher mit einer ziemlichen Ladung dieser Ware beim Kopf genommen und dadurch genötigt, wofern er sich sonst einigermaßen beim Junker Western aus der Patsche ziehen wollte, ein Angeber der Wilddiebe zu werden. Nun fiel er auf den schwarzen Jakob, als auf einen Kerl, der Herrn Western ohnedem schon mehr als verdächtig und von nichts weniger als gutem Rufe in der Nachbarschaft war. Ueberdem war er das beste Opfer, das der Wildhehler wählen konnte, weil er ihm seitdem nichts weiter zum Kauf gebracht hatte, auch hatte der Angeber durch dieses Mittel eine gute Gelegenheit, seine besseren Kunden hintern Schirm zu stellen; denn der jagdlustige Junker, dem das Herz darüber hüpfte, daß er den schwarzen Jakob in die Kluppe bekommen, welchen auf den Anstand zu bringen es nur einer einzigen Feldjagd bedürfte, stellte alles Suchen nach weitern Uebertretern ein.
Wäre dieses Faktum dem Herrn Alwerth nach seiner reinen Wahrheit vorgelegt worden, so ist es wahrscheinlich, daß es dem Wildmeister wenig geschadet haben würde. Aber kein Eifer ist blinder als der, welchen Liebe zur Gerechtigkeit gegen Uebertreter einflößt. Neffe Blifil hatte die Zeit der That vergessen; so war er auch nicht ganz genau in Anführung der Umstände, und dadurch, daß er das einzige zweisilbige Wort Einen ausließ, gewann die Erzählung ein ganz anderes Ansehen, denn